Provider muss Identität von Kazaa-Nutzer preisgeben

Präzedenzfall für den Digital Millennium Copyright Act (DMCA): Die Musikindustrie erzwingt vor einem US-Bezirksgericht die Herausgabe der Daten eines Internet-Nutzers, der illegale Musikkopien getauscht haben soll.

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Von
  • Erich Bonnert

Ein US-Bezirksrichter hat den Internet-Provider Verizon dazu verurteilt, Daten eines Internet-Nutzers herauszugeben, der illegale Musikkopien getauscht haben soll. Der Abonnent des Internet-Providers Verizon soll angeblich mit Hilfe des Musiktauschdienstes Kazaa mehrere hundert Dateien mit anderen Kazaa-Fans getauscht haben.

Der Verband der Musikverleger RIAA setzt mit diesem Urteil erstmals einen Passus des 1998 ratifizierten DMCA durch, nach dem weder eine Klage noch ein Urteil gegen einen Benutzer eines so genannten Peer-to-peer Online-Tauschverfahrens vorliegen muss. Stattdessen kann der Copyright-Eigner im Schnellverfahren per Gerichtsbeschluss an die Identität des Verdächtigten gelangen: Service-Provider müssen der Vorladung unter Strafandrohung Folge leisten.

Der US-Internet-Provider Verizon hatte sich dagegen zur Wehr gesetzt, da die fraglichen Daten nicht auf Rechnern des Providers, sondern auf dem PCs der Benutzer gespeichert waren. Verizon hatte sich außerdem auf die verfassungsmäßigen Rechte seiner Abonnenten berufen, deren Datenschutz ohne vorhergehenden Richterspruch, ja sogar ohne Klage des angeblich Geschädigten durch die DMCA-Auslegung ausgehebelt werde. Mit der vorliegenden Urteilsbegründung könne die Musikindustrie beispielsweise auch die Herausgabe von E-Mails erzwingen, die im Zusammenhang mit Verletzungen des DMCA stünden, so Verizon.

Richter John Bates am Bezirksgericht in Washington D.C. lehnte diesen Einwand ab und gab der RIAA uneingeschränkt Recht. Erst vor einer Woche hat die Lobby der Musik- und Filmverlage einen ähnlich bedeutsamen Sieg im Streit um den DCMA errungen. Der oberste US-Gerichtshof entschied, die Verlängerung der Urheberrechte um weitere 20 Jahre durch den US-Kongress sei rechtens.

Verizon beabsichtigt, gegen das jüngste Urteil Berufung einzulegen. Datenschützer und Bürgerrechtsverbände wie die Electronic Frontier Foundation und Electronic Privacy Information Center sowie die National Consumers League haben bereits ihre Unterstützung zugesagt. (Erich Bonnert) / (wst)