Freie Enzyklopädie Wikipedia feiert hunderttausendsten Eintrag

Die freie Enzyklopädie Wikipedia hat Grund zu feiern: Kurz nach dem zweiten Geburtstag am 15. Januar konnte das Projekt den 100.000sten Eintrag in englischer Sprache melden.

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Von
  • Torsten Kleinz

Die freie Enzyklopädie Wikipedia hat Grund zu feiern: Kurz nach dem zweiten Geburtstag am 15. Januar konnte das Projekt den 100.000sten Eintrag in englischer Sprache melden. Die Artikel stammen allesamt von den Lesern selbst.

Die Idee einer Netz-Enzyklopädie ist nicht neu. Bereits im Jahr 1991 starteten die Mitglieder einer Douglas-Adams-Newsgroup den Galactic Guide, der dem legendären Hitchhiker's Guide to the Galaxy nachempfunden war und neben Fakten auch viele Spaßartikel enthielt. Richard Stallman lieferte 1999 das Konzept einer umfassenden Enzyklopädie im Netz, die von Nutzern erstellt wird und auch für jeden frei zur Verfügung steht. Im Jahr 2000 startete die Netzenzyklopädie Nupedia, die auf einen festen Stamm von Autoren und Gegenlesern setzte.

Anfang 2001 stelle der damalige Nupedia-Chefredakteur Larry Sanger ein "kleines Feature" vor: so genannte Wikis, an denen sich jeder Leser direkt beteiligen kann. Wikipeda war geboren. Der Abkömmling überflügelte das Ursprungsprojekt schnell. Im ersten Jahr wurden 20.000 Artikel geschrieben, im vergangenen Jahr verfünffachte sich die Zahl.

Der Erfolg von Wikipedia beruht unter anderem auf der Verwendung einer Wiki-Plattform. Wikis sind archaische Redaktionssysteme, bei denen jeder Nutzer Seiten einfach editieren kann. So muss man sich nicht erst anmelden, um zum Wikipedia-Autoren zu werden. Es genügt ein einfacher Klick auf den Edit-Link und man kann die Seite bearbeiten oder auch eine neue Seite anlegen. So lassen sich leicht Fehler korrigieren oder neue Daten ergänzen. Querverweise auf andere Artikel können ebenfalls erstellt werden, sodass jeder Wikipedia-Artikel mindestens mit einem anderen verknüpft ist. Für die Qualitätskontrolle sorgen die Leser selbst. "Es scheint erstaunlich, dass das sehr gut funktioniert, aber das tut es", sagt Mitgründer Jimmy Wales.

Auch für Wissenschaftler ist Wikipedia attraktiv. Axel Boldt, Mathematikprofessor an der Metropolitan State University in St. Paul (Minnesota), vergleicht Wikipedia mit seiner akademischen Arbeit: "Es macht Spaß zu lehren, es macht Spaß zu lernen, es macht Spaß, mit intelligenten Menschen zusammenzuarbeiten."

Die Wikipedia-Autoren und Administratoren arbeiten ehrenamtlich. Die Texte stehen unter der GNU Free Documentation License. Dies stellt sicher, dass jeder Artikel in beliebiger Weise verwendet werden darf. Die Abrufzahlen sprechen für sich: Weit über 100.000 Zugriffe verzeichnet der Server täglich. Mittlerweile gibt es Wikipedia-Plattformen in 28 Sprachen, die insgesamt über 135.000 Artikel enthalten. Die deutsche Version des Netz-Lexikons kommt auf annähernd 10.000 Einträge.

Ursprünglich setzten sich die Gründer das Ziel von 100.000 Einträgen, fünf Jahre oder mehr waren dafür veranschlagt. Doch nach dem vorzeitigem Erfolg denkt niemand ans Aufhören. Die bisherigen Einträge seien nur die Spitze des Eisbergs. Wikipedia expandiert sogar: Unter dem Namen Wiktionary startete im Dezember ein Wörterbuch, das nach dem gleichen Prinzip funktioniert. Völlig reibungslos funktioniert das Wiki-Konzept nicht. So wurden einige User aus Wikipedia verbannt, weil sie ihre extremistischen Ansichten in die Enzyklopädie schmuggeln wollten. Kurt Jansson, der sich bei der deutschen Wikipedia-Plattform engagiert, beschreibt die Lage so: "Unser Ziel ist es, alle Artikel von einem neutralen Standpunkt aus zu schreiben, also alle Positionen angemessen darzustellen. Meist ist dies kein Problem, aber bei manchen historischen oder religiösen Themen geht es schon mal hoch her, bevor man zu einer ausgewogenen, neutralen Darstellung findet." Die Artikel werden ständig überarbeitet. Damit eventuelle Streitigkeiten nicht in den Artikeln ausgetragen werden, ist jedem Begriff ein eigener Diskussionsbereich zugeteilt.

In der deutschen Ausgabe sind bisher vor allem Beiträge aus den Feldern Naturwissenschaften und Populärkultur zu lesen. Auch zu aktuellen Themen gibt es Hintergrundartikel wie zum Beispiel zum Dosenpfand oder zu Pockenerregern.

Über Wikipedia und das Wiki-Konzept berichtet die c't auf Seite 176 ihrer aktuellen Ausgabe 2/03. Dort finden Sie auch eine Anleitung, wie Sie ein Wiki selbst anlegen können. (Torsten Kleinz)/ (anw)