Ärztekammer will digitales Register für Fehlbildungen und Erkrankungen von Babys

Vor dem Hintergrund eines geplanten Registergesetzes fordert der Präsident der Ärztekammer ein zentrales Digitalregister für Fehlbildungen bei Neugeborenen.

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(Bild: paulaphoto/Shutterstock.com)

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Daten bei Fehlbildungen und Erkrankungen Neugeborener sollen künftig systematisch und standardisiert in einem digitalen Register erhoben werden. Das fordert der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Dr. Klaus Reinhardt, in Zusammenhang mit einem geplanten Registergesetz. Dies sei wichtig, um Frühwarnungen "bei ungewöhnlichen räumlichen und/oder zeitlichen Häufungen und Trends sowie sichere Unterscheidung von echten und systematischen oder zufälligen Ergebnissen" zu erhalten. So könnten Ursachen für Fehlbildungen und Versorgungslücken frühzeitig erkannt werden, wie beispielsweise eine ungewöhnliche Häufung der Geburten von Babys mit Handfehlbildungen im Jahr 2019 in einem Gelsenkirchener Krankenhaus.

Für eine einheitliche Datenerhebung müssten entsprechende rechtliche Regelungen "Eingang in die gesundheitspolitische Diskussion um ein Registergesetz finden", sagte Reinhardt. Damit bezieht er sich auf die Ende September veröffentlichte Stellungnahme zur "Erhebung von Fehlbildungen bei Neugeborenen" der Ärztekammer.

Da angeborene Fehlbildungen und Erkrankungen "zu den Hauptursachen für Sterblichkeit, Morbidität und körperliche Beeinträchtigung bei Kindern [...] zählen", würden derartige Daten benötigt, um mögliche Ursachen rasch zu erkennen. In der durch einen interdisziplinären Arbeitskreis des wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer verfassten Stellungnahme wird ein Modell für ein nationales Register für angeborene Fehlbildungen vorgestellt. Als Datenquelle sollen künftig etwa die Ergebnisse aus den Früherkennungsuntersuchungen bei Kindern (U-Untersuchungen) dienen. Wichtig sei eine Auswertung der künftigen Registerdaten mit Standardmethoden der Epidemiologie.

Zwar sei der Datenschutz vor allem zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen "von primärer Bedeutung", jedoch gebe es bereits Erfahrungen mit der informierten Einwilligung. Derzeit werde ein Broad Consent im Rahmen der Medizininformatikinitiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in den Universitätskliniken in ganz Deutschland eingeführt.

Demnach stünden nach Ansicht des wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer "sehr gute, datenschutzrechtlich unbedenkliche, digitale Instrumente zur Verfügung" für die Pseudonymisierung zur Verfügung. So könnte allen Teilnehmenden "im Tool-Pool der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e. V. (TMF)" ein Code zugeordnet werden. Anschließend könnten nur die Datenverantwortlichen eine eindeutige Zuordnung der Person durchführen. Querschnittergebnisse müssten in regelmäßigen Abständen anhand der Rohdaten an den Primärquellen verifiziert werden.

Schematische Darstellung zur Datensammlung bei Fehlbildungen

(Bild: Bundesärztekammer)

"Für die Erhebung, Qualitätssicherung, datenschutzgerechte separate Übertragung und Zusammenführung der identifizierenden Daten (IDAT) und medizinischen Daten (MDAT) an ein zentrales Register" fordert die BÄK daher eine bundesweite Rechtsgrundlage. Diese soll auch als Grundlage für die "Einrichtung einer zentralen Treuhandstelle mit der Möglichkeit einer Rekontaktierung der Betroffenen mit dem Ziel der Ursachenerforschung und/oder Versorgungsverbesserung" dienen.

Derzeit laufen konzeptionelle Arbeiten am Entwurf eines Registergesetzes. Eine wichtige Grundlage ist das dazu vom Bundesgesundheitsministerium in Auftrag gegebene Gutachten zur Weiterentwicklung medizinischer Register mit Handlungsempfehlungen. "Ziel ist es insbesondere, mit dem Registergesetz einen Beitrag zur Verbesserung des Zugangs zu und der Nutzbarkeit vorhandener medizinischen Registerdaten für Forschung und Versorgung zu leisten," wie eine Sprecherin des BMG auf Nachfrage von heise online sagte. Künftig soll eine Forschungsdateninfrastruktur aufgebaut werden. Erst kürzlich haben Datenschützer eine gesetzliche Regelung für den Umgang mit Forschungsdaten gefordert.

(mack)