Rheinland-Pfalz will Rasterfahndung und TK-Überwachung ausdehnen

Der Mainzer Ministerrat hat ein neues Polizeigesetz verabschiedet, das die Rasterfahndung, die Telekommunikationsüberwachung und Fristen für den Präventiv-Gewahrsam deutlich ausdehnen soll.

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Das Regierungskabinett in Mainz will die Rechte der Strafverfolger in Rheinland-Pfalz deutlich ausweiten. Der Ministerrat hat den entsprechenden Entwurf des Innenministeriums zur Novellierung des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes gebilligt. In dem mit Begründung gut 150 Seiten starken Papier, das heise online vorliegt, finden sich einige Besonderheiten im deutschen Polizeirecht. So geht die Zielrichtung nicht nur allgemein in Richtung stärkere Überwachung, was nach der Verabschiedung mehrerer Anti-Terrorpakete auf Bundes- und Länderebene nicht neu ist. Starke Geschütze fährt der vom Landeskabinett abgesegnete Entwurf aber auch in Fragen der Bekämpfung noch gar nicht erfolgter Straftaten auf.

So soll etwa der Anwendungsbereich der Rasterfahndung auf die "vorbeugende Bekämpfung von besonders schwerwiegenden Straftaten" ausgedehnt werden. Die Methode, die von Datenschützern als weit reichender Eingriff in die Bürgerrechte kritisiert wird, habe sich "in der jüngsten Vergangenheit als besonders geeignet zur Aufdeckung verdeckt operierender internationaler Terroristen gezeigt", schwärmt Innenminister Walter Zuber. Zumindest in Berlin rechnete die dortige Landesdatenschutzbehörde dagegen jüngst vor, dass die nach dem 11. September durchgeführte Rasterfahndung nichts gebracht habe. In Rheinland-Pfalz hat Friedel Grützmacher, Landtagsvizepräsidentin und Rechtsexpertin der Grünen, ebenfalls "von den Erfolgen nichts mitbekommen". Die Ergebnisse des besonderen Datenabgleichs würden erst im Mai ausgewertet.

Auch die Telekommunikationsüberwachung soll in Rheinland-Pfalz bald schon zu präventiven Zwecken möglich sein. Die Strafverfolger wollen dabei vor allem an sämtliche Verbindungsdaten sowie mit Hilfe des umstrittenen IMSI-Catchers an die Standortdaten von Handys ran. Damit könnte die Polizei in die Lage versetzt werden, den jeweiligen Standort von Suizidgefährdeten zu erkunden, bringt Zuber ein "seltsames Beispiel", wie Grützmacher findet. Paragraph 31 bestimmt zudem pauschal, dass eine in dem Gesetz geregelte "Datenerhebung" genauso "die Inhalte der Kommunikation" erfassen dürfe. Nach Paragraph 88 des Telekommunikationsgesetzes hätten die Betreiber hier Aufzeichnungen vorzunehmen und Auskünfte über Datenbestände zu geben.

Abgerundet wird der Maßnahmenkatalog unter anderem durch eine neue Personenkontrollbefugnis zur Durchführung von Anhalte- und Sichtkontrollen. Ferner sollen Polizeibeamte in Rheinland-Pfalz bald auch "mehrtägige Platzverweise und Rückkehrverbote" aussprechen dürfen. Zuber macht sich mit dem Vorschlag aber etwa auch für die Verlängerung der Frist von 48 Stunden auf sieben Tage stark, in der verdächtige Personen vorsorglich in Gewahrsam gehalten werden dürfen. Dem SPD-Politiker zufolge "reichen die derzeitigen Befugnisse der Polizei und der Ordnungsbehörden zur Gefahrenabwehr nicht mehr aus". Die Bürger seien "vor allen Formen der Alltagskriminalität sowie den neueren Erscheinungsformen der schweren Kriminalität, wie dem internationalen Terrorismus und der organisierten Kriminalität," nicht umfassend geschützt. Die Verschärfung des Polizeigesetzes sei unumgänglich, ja gar "Verfassungspflicht".

Der Gesetzesentwurf findet im Mainzer Landrat nicht bei allen Parteien Rückendeckung, die CDU fordert aber gar noch Verschärfungen. In der mitregierenden FDP gibt es massive Bedenken gegen das neue Gesetz. Doch die Liberalen konnten bislang nicht mehr durchsetzen, als dass die geplanten Anordnungen zumindest unter richterlichen Vorbehalt gestellt wurden. Derartige rechtsstaatliche Grundsätze hatte das Innenministerium in seinem ersten Entwurf glatt übersehen. Die oppositionellen Grünen haben Proteste gegen das Gesetz angemeldet und wollen unter anderem auf eine Erfolgskontrolle bei der Telefonüberwachung dringen. Beobachter schätzen aber, dass trotz noch ausstehender Anhörungen und Abstimmungen der Weg der Vorlage durch den Landtag ohne große Änderungen vorgezeichnet ist. (Stefan Krempl) / (jk)