Und noch ein Abo: Warum Adobe Pantone-Farben kostenpflichtig machen darf

Wer mit Adobes Creative Cloud-Anwendungen Pantone-Paletten nutzen will, muss künftig ein Abo abschließen. Daran führt auch juristisch wohl kein Weg vorbei.

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(Bild: r.classen/Shutterstock.com)

Lesezeit: 10 Min.
Von
  • Nick Akinci
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Bereits Ende 2021 hatte Adobe angekündigt, dass die sogenannten Pantone-Farbbücher weitestgehend aus bekannten Softwaretools wie Photoshop oder Illustrator verschwinden werden. Vor kurzem hat der Softwareriese die Ankündigung umgesetzt – öffnen Nutzer nun Grafikdateien, die Pantone-Farben enthalten, sehen sie buchstäblich schwarz.

Adobe hat 2021 einen Umsatz von knapp 16 Mrd. US-Dollar erwirtschaftet und gilt als Weltmarktführer im Bereich der Bildbearbeitungssoftware, das Bundeskartellamt hat das Unternehmen als marktbeherrschend eingestuft (PDF). Allein Photoshop soll weltweit über circa 10 Millionen Nutzer verfügen, die Nutzerzahl der Creative Cloud von Adobe wurde Ende 2021 auf 26 Millionen geschätzt.

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Das Unternehmen Pantone ist weltweit für das von ihm entwickelte Farbsystem, das sogenannte Pantone Matching System (kurz PMS) bekannt. Den Farben sind Namen und Kennziffern zugeordnet, sodass diese unabhängig von der visuellen Wahrnehmung bezeichnet und kommuniziert werden können. Das PMS hat sich daher weltweit in der Design- und Druckbranche etabliert. Ein besonderes Merkmal des Systems sind die sogenannten Sonderfarben. Dabei handelt es sich um Farben, die sich beispielsweise nicht im Vierfarbdruck, der auf dem sogenannten CMYK-Modell beruht, realisieren lassen. Das System von Pantone enthält mittlerweile knapp 2.000 solcher Sonderfarben, die aus insgesamt 18 Basisfarben gemischt werden können.

Bisher ließen sich die Sonderfarben aus den Pantone-Farbbüchern ohne weiteres in den Adobe-Programmen Photoshop, Illustrator und InDesign verwenden und darstellen. Da sich die Unternehmen Adobe und Pantone auf eine weitere Zusammenarbeit offenbar nicht einigen konnten, kündigte Adobe bereits Ende 2021 an, dass die bisher vorinstallierten Pantone-Farbbibliotheken aus den Softwareprodukten verschwinden werden. Vor kurzem ist diese Ankündigung nun auch umgesetzt worden. Laut diverser Nutzerberichte zeigen die Adobe-Programmen anstelle der Pantone-Sonderfarben nun schlicht die Farbe Schwarz, wenn nicht ein zusätzliches kostenpflichtiges Abonnement abgeschlossen wird. Dabei ist unerheblich, ob die Datei bereits in der Vergangenheit oder erst nach Einführung der Änderung erstellt wurde. Lediglich die Farbpaletten „Pantone + CMYK beschichtet“, „Pantone + CMYK unbeschichtet“ und „Pantone + metallisch beschichtet“ verbleiben. Interessant ist dabei, dass laut einer FAQ-Seite von Pantone bereits existierende Creative Cloud Dateien nicht betroffen sein sollen:

Existing Creative Cloud files and documents containing Pantone Color references will keep those color identities and information.

Unter dem Namen Pantone Connect vertreibt die Pantone LLC nun eine Art Plugin für die Adobe Creative Cloud, mit welchem sich die Nutzer die Sonderfarben zurückkaufen können. Hierfür werden derzeit 14,99 US-Dollar im Monat oder 89,99 US-Dollar im Jahr fällig, die zusätzlich zum Entgelt für die Adobe-Software aufgewendet werden müssen. Das Urteil der Nutzer ist vernichtend: Am 5. November 2022 hat das Plugin eine durchschnittliche Wertung von 1,5 von 5 möglichen Sternen bei 404 Rezensionen im Online-Marktplatz Adobe Exchange.

Viele Nutzer fragen sich berechtigterweise, ob Adobe "einfach so" einen elementaren Bestandteil der angebotenen Softwarelösungen entfernen darf. Einige Nutzer sprechen sogar von der Zerstörung von Eigentum, da auch vor der Umstellung angelegte Dateien nicht mehr darstellbar sind und daher ohne das kostenpflichtige Pantone Connect unbrauchbar werden.

Rechtlich gesehen bestimmt sich das Verhältnis zwischen den Software-Nutzern und Adobe in erster Linie nach den zugrunde liegenden vertraglichen Bestimmungen in Form von Nutzungsbedingungen. Bereits beim Abschluss eine Probe-Abonnements des Bildbearbeitungsprogramms Photoshop über commerce.adobe.com muss der Nutzer den allgemeinen Nutzungsbedingungen von Adobe zustimmen. Wirft man einen näheren Blick auf die Bestimmungen, findet man im Abschnitt zu Updates unter Ziffer 16.1 eine Klausel, wonach Adobe scheinbar nach Belieben die Software explizit auch zum Nachteil des Nutzers verändern kann:

Wir können die Dienste und die Software (einschließlich aller Teile oder Funktionen) ändern, aktualisieren oder einstellen, wobei diese Änderungen, Aktualisierungen oder Einstellung jederzeit ohne Haftung nachteilig sein oder zu einer Wertminderung für Sie oder andere Personen führen können.

Weiter regelt Adobe für solche Fälle, dass für solche nachteiligen Änderungen keine Haftung seitens des Konzerns übernommen wird und eine anteilige Rückerstattung des Entgelts nur in Frage kommt, wenn Adobe einen Dienst komplett einstellt:

Bei Änderungen an kostenpflichtigen Angeboten, die nach vernünftigem Ermessen von Adobe nachteilig sind oder zu einer wesentlichen Wertminderung für Sie führen, werden wir angemessene kommerzielle Anstrengungen unternehmen, um Sie über eine solche Änderung, Aktualisierung oder Einstellung zu informieren. Wenn Adobe die Dienste oder Software ganz einstellt, wird Adobe angemessene wirtschaftliche Anstrengungen unternehmen, um Ihnen die Übertragung Ihrer Inhalte zu ermöglichen, und Sie erhalten von Adobe eine anteilige Rückerstattung für nicht genutzte Gebühren für den Dienst oder die Software, die Sie im Voraus bezahlt haben.

Zudem legt Adobe – wie fast jedes Softwareunternehmen aus den USA – der Nutzung der Software ein sogenanntes End User Licence Agreement (kurz: EULA) zugrunde. Im Abschnitt für die Abonnement-basierte Softwarenutzung findet sich unter Ziffer 2.2.3 erneut eine Klausel zum Thema Änderungen an der Software. Wiederum behält sich Adobe vor, jederzeit Änderungen an der Software vorzunehmen – natürlich ohne dafür zu haften:

Customer agrees to the following additional terms and restrictions related to the Membership: (a) Adobe may change the type of Software (such as specific products, components, versions, platforms, languages, etc.) included in the Membership at any time and shall not be liable to Customer whatsoever for such change;

Aus juristischer Perspektive kann man nun die Frage aufwerfen, ob diese Bestimmungen auch rechtmäßig mit dem Nutzer vereinbart werden können. Denn in Deutschland gelten Nutzungsbedingungen und Lizenzbestimmungen dieser Art als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), welche gewissen Spielregeln unterliegen. So darf beispielsweise nach § 307 Abs. 1 S. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) der Nutzer durch Bestimmungen in solchen Bedingungswerken nicht unangemessen benachteiligt werden. Hinzu tritt der Umstand, dass deutsche Juristen sich weitestgehend einig sind, dass die praktische Umsetzung der Einbindung von EULA vieler Softwareanbieter dazu führt, dass diese gar nicht erst Vertragsbestandteil werden, was sowohl vertrags- als auch urheberrechtliche Gründe hat.

Klingt aus Sicht des Nutzers erst einmal gut. Jedoch versalzen hier gleich mehrere Umstände diese so gutschmeckend wirkende Suppe. Zum einen erklärt Adobe in seinen allgemeinen Nutzungsbedingungen das Recht des US-amerikanischen Bundestaates Kaliforniern für anwendbar.

Zum anderen werden Nutzer aus Deutschland – wenn überhaupt – nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand ihre Rechte durchsetzen können. Denn Vertragspartner ist ein in den USA ansässiges Unternehmen. Selbst wenn man juristisch zu dem Ergebnis käme, dass deutschen Nutzern beispielsweise Rücktritts- oder Kündigungsrecht zustünde, das vor deutschen Gerichten durchgesetzt werden kann, so dürfte sich die Vollstreckung in den USA schwierig oder jedenfalls enorm aufwändig gestalten.

Ebenso interessant ist die Frage, ob rechtlich beanstandet werden kann, dass Pantone eine faktische Monopolstellung im Hinblick auf bestimmte Farben hat, welche es dem Unternehmen erlaubt, Adobe und den Nutzern das nun eingeführte Abo-Modell zu diktieren.

Dabei sollte man sich zunächst bewusst machen, dass seitens des Gesetzgebers in viele Fällen das Freihaltebedürfnis der Allgemeinheit auf der einen und das Schutzbedürfnis des Einzelnen auf der anderen Seite gegeneinander abzuwägen ist. So ist es beispielsweise rechtlich nicht möglich, eine Marke für den Begriff „Reifen“ eintragen zu lassen, wenn unter diesem Zeichen Fahrzeugreifen vertrieben werden sollen. Dem würde das Freihaltebedürfnis der Allgemeinheit entgegenstehen, denn ansonsten dürfte niemand außer dem Markeninhaber Reifen im geschäftlichen Verkehr als Reifen bezeichnen. Hingegen ist der Schutz des Wortes "Michelin" für den Vertrieb von Reifen nicht zu beanstanden – der Inhaber der Marke hat ein exklusives Recht, den Begriff in diesem Bereich zu nutzen.

Wenn es um Farben geht, kann festgehalten werden, dass diese zum Beispiel markenfähig sind – sowohl das deutsche als auch das europäische Markenrecht kennt das Institut der Farbmarke. So ist zum Beispiel das "Milka-Lila" als Farbmarke beim Amt der Europäischen Union für Geistiges Eigentum (EUIPO) hinterlegt. Im Fall von Pantone tritt nun noch der Umstand hinzu, dass es nicht um einen einzelnen Farbton geht, sondern gleich um ein ganzes Farbsystem.

Das Unternehmen selbst beruft sich im Hinblick auf dieses System auf seiner Website sowohl auf Marken- als auch auf Urheberrechte. Auch die RAL gGmbH, von welcher das RAL-Farben-System stammt, beruft sich auf der Unternehmenswebsite darauf, dass sowohl die Farbsammlung als auch das Farbsystem urheberrechtlichen Schutz genießen. Im Gegensatz zum Markenschutz bedarf der urheberrechtliche Schutz keiner Registereintragung – das Urheberrecht entsteht "automatisch" mit der Schaffung eines Werkes.

Im Falle von Farbsystemen kann wohl am ehesten von einem sogenannten Datenbankwerk ausgegangen werden. Das deutsche Urheberrechtsgesetz (UrhG) bestimmt in § 4 Abs. 2, dass Sammelwerke, deren „Elemente systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind“ als Datenbankwerke urheberrechtlichen Schutz erfahren.

Sowohl rechtlich als auch faktisch scheint derzeit kein Weg an dem kostenpflichtigen Plugin Pantone Connect vorbeizuführen. Wer weiterhin mit Pantone-Sonderfarben arbeiten oder sich bereits bestehende Dateien mit solchen Farben anzeigen lassen will, muss zusätzlich zum Nutzungsentgelt für die Adobe-Programme knapp 100 US-Dollar im Jahr springen lassen. Da das Farbsystem von Pantone weltweit sehr verbreitet ist, werden insbesondere Designer nicht umhinkommen, diesen Preis zu bezahlen. Denn insbesondere bei der Kommunikation zwischen Kreativen und der Druckbranche sind Farbsysteme unverzichtbar, damit Farben unmissverständlich bezeichnet werden können.

(keh)