EU-Kommission arbeitet an Energieeffizienz-Label für Bitcoin, Computer & Co.

Mit einem Aktionsplan zur Digitalisierung des Energiesystems will die EU-Kommission einen flexibleren Strommarkt und grünere Kryptowährungen voranbringen.

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(Bild: Shutterstock)

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Um die Abhängigkeit der EU von russischen fossilen Brennstoffen zu beenden, die Klimakrise zu bewältigen und einen erschwinglichen Zugang zu Energie für alle zu gewährleisten, hält die EU-Kommission im Sinne des Green Deal eine "tiefgreifende digitale und nachhaltige Umgestaltung unseres Energiesystems" für unerlässlich. Um die digitale Energiewende voranzutreiben, hat die Brüsseler Regierungsinstitution daher am Dienstag einen eigenen Aktionsplan vorgestellt.

Eine der kontroversesten Komponenten der Initiative dürfte der Ansatz der Kommission sein, den Energieverbrauch von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) strenger kontrollieren und senken zu wollen. So hat die Behörde etwa angekündigt, ein Energieeffizienzlabel für Blockchains und darauf basierende Kryptowährungen entwickeln und sich dabei auf das "technische Fachwissen von Normungsgremien" stützen zu wollen. Vor allem für Bitcoin, das sich auf den energiehungrigen Konsensmechanismus wie Proof of Work (PoW) stützt, könnte es damit eng werden in der EU.

Der Energieverbrauch beim Schürfen von Kryptowährungen sei in den vergangenen fünf Jahren um 900 Prozent gestiegen, ist dem Papier zu entnehmen. Er habe sich im Vergleich zu vor zwei Jahren mehr oder weniger verdoppelt und erreiche etwa 0,4 Prozent des weltweiten Stromverbrauchs.

Bis 2025 will die Kommission daher auch einen Bericht erstellen, der eine Beschreibung der Umwelt- und Klimaauswirkungen neuer Technologien auf dem Markt für Bitcoin & Co. enthält. Gefragt seien politische Optionen, die dazu beitragen könnten, die negativen Auswirkungen der in diesem Bereich verwendeten Technologien auf das Klima zu mindern.

In Anbetracht der aktuellen Energiekrise und der erhöhten Risiken für den kommenden Winter fordert die Regierungsinstitution die Mitgliedstaaten ferner nachdrücklich auf, gezielte und ehrgeizige Maßnahmen zur Senkung des Stromverbrauchs von Akteuren rund um Krypto-Vermögenswerte zu ergreifen. Sollten "Lastabwürfe in den Stromnetzen erforderlich werden", müssten die EU-Länder bereit sein, das Mining von Kryptowährungen einzustellen. Längerfristig sei es entscheidend, Steuererleichterungen für das Schürfen von Bitcoin & Co. abzuschaffen.

Parallel lobt die Kommission, dass mit Ethereum Mitte September die zweitgrößte Kryptowährung die lang erwartete Umstellung auf einen Proof-of-Stake-Konsensmechanismus (PoS) bewältigt habe. Diese werde nach Schätzungen des Unternehmens den Energieverbrauch um über 99 Prozent senken. Dies zeige, "dass sich die Kryptowelt in Richtung eines effizienteren Systems bewegen kann". Man wolle daher nun "umweltfreundliche" Konsensmechanismen über die Blockchain-Diensteinfrastruktur der EU als "Goldstandard in Europa und der Welt" fördern.

Die fertig verhandelte EU-Verordnung für "Markets in Crypto-Assets" (MiCA) sieht bereits eine Auflage für Akteure auf dem Markt für Krypto-Vermögenswerte vor, Informationen über ihren Umwelt- und Klima-Fußabdruck offenzulegen. Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) wird Entwürfe technischer Regulierungsstandards für den Inhalt, die Methoden und die Darstellung von Informationen über die wichtigsten negativen Auswirkungen auf die Umwelt und das Klima ausarbeiten. Innerhalb von zwei Jahren soll die Kommission verbindliche Mindestnachhaltigkeitsstandards für Konsensmechanismen vorlegen.

Generell mache der Energie-Fußabdruck des IKT-Sektors aktuell 3 bis 5 Prozent der weltweiten CO₂-Ausstöße aus und liege damit gleichauf mit dem Luftfahrtsektor, heißt es in dem Plan. Die Kommission will daher die geplante Ökodesign-Verordnung auf neue IKT-Produkte ausdehnen und auch ein Energielabel für Computer entwickeln. Zudem soll ein Umweltkennzeichen für Rechenzentren kommen. Die Kommission erwägt ferner, eigene Berichtspflichten für indirekte Treibhausgasemissionen aus dem Erwerb von Cloud-Computing- und Rechenzentrumsdiensten einzuführen.

Wichtigste Voraussetzung für ein digitalisiertes Energiesystem ist laut dem vorab bereits teils publik gewordenen Vorhaben "die Verfügbarkeit von, der Zugang zu und die gemeinsame Nutzung von Energiedaten auf der Grundlage einer nahtlosen und sicheren Datenübertragung zwischen vertrauenswürdigen Parteien". Eine bessere Koordination dieses Austauschs und der Aufbau eines Rahmens für mehr Interoperabilität zwischen verschiedenen Systemen und technischen Lösungen werde den Markteintritt innovativerer Dienstleister ermöglichen.

Dabei müssten die Grundsätze der EU-Datenhoheit, der Cybersicherheit, des Datenschutzes und der Verbraucherakzeptanz eingehalten werden, fordert die Kommission. Daher brauche Europa einen gemeinsamen europäischen Energiedatenraum, mit dessen Aufbau spätestens 2024 begonnen werde.

Auch die milliardenschweren Potenziale von mehr "Flexibilität auf der Nachfrageseite" im Strommarkt will die Regierungsinstanz heben. Ein geeigneter Rahmen für die gemeinsame Nutzung von Energiedaten könnte ihr zufolge die Integration von mehr als 580 Gigawatt (GW) flexibler Energieressourcen an den Großhandelsmärkten erleichtern, die bis 2050 "in vollem Umfang von digitalen Lösungen Gebrauch machen". Dies würde schätzungsweise über 90 Prozent des gesamten Flexibilitätsbedarfs in den Stromnetzen der EU decken.

Intelligentes und bidirektionalen Laden von Elektrofahrzeugen, der Einbezug virtueller Kraftwerke in die Energiemärkten und die Nutzung des Potenzials von Energiegemeinschaften, intelligenten Gebäuden und smartem Heizen mit Wärmepumpen "könnten den größten Anteil an dieser Flexibilität beitragen", meint die Kommission. Autobatterien etwa könnten genutzt werden, um überschüssige Energie zu speichern und bei Bedarf abzugeben, wenn das E-Mobil in der Garage stehe. Über Echtzeitdaten lasse sich dabei messen, "wie viel freie Kapazität zur Verfügung gestellt werden kann".

Um diese Entwicklungen zu unterstützen, soll eine "Sachverständigengruppe für intelligente Energie" (vormals Smart-Grids-Task-Force) mit einer speziellen Einheit zu "Daten für Energie" eingerichtet werden. Eines deren Anliegen wird es sein, den Rückstand vieler Mitgliedstaaten wie Deutschland bei der Smart-Meter-Einführung auszugleichen. Intelligente Stromzähler gelten als eine der Grundlagen für ein flexibleres Energiesystem.

(axk)