"Andor": Disney kann doch noch astreines "Star Wars"

Ein Fest für "Star Wars"-Fans: Die erste Staffel von "Andor" hat einen tollen Abschluss und auch "Geschichten der Jedi" ist eine grandiose Kurzserie.

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(Bild: Lucasfilm / Disney)

Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

Filme und Serien im Universum von "Star Wars" werden besser, je unbekannter die Hauptfiguren sind. Das könnte man meinen, wenn man sich die Formate der vergangenen Monate und Jahre anschaut. Die jüngsten Beispiele sind die beiden hervorragenden Serien "Andor" und "Geschichten der Jedi" ("Tales of the Jedi") im starken Kontrast zur eher mittelmäßigen "Obi-Wan Kenobi"-Serie.

"Andor" spielt nach Episode 3 "Die Rache der Sith" und erzählt die Vorgeschichte von "Rogue One". Man kann die Serie als Spin-off eines Spin-offs bezeichnen. Davon sollte sich aber niemand abbringen lassen, der Serie eine Chance zu geben. Ohne Lieblingsfiguren wie Darth Vader oder Obi-Wan Kenobi kann sich Disney nicht auf Fanservice ausruhen, um das Franchise zu melken. Gerade diese Formate scheinen bei Disney Leute zu kreieren, die Ahnung von "Star Wars" haben und mit Hingabe arbeiten.

Schlüssige Story

"Andor" ist von Folge 1 bis 12 stringent erzählt: Cassian Jeron Andor lebt in den Tag hinein, sein Gewissen reicht bis zum Abendessen. Durch eine Reihe betrüblicher Ereignisse entwickelt er sich zu einer wichtigen Kraft in der Rebellion. Das Autorenteam um Showrunner Tony Gilroy macht Andors Entwicklung nachvollziehbar und verzichtet dabei auf Holzhammermethoden.

"Andor" ist eine Erweckungsgeschichte: Die Macht des Imperiums lebt davon, dass die Spezies in der Galaxis "schlafen". Auch Cassian hat zunächst eine passive Rolle, bei der Außeneinflüsse – insbesondere die Willkür des Imperiums – sein Handeln bestimmen. Erst mit der Zeit wacht er auf und entscheidet sich für die Rebellion.

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Parallel erzählt die Serie viel über Intrigen innerhalb des Senats und der Rebellion. Erfrischend viele Szenen spielen sich auf dem Planeten Coruscant ab, der den Regierungssitz der früheren Republik und des neuen Imperiums beheimatet. Mit Freude stellten wir fest: Der als Schauplatz ausgelutschte Wüstenplanet Tatooine bekommt eine wohlverdiente Pause und ist in "Andor" nicht einmal zu sehen.

Passend besetzte Nebenrollen werten die Produktion auf: Luthen Rael (Stellan Skarsgård) etwa ist der Strippenzieher der aufkeimenden Rebellion und liefert mittendrin eine mitreißende Rede über Verzicht und Aufopferung ab. Eine zweite überaus eindrucksvoll inszenierte Rede hält Maarva Carassi Andor (Fiona Shaw) über das "Aufwachen".

Stellan Skarsgård spielt in "Star Wars Andor" den Rebellenfadenzieher Luthen Rael. Eine bessere Besetzung fällt uns nicht ein.

(Bild: Lucasfilm / Disney)

Was man nicht erwarten darf, sind Lichtschwertkämpfe. Deswegen sollte auch nicht jedes "Star Wars"-Format wie "Andor" sein, denn letztendlich machen religiös-fanatische Space-Cowboys mit Lichtschwertern das Universum aus. Eine willkommene Abwechslung ist "Andor" aber allemal.

Lichtschwert-Action gibt es dafür in der animierten Kurzserie "Geschichten der Jedi". Sie erschien im Schatten von "Andor", hat aber jede Aufmerksamkeit verdient, die sie bekommen kann. Im Zentrum stehen Anakins Padawan Ahsoka Tano sowie Count Dooku, als er noch ein Jedi-Meister war. "Geschichten der Jedi" verknüpft in sechs rund 10 bis 15 Minuten kurzen und weitgehend eigenständigen Folgen Handlungslücken der Film-Episoden I bis III und schlägt Brücken zur Serie "The Clone Wars".

Der Serienauftakt ist mit der ersten Folge zwar nur okay, danach entwickelt sich die Kurzserie aber zu einem Muss für "Star Wars"-Fans. Stellte Dooku in den Filmen noch einen generischen Lückenfüller dar, bekommt er jetzt in nur 20 Minuten eine nachvollziehbare Hintergrundgeschichte verpasst, wie er vom Jedi-Meister zum Sith-Schüler wird. Das Vertrauen in den Jedi-Rat und den Senat wird graduell zerstört – was bleibt, ist ein zwiegespaltener Mann mit einer verdrehten Ansicht über Frieden und Ordnung. Kernaussage: "Die Jedi dienen blind einem korrupten Senat, der die Republik enttäuscht hat."

Trotz des kindlich wirkenden Animationsstils richtet sich die Serie auch an Erwachsene. Die Folgen sind zuweilen düster und zeigen einige ansehnliche Bilder von Coruscant. Zusammen mit dem Soundtrack schafft es die Serie "Geschichten der Jedi", trotz ihrer Kürze eine hohe Spannung aufzubauen.

Die letzte Folge ist zudem gewissermaßen ein Armutszeugnis für die "Obi-Wan"-Serie des vergangenen Sommers: Das Produktionsteam hat für gerade einmal zwei bis drei Minuten Bildschirmzeit einen namenlosen Inquisitor entworfen, der alle Inquisitoren-Designs in "Obi-Wan" in den Schatten stellt.

Einen Namen hat der werte Herr Inquisitor hier nicht. Sein dreiminütiger Auftritt in "Geschichten der Jedi" wusste zu gefallen.

(Bild: Lucasfilm / Disney)

Abzüge in der B-Note könnte man geben, weil der Erschaffer Dave Filoni in der sechsten Folge teilweise die Hintergrundgeschichte des offiziellen Romans "Star Wars Ahsoka" abändert. Wer das Buch nicht gelesen hat, bekommt davon aber gar nichts mit. In einer kommenden Serie will Filoni Ahsokas Geschichte weitererzählen.

(mma)