China: Flut an Twitter-Spam soll wohl Berichte über Coronaproteste verstecken

In China sind überraschend verbreitete Proteste gegen die Coronapolitik ausgebrochen. Auf Twitter soll das mit massenhaftem Spam offenbar versteckt werden.

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(Bild: muhammadtoqeer/Shutterstock.com)

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Twitter wird aktuell offenbar mit Kurznachrichten überschwemmt, die Berichte über die überraschende Protestwelle in China verstecken sollen. Das wurde unter anderem an der Universität Stanford bemerkt und öffentlich gemacht. Wer nach den chinesischen Namen von Städten wie Peking oder Shanghai sucht, bekam vor allem Werbung für Pornografie, Glücksspiel und Sexarbeit zu sehen, twitterte etwa die Politologin Mengyu Dong. Alex Stamos, der Chef des Stanford Internet Observatory, ergänzte, dass man die Vorgänge dort noch analysiere, es aber danach aussehe, dass es sich um eine gezielte Attacke handle, um die Proteste zu verstecken. Elon Musks Massenentlassungen bei Twitter hätten das mit solchen Angriffen verbundene Risiko erhöht.

Mengyu Dong zufolge stammen die ablenkenden Beiträge teilweise von Twitter-Accounts, die seit Jahren nichts geteilt hätten und am Sonntag reaktiviert wurden. Am Wochenende waren in mehreren Städten Chinas Proteste gegen die Corona-Strategie der Volksrepublik aufgeflammt. Dem waren Demonstrationen gegen die strikten Regeln im größten iPhone-Werk der Welt und ein Wohnungsbrand in Ürümqi, der Hauptstadt der Region Xinjiang, vorausgegangen. Viele haben den Verdacht, dass die Null-Covid-Maßnahmen die Rettung der Menschen dort verhindert haben. Zehn Menschen waren ums Leben gekommen. Außerdem gibt es Hinweise, dass die Berichterstattung zur Fußball-Weltmeisterschaft in Katar Menschen in China vors Auge führt, dass im Rest der Welt längst weitgehend auf Coronamaßnahmen verzichtet wird.

Aktuell ist laut Experten etwa ein Fünftel der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt von Lockdowns betroffen. Am Montag wurde ein erneutes Aufflammen der Proteste laut der dpa durch massive Polizeipräsenz verhindert. In den großen Städten waren vorher verstärkt Sicherheitskräfte auf den Straßen zu sehen. Vielfach wurden demnach Passanten angehalten, sie mussten sich ausweisen und ihre Handys zeigen, die auf verdächtige Inhalte oder VPN-Software zur Umgehung der chinesischen Zensur untersucht wurden. Auch wenn die Proteste bis dahin insgesamt noch vergleichsweise klein waren, handelte es sich bereits um die größten in China seit der Demokratiebewegung, die das Militär 1989 blutig niedergeschlagen hat.

Der Versuch, unerwünschte Beiträge unter einer Flut von ablenkenden Tweets zu verstecken, sei nicht neu, zitiert die Washington Post einen ehemaligen Angestellten von Twitter. In Vergangenheit sei so aber versucht worden, bestimmte Accounts zu diskreditieren, indem sie in Werbeanzeigen zu Sexarbeit verlinkt wurden. Dagegen habe man manuell vorgehen müssen, automatisierte Gegenwehr reichte demnach nicht aus. Nach den Massenkündigungen bei Twitter gebe es in dem Unternehmen nun aber große Lücken bei wichtigen Teams, was die Abwehr derartiger Angriffe erschwert. Der ansonsten äußerst mitteilsame neue Twitter-Chef Elon Musk hat sich zu den Vorgängen bislang nicht geäußert.

(mho)