Physische Intelligenz: Ringbot krabbelt und tanzt durch Hitzezufuhr
Der Ringbot ist im Grunde genommen nur ein Kunststoffring. Bewegen kann er sich trotzdem und sogar Lasten ziehen.
"I'm real, real cool, gotta dance like a fool." Der Ringbot krabbelt und tanzt wie ein VerrĂĽckter. Doch in ihm steckt physikalische Intelligenz.
(Bild: Yin Lab@NCSU (Screenshot))
Wer barfuß auf heißem Asphalt geht, bewegt sich auch recht schnell vorwärts. Ganz so einfach ist das Prinzip aber nicht, das hinter einem ringförmigen Roboter steckt, den Wissenschaftler der North Caroline State University (NCSU) entwickelt haben. Er krabbelt, sobald er erhöhten Temperaturen oder Infrarotlicht ausgesetzt ist und kann kleine Lasten befördern. Dabei spielt es keine Rolle, ob er sich an Land oder unter Wasser bewegen soll.
Der weiche Ringbot, den das Forschungsteam in dem wissenschaftlichen Paper "Self-sustained Snapping Drives Autonomous Dancing and Motion in Free-standing Wavy Rings" beschreibt, das in Advanced Materials veröffentlicht ist, wird aus einem geschlungenen Band aus Flüssigkristall-Elastomeren gebildet. Mehr steckt in dem Roboter nicht drin. In Bewegung gerät der Ring, wenn er auf einer heißen Oberfläche liegt. Dann zieht sich der untere Teil, der die Oberfläche berührt, durch Hitzeeinwirkung zusammen, der obere Teil an der kühleren Luft bleibt dagegen stabil.
Durch die Verdrehung beginnt das Band eine rollende Bewegung auszuführen. Damit das klappt, muss der Untergrund jedoch deutlich heißer als die Umgebungsluft sein. Die Forscher sprechen von einer Temperaturdifferenz von mindestens 55 Grad zwischen Oberfläche und Luft. Wobei die Oberfläche heißer sein muss.
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Die Rollbewegung kann beim Ringbot auch durch Infrarotlicht ausgelöst werden, das von oben auf den Roboter strahlt. Dann zieht sich der obere Teil des Bandes zusammen, der untere, unbestrahlte Teil bleibt dagegen stabil. Das Band dreht nun von unten nach oben statt von oben nach unten, wenn die Hitzezufuhr vom Boden aus erfolgt.
Physische Intelligenz
Die Drehbewegung ergibt sich daraus, dass der Ringbot bistabil ist. Im Ruhezustand hat er zwei Formen. Ähnlich wie bei einem flachen Gummiband. Verdreht man es ein wenig und lässt es wieder los, nimmt es seinen ursprünglichen Zustand wieder an. Verdreht man es stärker, schnappt es an einem bestimmten Punkt um und liegt auf der anderen Seite. Beim Ringbot wird diese Verdrehung durch die Wärmezufuhr oder das Infrarotlicht immer wieder durch das Zusammenziehen des Elastomers ausgelöst – sozusagen aufgrund physischer Intelligenz.
Wie sich der Ringbot bewegt, hängt von seiner Form ab, erklärt Jie Yin, Mitautor der Studie und Professor für Maschinenbau und Elektrotechnik an der NC State. Ist die Schleife rund, "tanzt" der Roboter auf der Stelle, ist die Struktur dagegen asymmetrisch gestaltet, bewegt er sich seitwärts. Abhängig davon, ob der Roboter von Bodenhitze oder Infrarotlicht angetrieben wird, schiebt oder zieht er sich dabei vorwärts.
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In Experimenten haben die Wissenschaftler herausgefunden, dass der Ringbot auch kleine Lasten ziehen kann und sich selbstständig durch Lücken zwängt, sobald er auf welche trifft. Ist das geschehen, nimmt er wieder seine ursprüngliche Form an und bewegt sich weiter, wie im Video zu sehen ist. Der Spalt darf dabei allerdings nicht kleiner als 70 Prozent des Durchmessers des Ringbots sein. Die Fortbewegung klappt auch im Wasser, wiesen die Wissenschaftler nach.
Eine konkrete Anwendung haben die Forscher für ihren Ringbot allerdings nicht. Es ging ihnen darum, grundsätzlich zu zeigen, dass Material und Struktur, die aufeinander abgestimmt sind, einen Roboter ohne Elektronik und Motoren fortbewegen kann.
(olb)