ChatGPT: Mächtige Waffe in Händen von Skriptkiddies

Skriptkiddies können die ChatGPT-KI zur Erstellung von Malware nutzen. Sicherheitsforscher beobachten erste derartige Versuche im digitalen Untergrund.

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(Bild: everything possible/Shutterstock.com)

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Das künstliche-Intelligenz-Modell ChatGPT der Firma OpenAI kann nicht nur erstaunliche Texte hervorbringen, sondern programmiert auch ganz passabel. Im digitalen Untergrund haben die IT-Sicherheitsforscher von Check Point jetzt beobachtet, wie sogenannte Skriptkiddies, also Nutzerinnen und Nutzer ohne größere Programmierkenntnisse, das KI-Modell zum automatisierten Erstellen etwa von Malware missbrauchen.

Die IT-Forscher haben mehrere Untergrund-Hacking-Foren untersucht und haben dabei erste Gehversuche von Cyberkriminellen aufgespürt, mit der OpenAI-KI bösartige Werkzeuge zu entwickeln. In einigen Fällen zeigte sich zudem, dass die Kriminellen keinerlei Entwickler-Knowhow besaßen. Die ersten Tools seien noch recht einfach, es sei jedoch lediglich eine Frage der Zeit, bis fortgeschrittenere bösartige Akteure die Nutzung von KI-basierten Werkzeugen für ihre Ziele ausweiten.

Die Check-Point-Mitarbeiter haben kurz vor Jahreswechsel einen Diskussionsfaden in einem populären Untergrundforum entdeckt, in dem der Themenstarter erklärte, dass er mit ChatGPT experimentiert, um Malware-Stämme nachzubauen, die in Forschungspublikationen und allgemeinen Schadsoftwarebeschreibungen auftauchten. Als Beispiel habe dieser einen Code-Schnippsel in Python geteilt, der bestimmte Dateitypen suche, sie in einen zufälligen Ordner im Temp-Verzeichnis kopiere, diesen in eine ZIP-Datei verfrachte und schließlich auf einen fest einprogrammierten FTP-Server hochlade.

Der Code-Schnipsel hielt der Prüfung durch die IT-Forscher stand, er lieferte tatsächlich die versprochenen Funktionen ab. Ein weiteres Beispiel der Versuche dieses Cyberkriminellen mündete in einem Java-Schnipsel. Der lädt den SSH-Client PuTTY herunter und startet ihn versteckt im System mit Powershell. Das Skript ließe sich leicht anpassen, beliebige Programme herunterzuladen, einschließlich Malware.

Zwar habe der Themenstarter weitergehende Programmierkenntnisse, seine Beispiele zeigten jedoch, wie auch weniger technisch begabte Individuen ChatGPT für bösartige Zwecke missbrauchen könnten – mit echten Beispielen, die sie umgehend nutzen können.

Nur rund eine Woche davor hatte ein anderer Cyberkrimineller ein Python-Skript gepostet, von dem er angab, dass es das Erste sei, das er jemals erstellt hätte. Auf die Code-Ähnlichkeit mit ChatGPT-Code angesprochen, antwortete er, die OpenAI-KI habe ihm eine "nette [helfende] Hand gereicht, um das Skript mit einem schönen Funktionsumfang anzufertigen". Die Check-Point-Forscher bestätigen, dass das Skript kryptografische Funktionen ausführt und dabei etwa das Signieren, Entschlüsseln und Verschlüsseln unterstützt.

Die IT-Sicherheitsforscher erläutern, dass sich diese Skripte auch für legitime Zwecke nutzen ließen. Sie ließen sich jedoch sehr leicht modifizieren, um etwa das System eines Benutzers vollständig ohne Nutzerinteraktion zu verschlüsseln. Nach dem Beheben einiger Skript- und Syntax-Probleme könnte daraus eine Ransomware entstehen.

Eine weitere Möglichkeit, wie Cyberkriminelle ohne weiterreichende Entwicklerkenntnisse ChatGPT missbrauchen können, ist das Erstellen eines Darknet-Marktplatzes. Es handelt sich dabei um einen Umschlagplatz zum Handeln von illegalen oder gestohlenen Gütern wie erbeuteten Zugangsdaten, Kreditkarteninformationen, Malware oder sogar Drogen und Munition, die allesamt mit Kryptowährungen gezahlt werden. Ein Cyberkrimineller demonstrierte, wie mit ChatGPT erstellter Code eine Dritthersteller-API auf aktuelle Kryptowährungskurse von Bitcoin, Etherium und Monero als Teil des Dark-Web-Bezahlsystems abfragte.

Weitere Diskussionen zum Jahresanfang 2023 drehten sich in den Untergrundforen darum, wie sich mit ChatGPT Betrugsmaschen umsetzen ließen. Viele betrafen etwa das Erstellen von zufälliger Kunst mit DALLE2 und der Verkauf davon auf der Plattform Etsy. Oder das Erstellen von E-Books oder kürzeren Kapiteln über spezielle Themen mit ChatGPT und den Online-Verkauf dieser Inhalte, führen die Check-Point-Forscher weiter aus. Es sei noch zu früh, um einzuschätzen, ob ChatGPT das neue bevorzugte Werkzeug im digitalen Untergrund wird. Es zeige sich jedoch deutliches Interesse der Untergrund-Community daran, auf den KI-Trend aufzuspringen und damit etwa Schadcode zu erzeugen.

(dmk)