KHPflEG: Bundestag billigt Gesetz für mehr Digitalisierung im Gesundheitswesen

Der Bundestag hat das Krankenhauspflegeentlastungsgesetz gebilligt, das auch für mehr Digitalisierung im Gesundheitswesen sorgen soll.

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Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach im Bundestag

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Der Bundestag hat das Krankenhauspflegeentlastungsgesetz (KHPflEG) gebilligt. Das Gesetz soll auch wichtige Bereiche der digitalen Gesundheitsversorgung regeln. Vom Ausschuss wurden 32 Änderungsanträge von SPD, Grünen und FDP angenommen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will damit unter anderem die Pflegekräfte stärken, aber auch die elektronische Patientenakte voranbringen. Das Gesetz sieht vor, dass die Kosten für den Zugang zur Telematikinfrastruktur – die für den sicheren Austausch von Patientendaten gedacht ist – und die benötigten Komponenten mit einer monatlichen TI-Pauschale geregelt werden. Auch die Vergütung von Telekonsilen – dem digitalen Austausch zwischen mehreren Ärzten, um im Falle eines Patienten eine Behandlung oder Diagnose zu entwickeln – soll sich verbessern. Bis zuletzt hat es Kritik vonseiten der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung gegeben.

Ein Änderungsantrag der Bundesregierung hatte vorgesehen, die Höhe einer geplanten TI-Zugangspauschale von der für die Digitalisierung zuständigen Gematik GmbH und dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) verhandeln zu lassen. Nach Kritik von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und der Bundesärztekammer (BÄK) sieht die im Gesetz verabschiedete Neuregelung zur TI-Pauschale vor, die Berechnung für Ärzte und Psychotherapeuten vom GKV-Spitzenverband und der KBV bis Ende April 2023 vornehmen zu lassen. Die Neuregelung soll bis zum 30. Juni in Kraft treten.

Mit dem KHPflEG will die Bundesregierung dem Trend entgegenwirken, dass viele Anbieter ihre Systeme geschlossen halten. Einige Hersteller und Softwareanbieter würden ausschließlich mit ausgewählten anderen Anbietern kooperieren. Sofern Ärzte die Dienste anderer Anbieter nutzen, seien die Kosten bewusst höher. Bei diesem Marktverhalten sei es kaum möglich, verschiedene Dienste miteinander zu kombinieren. Die Bundesregierung sieht dadurch eine Verzögerung in der "flächendeckenden Umsetzung der TI". Dienste wie die elektronische Patientenakte (ePA), das E-Rezept und die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) könnten darum nicht fristgerecht eingeführt werden.

Konkret dient Paragraf 332 a dazu, Hürden für Leistungserbringer wie Ärzte und Apotheken abzubauen. Wettbewerbsverzerrende Praktiken sollen beendet werden, die derzeit "aufgrund von Beschränkungen durch Anbieter und Hersteller informationstechnischer Systeme im Rahmen der Telematikinfrastruktur bestehen." Anbieter von Hardware, Software und Diensten haben demnach eine bußgeldbewehrte Verpflichtung, eine "diskriminierungsfreie Einbindung aller Komponenten und Dienste" sicherzustellen. Die Einbindung dieser Komponenten und Dienste hat ohne zusätzliche Kosten für die Nutzer zu erfolgen. Indirekte Kosten im Kontext der Wahl eines Herstellers oder Anbieters untersagt der Gesetzentwurf.

Die Bundesregierung geht davon aus, Ärzten und anderen Leistungserbringern jährlich im Durchschnitt 550 Euro Gebühren ersparen zu können; insgesamt schätzt die Regierung die Ersparnis auf acht Millionen Euro im Jahr. Die Verpflichtungen sollen ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes greifen. Zudem untersagt der Gesetzentwurf in Paragraf 332 b "unangemessen lange Kündigungsfristen" seitens der Anbieter und Hersteller. Diese Bindungen verzögerten Wechsel des Praxisverwaltungssystems oder bestimmter Zugangsdienste und somit die Digitalisierung des Gesundheitswesens insgesamt. Unangemessen lange Kündigungsfristen seien einseitige Vertragsgestaltung zugunsten der Anbieter und Hersteller, die Verhandlungsmacht der Kunden sei sehr gering, heißt es in den Materialien zum Gesetzentwurf.

Das Gesetz soll außerdem die Nutzerfreundlichkeit digitaler Anwendungen stärken, damit mehr Menschen zentrale Anwendungen der TI nutzen. Beispielsweise sollen sich Patienten künftig in der Apotheke identifizieren können, möglicherweise für die E-Rezept-App. Nachdem die Gematik die Verwendung des Videoident-Verfahrens untersagt hat, können sich Versicherte derzeit ausschließlich in einer Filiale ihrer Krankenkasse für die elektronische Patientenakte (ePA) und die E-Rezept-App identifizieren. Dabei werden die Krankenkassen dazu verpflichtet, die elektronische Gesundheitskarten und die zugehörige PIN all ihren Versicherten bis zum 30. Juni 2023 zukommen zu lassen.

Laut KBV-Vorstandsmitglied Thomas Kriedel seien grundlegende Fragen zur "ePA für alle" noch nicht geklärt – etwa welche Teile der Praxisakten in die ePA sollen oder in welchen Abstufungen die Versicherten Einfluss auf ihre ePA nehmen können. Auch KBV-Chef Dr. Andreas Gassen monierte "Ärzte und Psychotherapeuten sollen dann verpflichtet sein, jede existierende ePA auch mit Daten zu füllen". Sofern Patienten nicht explizit widersprechen, könnten diese Daten unter anderem auch zu Forschungszwecke genutzt werden. Mit dem europäischen Gesundheitsdatenraum seien Patientendaten nur noch "einen Schritt von Handelsware" entfernt, so Gassen.

Künftig soll es ein niedrigschwelligeres Authentifizierung- und Anmeldeverfahren geben: Sofern Versicherte Zugriff auf ihre Daten in den digitalen Anwendungen der elektronischen Gesundheitskarte erhalten wollen, könnten sie nach der erstmaligen Authentifizierung auf hohem Sicherheitsniveau ein Anmeldeverfahren mit einem "anderen angemessenen Sicherheitsniveau" auswählen. Dafür müsse der Patient schriftlich oder elektronisch erklären, dass er vom datenschutzrechtlich Verantwortlichen über die Besonderheiten des Verfahrens umfassend informiert wurde. Vom BMG und der Gematik verlange Reinhardt allerdings eine Klarstellung, wer die datenschutzrechtlich verantwortliche Person ist. Aus Sicht der BÄK sei ausgeschlossen, "dass behandelnde Ärztinnen und Ärzte die Rolle des datenschutzrechtlich Verantwortlichen mit den entsprechenden Informations- und Dokumentationspflichten übernehmen".

(mack)