FAQ zu Mastodon: Das meiste aus der Twitter-Alternative herausholen

Das Wachstum bei Mastodon ist langsamer geworden, aber auf der Plattform ist es nicht still geworden. Wir erklären, wie Sie sich den Dienst zunutze machen.

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(Bild: Tada Images/Shutterstock.com)

Lesezeit: 14 Min.

Seit Elon Musk Twitter übernommen hat, suchen viele nach einer Alternative für den Kurznachrichtendienst. Besonders profitiert hat davon Mastodon mit inzwischen fast 10 Millionen Nutzern und Nutzerinnen. Während der große Zustrom zwar versiegt ist, sind viele der Gewechselten und auch die Alteingesessenen weiter aktiv. Sichtbar gewachsen ist außerdem das Interesse von Entwicklern und Entwicklerinnen, weswegen es andauernd neue Apps und Dienste gibt, um die Plattform zu nutzen. Vor allem der Einstieg ins Netzwerk ist aber weiterhin schwierig, auch weil die Algorithmen fehlen, die auf Twitter & Co. dafür sorgen, dass immer irgendetwas in die Timeline gespült wird. Zeit für ein paar Antworten zu den Fragen, die sich vor und nach dem Einstieg früher oder später stellen.

Wie kann ich Mastodon anpassen?

Die Weboberfläche von Mastodon bietet zwei stark voneinander abweichende Modi. Während es im Standardmodus nur eine Spalte gibt und dort je nach Auswahl die Timeline, die Benachrichtigungen, beliebte Beiträge oder anderes aufgelistet werden, erlaubt die "Fortgeschrittene Benutzeroberfläche" deutlich mehr Personalisierung. Die lässt sich in den Einstellungen unter Erscheinungsbild aktivieren. Ähnlich wie bei der Twitter-Erweiterung Tweetdeck lassen sich dann mehrere Spalten nebeneinander anpinnen, um beispielsweise auf 4K-Bildschirmen die Inhalte von Listen, die Beiträge mit bestimmten Hashtags oder einzelne Timelines gleichzeitig auf den Bildschirm zu bekommen. Die einzelnen Spalten lassen sich über teils umfangreiche Einstellungen noch weiter personalisieren, sodass etwa nur die Antworten auf eigene Beiträge angezeigt werden.

Mit der "Fortgeschrittenen Benutzeroberfläche" bekommt man auch einen Widescreen-Monitor voll.

(Bild: Screenshot)

Noch einmal individueller können Sie Mastodon mit einer der verschiedenen Apps benutzen. Die gibt es nicht nur für die Mobilbetriebssysteme Android und iOS, sondern auch für macOS, Linux und Windows. Einige davon lassen sich auch direkt im Browser ausprobieren, andere laufen ausschließlich dort. Während etwa Sengi die Spaltenansicht noch einmal erweitert und es ermöglicht, Spalten verschiedener Accounts nebeneinanderzusetzen, ahmen andere die Anmutung von Twitter noch stärker nach, als Mastodon das tut. Beliebt ist etwa Pinafore, die Webanwendung setzt auf Geschwindigkeit und eine einfache Bedienung. Eine Liste älterer Anwendungen gibt es bei Mastodon, andere wie Mastodeck oder das ansehnliche Elk werden teils manchmal erst seit wenigen Wochen entwickelt.

Wer Mastodon auf dem Smartphone benutzen will, sollte dafür nicht die offizielle App benutzen. Andere sehen nicht nur hübscher aus, sondern bieten mehr Funktionen. So können Sie etwa unter Tusky einen Veröffentlichungszeitpunkt einstellen, FediLab ermöglicht es, die lokale Timeline einer anderen Instanz oben anzupinnen. Viele Apps werden gerade neu entwickelt, von Twitter bekannte Anbieter arbeiten aktuell unter Hochdruck an Alternativen. Es lohnt sich durchaus, mehrere auszuprobieren und immer mal wieder nach Neuigkeiten Ausschau zu halten.

Größer sind die Abweichungen verschiedener Mastodon-Alternativen, die über das Fediverse miteinander verknüpft sind. Das reicht von Forks mit geringfügigen Abweichungen wie Hometown über größere Unterschiede bei ganz anderen Diensten. Dienste wie Pleroma und das noch ganz frische Calckey haben nicht nur mehr beziehungsweise andere Funktionen, teilweise sehen sie einfach viel hübscher aus. Verfügbar sind außerdem zu Mastodon kompatible Alternativen für Facebook und Instagram. Über das Protokoll ActitivyPub sind sie alle verbunden und die Accounts können miteinander interagieren.

Wie bekomme ich eine volle Timeline?

Wer neu auf Mastodon ist, wird dort zumeist von einer leeren Timeline begrüßt. Im besten Fall gibt es auf der ausgesuchten Instanz eine Liste beliebter Accounts, die ist aber nicht personalisiert. Damit es sich etwas füllt, müssen Sie aktiv werden. Wer von Twitter kommt, kann nur noch wenige Tage mit Werkzeugen wie Fedifinder, Movetodon und Debirdify automatisch suchen lassen, wer von den dort Gefolgten bei Mastodon unterwegs ist. Die so ermittelte Liste kann importiert werden und ist ein guter Ausgangspunkt. Als Nächstes biete es sich an, mit dem Werkzeug Followgraph zu ermitteln, welchen Accounts besonders viele folgen, denen man selbst folgt. Je nach Interesse kann man denen dann selbst folgen. Das Tool bietet sich auch später immer wieder an, um die Fühler weiter auszustrecken.

Um darüber hinaus Accounts zu finden, bei denen sich ein Klick auf "Folgen" lohnen könnte, bieten sich verschiedene Listen an, die online gepflegt werden. So sind etwa auf Mastodir über 1700 vorwiegend deutschsprachige Profile verzeichnet, sortiert nach Themenbereichen. Ähnliches gibt es unter anderem auch für die englischsprachigen Accounts auf Mastodon. Im Netzwerk selbst gibt es außerdem Accounts, die regelmäßig Folgeempfehlungen teilen. Schließlich kann man auch die Profilverzeichnisse von Instanzen durchforsten, auf denen man sich nicht anmelden kann oder darf. So finden sich etwa auf der von Medium.com Autoren und Autorinnen, bei social.heise.de Magazine und Angestellte von Heise oder bei journa.host Journalisten und Journalistinnen aus aller Welt. Folgen Sie erst einmal vielen Accounts, können Sie die in Listen einsortieren, dabei hilft dann der "Mastodon List Manager".

Wie verifiziere ich meinen Account?

Ein verifiziertes Profil auf Mastodon

Auf Twitter ist der blaue Haken zur Verifizierung eines Accounts zu großen Streitthema geworden und inzwischen lassen sich Accounts gegen Bezahlung damit schmücken – als Verifizierung funktioniert er seitdem aber nicht mehr. Auf Mastodon kann man sich das blaue Häkchen einfach selbst in den Accountnamen eintragen, die Verifizierung läuft hier aber anders: In den Einstellungen können URLs zu Webseiten hinterlegt werden, etwa der persönlichen Homepage. Findet Mastodon dort einen Link, der zurück auf den Mastodon-Account verweist und den Parameter rel="me" enthält, wird der Link auf der Profilseite grün hinterlegt. So können Sie die eigene Identität etwa über die eigene Homepage, eine Profilseite des Arbeitgebers oder gar ein anders verifiziertes Mastodon-Profil beweisen.

Wie finde ich Inhalte auf Mastodon?

Bei wenigen Aspekten fühlt sich Mastodon für die Neuen so ungewohnt und unfertig an wie bei der Suche. Mastodon selbst ermöglicht nur die Suche nach bestimmten Hashtags oder je nach Einstellung der Instanz die Suche in eigenen Inhalten. Mehr unterstützt die Plattform explizit nicht, um das "Risiko von Missbrauch" zu verringern. Aber auch die Suche nach einem Hashtag liefert unterschiedliche Ergebnisse, je nach Instanz, auf der sie ausgeführt wird. Da alle Beiträge auf Tausenden Instanzen verteilt liegen und die Plattform explizit so gestaltet wurde, dass Inhalte nicht so leicht viral gehen können wie etwa auf Facebook, gibt es kein zentrales Verzeichnis.

Dass sich die Trefferlisten für gesuchte Hashtags je nach Instanz unterschiedlich aussehen, liegt daran, dass die nicht ausnahmslos alle Inhalte indiziert haben, sondern nur solche von Instanzen, zu denen eine Verknüpfung besteht – etwa weil Account auf ihr einem Account auf einer anderen Instanz folgt. In der Praxis hat das zur Folge, dass eine Suche nach einem Hashtag wie #Germany auf mastodon.social andere Ergebnisse liefert, als etwa auf troet.cafe. Durchsucht wird jeweils die lokale Datenbank, nicht Mastodon an sich.

Da das ungewohnte Verhalten vor allem von den Machern und den Alteingesessenen explizit so gewünscht ist, kann nicht abgeschätzt werden, inwieweit sich daran einmal etwas ändern wird. Vor allem viele neu Hinzugekommene möchten sich mit dem Zustand nicht zufriedengeben und es werden immer wieder Vorschläge für eine hilfreichere Suche formuliert. Vorstellbar wäre etwa, dass Accounts einer Indizierung für eine mächtigere Suche explizit zustimmen können. Wer will, dass eigene Inhalte gefunden werden können, hätte dann die Möglichkeit dazu, während sich für den Rest nichts ändert.

Wie wichtig sind Hashtags?

Die Ausführungen zur Suche machen deutlich, wie wichtig die von Twitter bekannten Hashtags auf Mastodon sind. Ohne eine passende Verschlagwortung von Beiträgen sind diese praktisch nicht zu finden und werden meist nicht weiter über die eigenen Follower hinaus gesehen. Wer gesehen werden will, braucht also gute Hashtags. Die Hashtag-Sammlungen von Instagram haben sich aber bislang nicht etabliert.

Wie interagiere ich mit anderen Instanzen?

Trotz dieses ungewohnten Verhaltens ist die Benutzung von Mastodon in der jeweiligen Oberfläche viel problemloser, als es den Anschein hat. Wer darin auf Inhalte stößt, kann damit so interagieren, wie man es erwarten würde. Das geht unabhängig davon, von welcher Instanz sie kommen. Beiträge können unabhängig von der Herkunft geteilt und kommentiert werden, Accounts kann man direkt folgen. Schwieriger wird es erst wieder, wenn man auf anderem Weg, etwa zu einem Beitrag im Mastodon-Netz stößt. Das kann zum Beispiel passieren, wenn man über einen Link auf einer Homepage auf ein Profil stößt, dem man folgen will.

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Liegt dieses nicht auf der eigenen Instanz, braucht es zumeist ein paar Schritte mehr, so kann man die URL kopieren und auf der eigenen Oberfläche danach suchen. Sehr hilfreich sind hier Browser-Addons, die eine direkte Interaktion ermöglichen. Für Firefox und Chrome gibt es unter anderem FediAct. Kennt das Add-on die eigene Instanz, kann man damit auch ganz woanders den Folgen-Knopf drücken und die umständlichen Extra-Klicks sind nicht nötig. Es ist davon auszugehen, dass es angesichts des gewachsenen Interesses an Mastodon und der Offenheit für externe Werkzeuge immer mehr solcher Tools geben wird. FediAct beispielsweise wird erst seit November entwickelt.

Welche Unterschiede gibt es zwischen den Instanzen, wie schwierig ist ein Umzug?

Wenn es um Unterschiede zwischen den Mastodon-Instanzen geht, wird zumeist nur auf die sogenannten Lokale Timeline verwiesen, also die chronologische Ansicht aller auf dieser Instanz publizierten Beiträge. Je nach Ausrichtung der Instanz können die thematisch zueinander passen oder komplett durcheinander sein. Für die meisten dürfte diese Auflistung aber nicht interessant sein, wichtigere Unterschiede gibt es anderswo. Größere Instanzen haben mehr Inhalte indiziert, hier liefert die Suche also mehr Treffer. Gleichzeitig ächzen die seit dem jüngsten Ansturm aber oft unter dem Nutzerwachstum, was man bei der Benutzung durchaus merken kann.

Kleinere Instanzen haben dieses Problem weniger, gleichzeitig ist darauf einfach weniger los. Dafür können Sie hier schon mal direkt mit dem Betreiber oder der Betreiberin kommunizieren und etwa bestimmte Funktionen erbitten. So liegt es in deren Ermessen, wie viele Zeichen die Beiträge haben können. Auch ermöglichen es einige Instanzen, Beiträge nachträglich zu bearbeiten, bei anderen lassen sie sich nur löschen und neu erstellen.

Ein umgezogener Account

Vor dem Einstieg in Mastodon müssen Sie auf die Auswahl der Instanz aber nicht zu viele Gedanken verschwenden. Der Umzug ist vergleichsweise einfach, das Netzwerk erlaubt es zum Beispiel, die eigenen Follower mitzunehmen. Die werden dann nicht einfach auf den neuen Account weitergeleitet, sondern ihre Instanz wird über den neuen Zielort informiert und sie folgen dann nur noch dem neuen Account. Listen, Lesezeichen und die Accounts, denen Sie folgen, können Sie exportieren und dann importieren. Nur die alten Beiträge verbleiben am originalen Ort. Als der Mastodon-Account von heise online auf die hauseigene Instanz umgezogen ist, wurden die über 40.000 Follower im Verlauf eines Wochenendes größtenteils mitgenommen.

Wie kann ich die Sichtbarkeit meiner Beiträge anpassen?

Für Beiträge auf Mastodon gibt es verschiedene Optionen bezüglich ihrer Sichtbarkeit. "Öffentlich" heißt genau das, die Beiträge sind für jeden sichtbar und können auch über die Suche gefunden werden – mit den beschriebenen Einschränkungen. "Nicht gelistete" Beiträge sind zwar ebenfalls für alle sichtbar, erscheinen aber nicht in Timelines und werden auch von der Suche nicht gefunden. "Nur Follower" werden lediglich genau denen angezeigt.

Die verschiedenen Optionen

Besonders ungewohnt ist "Nur erwähnte Profile", quasi die Direktnachrichten auf Mastodon. Die können nur von den Profilen gesehen werden, die im Beitrag erwähnt werden und sind damit durchaus privat. Sobald aber ein weiteres Profil hinzugefügt wird, kann der Account die Nachrichten ebenfalls sehen. Das ist irritierend und es hilft auch nicht, dass die Beiträge zwischen den öffentlichen in der eigenen Timeline auftauchen. Das sorgt immer wieder für Schrecksekunden. Die Kritik daran ist entsprechend groß und es wäre nicht überraschend, wenn Mastodon den Umgang mit diesen Nachrichten in Zukunft ändert.

Wohin steuert Mastodon?

Wie es mit Mastodon weitergeht, lässt sich aktuell nicht abschätzen. In den vergangenen Wochen und Monaten hat sich gezeigt, dass das Wachstum immer wieder zugenommen hat, wenn auf Twitter umstrittene Maßnahmen umgesetzt wurden. Ein Flaschenhals war lange die geringe Zahl der Instanzen, auf denen überhaupt ein Account angelegt werden konnte. Das hat sich auch mit dem gesunkenen Interesse gelegt. Vor allem Mozillas angekündigte Vertretung im Fediverse dürfte aber noch einmal viele Menschen auf Mastodon bringen. Woran Mastodon selbst arbeitet, ist auf einer Roadmap einsehbar, der Entwickler Eugen Rochko bekommt inzwischen auch genug Geld, um Angestellte einzustellen. Auf die Kritik an der zugrundeliegenden Technik ist er noch nicht eingegangen. Derweil wird massiv an anderen Projekten inner- und außerhalb von Mastodon – aber immer im Fediverse – gearbeitet, als Hürde wurde unter anderem der schwierige Einstieg ausgemacht. Ziel sind deshalb oft Prozesse, damit sich die Neuen leichter zurechtfinden.

Aktuell sieht es nicht so aus, als würde es auf Mastodon bald wieder so ruhig werden wie vor Elon Musks Twitter-Übernahme, aber auch der ganze große Ansturm ist ausgeblieben. Noch bilden sich viele auf einen angeblich netteren Umgangston auf Mastodon etwas ein, auch hier muss sich zeigen, wie es mit deutlich mehr Accounts sein wird. Verbreitet ist bislang die Euphorie, die man von neuen oder zumindest stark wachsenden Projekten kennt. Abzuwarten bleibt, wie Mastodon auf die ersten großen Skandale reagiert, die nicht ausbleiben werden. Etwa, wenn eine Sicherheitslücke ausgenutzt wird oder irgendwo Daten abgegriffen werden. Auch die Debatten über die weitere Ausrichtung von Mastodon bleiben spannend, hier treffen immer wieder die Alteingesessenen auf die von Twitter Geflohenen. Gleichzeitig bleibt Mastodon aber auch nur ein Teil des Fediverse, möglich – wenn auch aktuell nur schwer vorstellbar – ist deshalb, dass der Dienst von anderen dort überflügelt wird.

(mho)