c't 3003: Warum Satelliteninternet total praktisch ist (und gefährlich)

Das iPhone 14 kann bereits mit Satelliten kommunizieren. Wie ist das bei Android-Smartphones? c't 3003 klärt den Stand der Satellitentechnik.

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Lesezeit: 15 Min.
Von
  • Jan-Keno Janssen

Klar, Satelliten-Telefone gibts schon ewig, aber das war immer eine teure Nischenanwendung. Nun geht es mit Volldampf Richtung Mainstream.

(Hinweis: Es handelt sich hier um einen Bonusinhalt für Menschen, die das Video oben nicht schauen können oder wollen. Die Informationen auf der Bildspur gibt das Transkript nicht wieder.)

Manche Ideen sind ja eher so Hype und manche wirklich das nächste große Ding, das alles verändern wird. Also zumindest in der Theorie. Doch manchmal ist das gar nicht so leicht auseinander zu halten. Zum Beispiel, wenn euer Smartphone auf einmal mit Satelliten kommuniziert. In diesem Video zeige ich euch, was da an Sachen Satelliten-Internet jetzt eigentlich der aktuelle Stand ist, welche Handys was können und mit dem iPhone 14 haben wir das auch ganz konkret ausprobiert. Also versucht, über Satelliten einen Notruf abzusenden.

Bleibt dran!

Liebe Hackerinnen, liebe Internet-Surfer, herzlich willkommen hier bei...

Wenn es um Satelliten und Telefone geht, dann klingt das erstmal ziemlich weit weg. Ist auch kein Wunder, in der Vergangenheit war das so, wenn mobile Geräte irgendwas mit Satelliten zu tun hatten, dann waren das meistens so ganz klobige, obskure Geräte mit komischen Antennen obendrauf.

Und dann am besten noch mit so einem super Spezial-Satelliten-Vertrag. Also zum Beispiel im Iridium-Satelliten-Netz kostet ein Monatsvertrag mit läppischem 10 Minuten Gesprächszeit 75 Euro.

Ich meine, das ist natürlich super, dass man theoretisch überall auf der Welt telefonieren kann und wenn man zufällig gerade den Atlantik durchquert oder irgendwo im Dschungel eine Maya-Stadt ausgräbt, ist das bestimmt eine super Sache. Aber so normal im Alltag bringt das ja eigentlich eher nichts.

Oder?

Tja, genau das scheint sich gerade zu ändern. Und wirklich spannend ist, dass an der ganzen Satellitentechnik so einiges dranhängt, was man zuerst vielleicht gar nicht auf dem Schirm hat. Ok, erstmal ein bisschen Raketenwissenschaft.

Wie funktioniert das überhaupt mit dem Internet aus dem Weltraum? Also grob gesagt gibt es mindestens zwei verschiedene Arten von Kommunikationssatelliten.

Einmal gibt es geostationäre Satelliten, das ist praktisch die Oldschool-Variante. Solche Satelliten stehen immer über der gleichen Region auf der Erde und das in ungefähr 40.000 Kilometern Höhe. Und so kann ein einziger Satellit ein ganzes Land abdecken. Das ist natürlich super, wenn es zum Beispiel um sowas wie Fernsehen geht, wenn ihr also keinen Rückkanal braucht. Sobald ihr aber Internet übertragen wollt, habt ihr ja so eine riesige Latenz.

Eure Daten müssen ja erstmal hoch in die Umlaufbahn, da dann verarbeitet und weitergeleitet werden und das klappt dann meistens irgendwie, aber halt deutlich langsamer als mit einem normalen DSL-Internetanschluss. Viel besser geeignet für Internetdaten sind umlaufende Satelliten im Low Earth Orbit, also in einem niedrigen Erdorbit, irgendwo zwischen 200 und 2000 Kilometern Höhe. Nur könnt ihr aus so einer Entfernung eben nicht mit einem Satelliten ein ganzes Land abdecken, auch nicht mit zwei oder fünfzig. Stattdessen ist eine ganze Flotte im Orbit unterwegs, man spricht dann von einer Satellitenkonstellation.

Denn das muss man sagen, Datenübertragung via Satellit funktioniert, zumindest aktuell, nur dann, wenn ihr eine direkte Blickachse zum Satelliten habt. Dicke Wolken oder sowas Verrücktes wie Bäume können da schon für Probleme sorgen. Daher sollten im Idealfall gleich mehrere Satelliten über euch schweben, damit ihr euch mit mindestens einem stabil verbinden könnt. Die sind dann auch noch miteinander vernetzt, sodass eure Daten von Satellit zu Satellit immer auf dem schnellsten Weg die passende Bodenstation erreichen. Solche umlaufenden Satelliten sind mal mehr, mal weniger hoch unterwegs und damit ihr euch das besser vorstellen könnt, ein Anbieter für Telefonen und Internet via Satellit ist ja Iridium.

Die brauchen aktuell nur 66 Satelliten auf etwa 780 Kilometern Höhe, um die ganze Welt abzudecken. Wegen der Weltraum-Faustregel, je mehr Satelliten und je tiefer, desto besser, kann es dann aber schon mal passieren, dass eure Verbindung zwischendurch abreißt.

Besonders niedrig schweben die Satelliten von Starlink. Die sind nur ungefähr 550 Kilometer vom Erdboden entfernt und deshalb sind schon jetzt über 3.300 Starlink-Satelliten da oben geplant, sind mehrere Zehntausend Stück. Und das ist schon krass, wenn man bedenkt, dass aktuell insgesamt nur etwa 7000 Satelliten im Erdorbit aktiv sind.

Dafür kriegt man mit Starlink geschmeidige 25 bis 35 Millisekunden Latenz und da sind wir dann schon ziemlich nah dran an normalem DSL oder Kabelnetz oder LTE und da das offensichtlich ziemlich praktisch ist, arbeiten gerade mehrere Unternehmen an Angeboten, die ganz ähnlich funktionieren sollen.

Einmal hat Amazon Project Kuiper angekündigt, für das in diesem Jahr die ersten Test-Satelliten starten sollen. Etwas weiter ist das britische Unternehmen OneWeb.

Das war zwischendurch zwar mal kurz insolvent, gehört jetzt aber zu Eutelsat und hat schon über 450 Satelliten in die Umlaufbahn geballert. Long story short, kein Wunder, dass in den letzten vier Jahren so viele Satelliten gestartet sind wie niemals zuvor. Tendenz steigend.

Okay, aber was hat das jetzt alles mit eurem Smartphone zu tun?

Naja, letzten Sommer hat T-Mobile in den USA den Service Above and Beyond vorgestellt, der in absehbarer Zeit an den Start gehen könnte. Normalerweise klingt das erst mal klassisch nach PR, denn zu testen gibt es noch nichts. Außerdem müssen für diese Funktion erst mal völlig neue Starlink-Satelliten der nächsten Generation gestartet werden.

Wann das passiert, weiß man noch nicht. Also erst mal abwarten, ob und wann das wirklich kommt. Spannend ist das aber trotzdem, denn für die Nutzung dieses Angebots braucht ihr absolut nichts, außer einem ganz normalen handelsüblichen Smartphone. Ja, auch das Smartphone, das ihr jetzt in der Tasche habt, könnte damit theoretisch überall online gehen. Möglich machen das spezielle Antennen an den Starlink-Satelliten der nächsten Generation. Die können dann praktisch wie ein ganz normaler Handy-Mast direkt mit eurem Smartphone kommunizieren. Die Infrastruktur im All tritt also in direkte Konkurrenz mit eurem nächsten Handy-Mast.

Bis dahin muss aber noch einiges passieren.

Projekte wie das von T-Mobile sind auch erst mal gar nicht als vollwertiger Internetersatz gedacht. Stattdessen soll euer Smartphone dann, wenn es kein Netz findet, automatisch auf den Satelliten wechseln, mit dem ihr dann immerhin zum Beispiel Textnachrichten empfangen und senden könnt. Konkret geht es da erst mal um Datenraten von etwa 2-4 MBit pro Sekunde. Zocken ist also erst mal nicht.Trotzdem wird so langsam ein Schuh aus der ganzen Internet-via-Satellit-Geschichte.

So sehr, dass mit Apple und Qualcomm zwei der wichtigsten Konzerne rund um Smartphones auch mit dabei sind.

Mit dem iPhone 14, mit und ohne Pro könnt ihr schon jetzt Emergency-SOS benutzen. Und das ist eine Funktion, mit der ihr im Notfall auch irgendwo im Nichts, wo es kein Handynetz gibt, Hilfe rufen könnt. Ja, und eigentlich ist 3003 ja mehr Praxis als Theorie. Und deswegen wollte ich jetzt mit dem Fahrrad zu so einem Funkloch fahren, mit einem iPhone 14. Ja, und wollte die Satelliten-Notruffunktion ausprobieren. Leider war ich zu blöd, meine eigene Hausnummer aufzuschreiben und habe deswegen bei Apple mit einer falschen Adresse das Leihgerät angefordert. Und habe es deswegen nicht rechtzeitig bekommen.

Ja, jetzt muss ich mir also was anderes überlegen und habe Leo Becker von Mac&I gefragt. Der hat nämlich schon ein Video dazu gemacht zum Thema, der ist schon mal ausprobiert mit den Satelliten. Und jetzt zeige ich euch einfach das. Danke, Leo.

Apple benutzt dafür übrigens das Netzwerk von GlobalStar, das ähnlich funktioniert wie die Iridium-Satelliten. GlobalStar hat, Stand heute, übrigens 24 Satelliten da oben laufen. Iridium 66 und 9 Ersatzsatelliten. Da davon natürlich nicht immer ein Satellit direkt in Reichweite ist, müsst ihr im Notfall erstmal mit so ruhigen Armbewegungen unter freiem Himmel eine Verbindung aufbauen.

Das kann schon mal ein paar Momente dauern, aber das iPhone leitet euch da recht intuitiv durch den Prozess. Sobald die Verbindung steht, wird euer Notruf inklusive Standort als Text abgesetzt. Und wenn die nächstgelegene Leitstelle die Technik beherrscht, geht der Text direkt dahin. Ansonsten nimmt der Notruf einen Umweg über Apple.

Außerdem könnt ihr noch einstellen, dass eurem iPhone hinterlegte Notfall-Kontaktperson auch eine SMS bekommt.

Und das klingt futuristisch, ist aber gar keine so neue Erfindung.

Auch Garmin zum Beispiel bietet für seine Outdoor-GPS-Geräte den Service InReach an, mit dem ihr schon seit 2017 Notruf über die Satelliten von Iridium absetzen könnt.

Nur, dass ihr für dieses Feature ein eigenes Abo und ein spezielles GPS-Gerät braucht. Bei Apple ist das Ganze die ersten beiden Jahre kostenlos und wie viel es danach kostet, wurde bislang nicht kommuniziert. Auf alle Fälle hat es Apple damit geschafft, die Funktion als Erstes in den Massenmarkt zu bringen.

Aber Qualcomm kommt jetzt auch ins Spiel. Das sind die mit den Snapdragon-Mobilprozessoren, die in knapp einem Drittel aller weltweit verkauften Smartphones stecken.

Also durchaus auch eine Hausnummer. Und die haben auch angekündigt, bald ein ähnliches Feature anzubieten. Snapdragon Satellite setzt auf die Iridium-Satelliten und soll in etwa so funktionieren wie das Angebot von Apple. Allerdings soll man das Ganze nicht nur für Notrufe verwenden können, sondern auch für normale Textnachrichten.

Ob allerdings so Standard-Messenger wie Signal oder WhatsApp unterstützt werden, das würden wir mal bezweifeln. Wie das Ganze konkret funktionieren wird, bleibt erstmal nebulös. Und frühestens Ende diesen Jahres können die ersten Android-Smartphones mit dieser Satellitenfunktechnik herauskommen. Dann aber wohl nur die mit den teuersten Qualcomm-Prozessoren. In vielen günstigen Smartphones stecken dagegen Chips von MediaTek. Und auch dieser Hersteller ist da schon am Thema dran. Zusammen mit der Bullet Group nutzen sie das Inmarsat-Satellitennetz mit 13 geostationären Satelliten. Und auch MediaTek will wie Qualcomm mehr Funktionen bieten als nur Notrufe.

Unser Ausblick: Man braucht nicht so viel Fantasie, um sich vorzustellen, was für Folgen das alles haben könnte. Wenn Satelliten leistungsfähiger werden, es bessere Antennen, schnellere Chips und zackigere Software gibt, dann könnte früher oder später die Verbindung via Satellit mindestens genauso stabil und schnell sein, wie das Handy-Netz oder euer DSL-Anschluss. Allerdings ist Kabelverlegen im Weltall aufwendiger und teurer als auf der Erde.

Man muss ja die Satelliten nicht nur irgendwie ins All kriegen und genau ausrichten, sondern die Teile müssen auch 75-mal am Tag Ausweichmanöver machen, um nicht irgendwo gegenzudotzen. Und man muss die Satelliten auch immer wieder erneuern. Die ersten GlobalStar-Modelle waren zum Beispiel nur auf 7,5 Jahre ausgelegt. Man hat also jede Menge Stress und gigantische laufende Kosten.

Da ist das schon praktisch, wenn man der bis vor kurzem reichste Mensch der Welt ist und zufällig auch noch eine eigene Raketenfirma hat. Am Beispiel von OneWeb sieht man ja auch, dass nicht jedes Unternehmen das Ganze mal eben entspannt durchziehen kann.

Und natürlich kann man das Ganze super positiv sehen. Immerhin gibt es auch hier in Europa viele ländliche Regionen, in denen das nicht so gut klappt mit dem Breitbandausbau. Und da freuen sich die Leute natürlich, wenn es plötzlich schnelles Internet gibt. Das ist immerhin nicht nur wichtig für die Meme-Versorgung, sondern auch für viele kleine Betriebe, die sonst gar nicht richtig arbeiten können.

Denn ja, man vergisst das schnell, wenn man selbst in der Stadt wohnt, aber mal eben im Homeoffice coden und designen oder sonst was und die Ergebnisse dann einfach hochladen irgendwo. Das geht an manchen Orten einfach nicht. Auch hier mitten in Europa im Jahr 2023. Und in anderen Ländern ist das manchmal sogar noch ein größeres Problem. Wenn das Ganze auch nur mit dem Smartphone klappt, dann gibt es natürlich noch mehr Vorteile. Gerade in Notfällen ist das ja super, wenn man auch dann kommunizieren kann, wenn der Handymast um die Ecke überlastet ist oder vom Baum umgehauen wurde. Und rein theoretisch wäre es natürlich genauso super, wenn man global auf schnell ist und gehen wir mal davon aus, unzensiertes Internet zugreifen könnte. Ernsthaft, das ist ja eine riesige Chance, um weltweit freies Internet anzubieten.

Aber was ist, wenn wir das als Menschheit an dieser Stelle einfach mal vermasseln?

Man kann sich ja schon darüber streiten, ob das so eine gute Idee ist, wenn einige der größten und finanzstärksten privaten Konzerne der Welt plötzlich eine alternative Internetinfrastruktur aufbauen. Zumindest ich habe da ein paar Fragen.

Was hat das für Folgen, wenn mein Internetzugang von einem Unternehmen aus einem anderen Land kontrolliert wird, wo ja vielleicht auch andere Gesetze gelten?

Wie sieht das rechtlich aus? Und was, wenn einige Länder gar keine Lust haben auf freies Internet für alle?

Machen die dann einfach ein eigenes Internet auf, so als Paralleluniversum?

Gibt es dann irgendwann 100.000 Internet-Satelliten, weil jedes Land ein eigenes Netzwerk aufbauen will oder am besten gleich mehrere? Und vor allem, wer sorgt überhaupt für sowas wie Netzneutralität? Wenn ich zum Beispiel kritisch über Elon Musk berichte, werden meine Inhalte dann genauso behandelt, wie andere oder muss ich dafür dann bei Elon ein besonderes Abo abschließen?

Versteht mich absolut nicht falsch. Wir lieben hier bei c't natürlich neue Technik und haben total Bock, das alles auszuprobieren. Aber manchmal ist es auch wirklich nicht schlecht, parallel mit der Technik-Begeisterung sich mal ein paar Gedanken vorher zu machen. Oder? Tschüss.


c't 3003 ist der YouTube-Channel von c't. Die Videos auf c’t 3003 sind eigenständige Inhalte und unabhängig von den Artikeln im c’t magazin. Redakteur Jan-Keno Janssen und die Video-Producer Şahin Erengil und Pascal Schewe veröffentlichen jede Woche ein Video.

(jkj)