Abschaffung der Sommerzeit: Stillstand im EU-Rat

Ende Oktober endet die Sommerzeit. Eigentlich hätte sie schon längst abgeschafft sein sollen. heise online hat nachgefragt, warum das nicht geschehen ist.

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Bahnhofsuhr

Bahnhofsuhr auf einem Bahnsteig im Bahnhof Düsseldorf Flughafen.

(Bild: Deutsche Bahn)

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Am 30. Oktober werden in Europa wieder die Uhren umgestellt, von Sommerzeit auf Normalzeit. Eigentlich hätte die jährliche Zeitumstellung von Ende März bis Ende Oktober nach dem Willen der Europäer und Europäerinnen sowie der EU-Kommission schon abgeschafft sein sollen, bisher hat sich aber augenscheinlich nichts getan, der Vorgang hängt in der europäischen Mühle fest.

Die EU-Kommission hatte im September 2018 vorgeschlagen, die saisonalen Zeitumstellungen zu beenden. Zuvor hatten dies einzelne Mitgliedsstaaten gefordert, es waren einige Studien und öffentliche Konsultationen unternommen worden, erläutert die Vertretung der EU-Kommission in Deutschland gegenüber heise online. In einer Umfrage der Kommission zur Sommerzeit, an der 4,6 Millionen Menschen teilgenommen hatten, votierten 84 Prozent für die Abschaffung.

Nachdem dann die Kommission die bestehenden Regelungen bewertet habe, sei sie zu dem Schluss gekommen, die EU-Mitgliedsländer könnten am besten selbst entscheiden, ob sie die Sommer- oder Winterzeit dauerhaft beibehalten wollen, und gleichzeitig eine Fragmentierung zu vermeiden. Diesen Vorschlag unterstützte im März 2019 das Europäische Parlament. "Der Ball liegt nun bei den Mitgliedstaaten, da es an ihnen liegt, einen gemeinsamen Standpunkt im Rat zu finden", heißt es aus der Vertretung der Kommission.

Die europäischen Fachminister und Regierungschefs versammeln sich im EU-Rat. Dort hat sich heise online umgehört und erfahren, dass sich seit Dezember 2019 in Sachen Zeitumstellung nichts getan hat. Seinerzeit habe der Rat den Vorschlag der EU-Kommission letztmals erörtert, eine Stellungnahme dazu folgte aber nicht.

In den Erörterungen im EU-Rat war deutlich geworden, dass sich benachbarte Staaten koordinieren sollten, um einen Flickenteppich unterschiedlicher Zeitzonen zu vermeiden, falls das derzeitige System aufgegeben würde. Schließlich könnte es Länder geben, die die Sommerzeit dauerhaft beibehalten sollen. Auch hieß es aus dem Rat, die EU-Kommission solle zunächst eine Folgenabschätzung vornehmen, schließlich würde die Abschaffung der Zeitumstellung viele unterschiedliche Auswirkungen haben.

Update

Aus der EU-Kommission heißt es zum Thema Folgenabschätzung gegenüber heise online, sie sei der Ansicht, dass die bereits verfügbaren Erkenntnisse eine ausreichende analytische Grundlage für die Gesetzgebung in Bezug auf die saisonale Zeitumstellung bieten.

Im Laufe der Jahre seien zahlreiche Studien zur Sommerzeit in der EU erstellt worden. Auch habe die Kommission verschiedene Studien und Berichte in Auftrag gegeben oder erstellt. Hierzu gehörten eine Untersuchung der Auswirkungen der Sommerzeitregelung der EU auf die wichtigsten Wirtschaftszweige sowie auf Gesundheit und Freizeit aus dem Jahr 1999‚ ein Bericht über die Auswirkungen der Richtlinie über die Sommerzeit aus dem Jahr 2007 und eine Studie über die möglichen Auswirkungen eines nicht harmonisierten Sommerzeitsystems in der EU aus dem Jahr 2014.

Nun könnten sich die Augen nach Schweden richten, denn das Land wird zum 1. Januar 2023 die Ratspräsidentschaft übernehmen. Dieses Land entscheidet, welche Vorschläge auf die Tagesordnung des Rates kommt. Die derzeitige tschechische Präsidentschaft hatte das Thema Zeitumstellung nicht in sein Arbeitsprogramm aufgenommen.

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Verschiedene Stellen der schwedischen Regierung bekamen von heise online bereits Anfragen zu dem Thema geschickt, noch kam keine Antwort. Das kann daran liegen, dass erst diese Woche Ulf Kristersson zum neuen schwedischen Ministerpräsidenten gewählt wurde.

Falls die schwedische Regierung das Thema Zeitumstellung in ihr Arbeitsprogramm aufnehmen und sich die Länder im EU-Rat multilateral einigen würden, könnte das ordentliche Gesetzgebungsverfahren laufen. Dann müssten noch das EU-Parlament und die EU-Kommission zustimmen – was dann wohl nur noch eine Formsache wäre.

Europäische Länder hatten im 20. Jahrhundert Sommervereinbarungen eingeführt, um Energie zu sparen, insbesondere in Kriegszeiten oder während der Ölkrise der 1970er Jahre. Seit 1980 gibt es in Deutschland die Sommerzeit, ab jenem Jahr verabschiedete die EU schrittweise Rechtsvorschriften, die den unterschiedlichen Zeitplänen der nationalen Uhrenänderungen ein Ende setzten. Seit 2001 verpflichtet die EU-Richtlinie 2000/84/EG alle Mitgliedstaaten, am letzten Sonntag im März auf die Sommerzeit umzusteigen und am letzten Sonntag im Oktober wieder auf ihre Standardzeit umzusteigen.

(anw)