Astronomie: Schwarzes Loch verschlingt selben Stern in mehreren Etappen

Einem Forschungsteam ist eine besondere spektakuläre Entdeckung geglückt: Ein Schwarzes Loch, das einem Stern mehrfach Teile entreißt, ohne ihn zu verschlingen.

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(Bild: ESA, CC BY-SA 3.0 IGO)

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Ein Forschungsteam hat mit dem inzwischen deaktivierten Weltraumteleskop eRosita ein Schwarzes Loch entdeckt, das in regelmäßigen Abständen Teile desselben Sterns verschluckt, der diese "Mahlzeiten" aber jeweils überstanden hat. Wie das Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) erläutert, wurde der "spektakuläre" Vorgang bei einer Himmelsdurchmusterung in einer ansonsten unscheinbaren Galaxie in einer Milliarde Lichtjahren Entfernung entdeckt. Immense Röntgenausbrüche würden dort insgesamt dreimal in einem etwa alle 220 Tage wiederholenden Rhythmus beobachtet. Der Stern habe dabei immer nur wenige Prozent der Masse unserer Sonne verloren und die Annäherungen deshalb überstanden.

Die Abfolge der Ereignisse

(Bild: MPE)

Wenn ein Stern dem supermassiven Schwarzen Loch im Zentrum einer Galaxie zu nahe kommt und durch die Gezeitenkräfte zerrissen wird, nennt die Forschung das "Tidal Disruption Event". Sie sind als helle Blitze im UV- und Röntgenspektrum zu beobachten, erklärt das MPE. Weil sie pro Galaxie nur etwa alle 10.000 Jahre auftreten, sind solche Ereignisse auch insgesamt vergleichsweise selten zu beobachten. Wiederkehrende Ausbrüche sind dementsprechend seltener, erst in jüngster Zeit hat man Hinweise darauf entdeckt. In solchen Fällen überleben die Sterne die unvorstellbaren Kräfte und verlieren nur einen Teil ihrer äußeren Schichten. Das Schwarze Loch wird gefüttert, verschlingt aber nicht den ganzen Stern. Über die Beobachtung solcher Fälle könnte das Wachstum solcher Schwarzer Löcher besser erforscht werden.

Gefunden wurde die jetzt vorgestellte Quelle namens J0456-20 bei einer Durchmusterung des gesamten Himmels. eRosita sucht dabei nach veränderlichen Objekten und wurde hier im Februar 2021 fündig. Schon die Beobachtung im Röntgenbereich legt den Schluss nahe, dass es sich um denselben Stern handelt, den es nach und nach zerlegt. Zusätzlich habe man das Phänomen aber mit Antennen in Australien auch im Radiobereich beobachtet und so weitere Merkmale gefunden, die diese Interpretation stützen. Bei weiteren Beobachtungen sollen die physikalischen Prozesse noch genauer erforscht werden. Außerdem handle es sich um ein ideales Labor, "um die Allgemeine Relativitätstheorie in sehr starken Gravitationsfeldern zu testen", ergänzt eRositas Forschungsleiterin Andrea Merloni. Ein Forschungsartikel zu dem Fund ist jetzt im Fachmagazin Astronomy & Astrophysics erschienen.

Das Röntgenteleskop eRosita (extended Roentgen Survey with an Imaging Telescope Array) kann den gesamten Röntgenhimmel mit bisher unerreichter Tiefe kartieren. Seine erste komplette Durchmusterung hatte es Mitte 2020 abgeschlossen. Installiert ist es neben dem russischen Teleskop ART-XC auf der Weltraumsonde Spektrum-Röntgen-Gamma (Spektr-RG). Die Verantwortlichen in Deutschland haben Anfang 2022 als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine entschieden, das Instrument abzuschalten. Seitdem forscht es nicht mehr. Bereits gesammelte Daten werden aber weiter ausgewertet. Mitte November hat eine Überprüfung des Zustands von eRosita begonnen, hatte das MPE mitgeteilt. Wie lange die dauert, ist unklar.

Update

Im Überschrift und Text korrigiert, dass es sich um "denselben" Stern handelt.

(mho)