So will Netflix das Account-Sharing verhindern

Netflix-Geräte müssen bald regelmäßig im Heimnetz angemeldet werden – sonst werden sie gesperrt. So werden auch regelkonforme User in Mitleidenschaft gezogen.

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Poznan,Poland,-,June,21.2021:,Tv,Television,Netflix,Logo,On

(Bild: XanderSt/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.

In einer aktualisierten FAQ klärt Netflix darüber auf, wie künftig das Teilen von Accounts verhindert werden soll. Demnach müssen sich alle Geräte eines Accounts in Zukunft regelmäßig im WLAN- oder LAN-Netzwerk am Hauptstandort anmelden und einen Netflix-Inhalt streamen, um nicht gesperrt zu werden. Mittlerweile hat Netflix den FAQ-Eintrag auf eine vorherige Version zurückgesetzt.

Laut den mittlerweile gelöschten Support-Informationen müsste man sich alle 31 Tage mit Netflix ins Heimnetz einloggen – passiert das nicht, würde das betroffene Gerät gesperrt werden. Das bedeutet auch: Wer Netflix über einen Monat lang etwa nicht auf seinem Handy nutzt, hat plötzlich ein gesperrtes Gerät. Wie sich die Sperre aufheben lässt, geht aus der FAQ nicht eindeutig hervor. Denkbar ist, dass der einmalige Login im heimischen WLAN oder LAN dafür genügt.

Ist man unterwegs, bevor man die Gerätesperre bemerkt, hat man eine zusätzliche Möglichkeit: Auf Reisen kann man einen zeitlich begrenzten Code anfordern, mit dem man Netflix an 7 aufeinanderfolgenden Tagen auch unterwegs benutzen kann. Wie oft und in welchem zeitlichen Abstand solche Codes angefordert werden können, schreibt Netflix nicht. Um einzelne Geräte identifizieren zu können, wertet Netflix IP-Adressen, Geräte-IDs und Kontoaktivitäten aus.

Das Vorgehen von Netflix bedeutet in der Praxis: Wer den Account-Inhaber zumindest einmal im Monat besucht, kann dessen Netflix-Konto zumindest auf mobilen Geräten wie Handys, Tablets und Notebooks verwenden. Schwierig bis unmöglich wird das Account-Sharing derweil auf Fernsehern, die kaum regelmäßig in einen anderen Haushalt transportiert werden können.

Ärgerlich könnte das Vorgehen auch für User werden, die Netflix ganz regelkonform alleine benutzen – sie müssen Netflix künftig auf allen ihren Geräten regelmäßig benutzen, um sich nicht mit Gerätesperren herumschlagen zu müssen. Wer Netflix beispielsweise üblicherweise auf dem Fernseher benutzt und nach einigen Monaten mit seinem Tablet verreist, muss sich vor der Reise unbedingt mit dem Gerät im heimischen WLAN anmelden und kurz streamen. Andernfalls verreist man möglicherweise mit einem gesperrten Gerät, das per Code nur sieben Tage lang entsperrt werden kann.

Netflix hatte in mehreren Ländern in Lateinamerika noch weitere Zugeständnisse bei Reisen geprobt. Getestet wurde etwa, dass man Netflix einmal pro Jahr und Ort auch außerhalb des eigenen Zuhauses für zwei Wochen auf einem Fernseher schauen kann. Wie diese Regelungen und Ausnahmen final implementiert werden, ist noch offen. Auch ob und wie sich private VPN-Tunnel einsetzen lassen, um die Netflix-Einschränkungen zu umgehen, bleibt abzuwarten. Viele Router, etwa AVMs Fritzboxen, bringen die nötigen Bordmittel mit, um solche VPN-Tunnel ohne Kosten einzurichten. Theoretisch könnte Netflix aber mit DNS-Anfragen die VPN-Verbindungen auffliegen lassen und Geräte trotzdem sperren.

Netflix will kostenloses Account-Sharing bald einschränken, der genaue Zeitraum ist aber noch offen. In einem kürzlichen Gespräch mit Investoren sagte CEO Greg Peters, man sei ab diesem Quartal bereit, die Änderungen umzusetzen. In verschiedenen Ländern wolle man aber gestaffelt vorgehen. "Das wird alles in den nächsten paar Quartalen passieren", sagte Peters lediglich. Allerdings geht Netflix auf mögliche Bedenken von Anlegern ein, das Vorgehen gegen geteilte Accounts könne zu einer Kündigungswelle führen. Die Tests in Lateinamerika hätten gezeigt, dass eine solche "Cancel Reaction" tatsächlich zu erwarten ist, schreibt Netflix.

Trotzdem erwarte man einen Umsatzzuwachs dadurch, dass ehemalige Mitnutzer schließlich eigene Abonnements abschließen. Ein solches Muster habe man in Lateinamerika bereits beobachten können – Anleger sollten sich daher von anfänglich negativen Nachrichten nicht beunruhigen lassen, argumentiert der Streamingdienst. Laut Netflix zahlen mehr als 100 Millionen Haushalte nicht für Netflix, weil sie Accounts anderer Haushalte mitbenutzen. Künftig soll es in "vielen Ländern" möglich sein, Personen außerhalb des eigenen Haushalts gegen eine Zusatzzahlung weiter mitzuversorgen.

Update

Netflix hat seine FAQ seit Veröffentlichung des Artikels ohne Begründung auf eine vorherige Version zurückgesetzt.

Eine englischsprachige Version des Support-Eintrags, auf den sich die obrige Berichterstattung bezieht, ist noch im Internet-Archiv abrufbar.

(dahe)