Microsoft rüstet Bing und Edge mit KI auf

Microsoft Suchmaschine und Browser erhalten KI samt Chat und Textgenerator. Es ist noch kein fertiges Produkt und noch nicht für alle da.

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Schild "Microsoft" an Einfahrt zu Microsoft-Gelände, davor eine auf Rot stehende Fußgängerampel

(Bild: Microsoft)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Microsoft fügt seinem Browser Edge einen "Co-Piloten" mit Künstlicher Intelligenz (KI) hinzu. Parallel wird die Suchmaschine Bing um KI-Funktionen erweitert. Das soll nicht nur bessere Suchergebnisse zeitigen, sondern umfasst auch einen Konversationsmodus ("Chat") sowie die Ausgabe generierter Inhalte samt Quellenangabe. Das neue Angebot bezeichnet Microsoft derzeit als "Vorschau", es ist also noch kein marktreifes Produkt und daher mit Vorsicht zu genießen – falls man überhaupt schon mitmachen darf.

Der Edge-Browser erhält ebenfalls einen Konversationsmodus ("Chat") sowie eine Funktion, die Inhalte generiert ("Compose"). Microsoft nennt als Beispiel, dass man in der Edge-Seitenleiste jetzt die Zusammenfassung eines langen Finanzberichts anfordern, und dann über die Chat-Funktion Vergleiche mit den Finanzdaten von Mitbewerbern erfragen könne. Daran könnte bei Microsoft-Managern in der Tat ein regelmäßiger Bedarf bestehen.

Ein weiteres genanntes Beispiel ist der Auftrag an den Browser, sich als Ghostwriter für einen LinkedIn-Beitrag bestimmten Inhalts zu betätigen. Anschließend könne man darum ersuchen, Stil, Format und Länge des Beitrags zu modifizieren. "Edge kann die Webseite, auf der Sie sind, verstehen, und sich entsprechend anpassen", verspricht Microsoft, das auch das Design des Browsers verändert hat. Ersichtlich sind die Neuerungen derzeit nur in der Preview-Version des Browsers für Programmierer (Edge Dev Preview Channel).

Bing spendiert Microsoft neben einem neuen Logo "bessere Suche", "komplette Antworten", eine "neue Unterhaltungserfahrung" und "einen kreativen Funken". Will heißen: Die Suchergebnisse sollen speziell für gerade aktuelle Informationen wie Sportergebnisse, Aktienkurse und Wetterdaten besser und mit tiefergehenden Daten angereichert werden. Andere Fragen, etwa wie man einen Kuchen ohne Eier backen kann, soll Bings KI selbst beantworten, indem es verschiedene Vorschläge aus dem Internet zusammenfasst.

Bing & Edge mit KI (5 Bilder)

Edge mit KI

Edge möchte gerne Content für Linkedin posten. Wir können es kaum erwarten.
(Bild: Microsoft)

Durch den Chat sollen Nutzer ihre Suche schrittweise verfeinern können, um mehr Klarheit zu bekommen. Dazu spendiert der Chat passende Links. Ferner soll Bing als Helferlein dienen und auf Kommando E-Mails abfassen, Reisepläne samt Buchungslinks vorschlagen, bei der Vorbereitung auf Einstellungsgespräche helfen oder ein Quiz für einen bunten Abend vorbereiten. Auch hier sind regelmäßig Links mit dabei. Das könnte vor der bei ChatGPT wiederholt beobachteten freien Erfindung angeblicher Quellen schützen, solange die KI nicht beginnt, selbst ad hoc neue Webseiten zu kreieren.

"KI wird jede Softwarekategorie fundamental verändern, beginnend mit der größten – Suche", sagte Microsoft Dienstagabend. Allerdings ist die neue Bing-Erfahrung noch nicht für jedermann greifbar. Auf der deutschen Bing-Webseite ist zur Stunde nichts von den Neuerungen zu sehen.

In Nordamerika ist die KI bei einfachen Suchanfragen bereits am Werk, bei Nachfragen oder dem Aufruf des Chats trifft man aber auf Hindernisse. Auf Mobilgeräten sollen User schon wieder eine eigene App installieren und dabei Werbung akzeptieren; am Desktop wird man eingeladen, sich in eine Warteliste einzutragen. Dabei muss man zustimmen, dass Microsoft die angegebene E-Mail-Adresse fortan mit Reklamemails beglückt.

Am Desktop in Nordamerika lädt das neue Bing dazu ein, jedwede Frage zu stellen: "Ask me anything..." Heise online hat von Kanada aus nach der Häufigkeit der Zugverbindungen zwischen Vancouver und Seattle ("How often are there trains between Vancouver and Seattle?") gefragt. "Alle vier Stunden" ("Every four hours"), behauptete Bings KI. Das wäre nicht übel, wäre es nicht sowohl falsch als auch irreführend.

Erst bei genauerem Blick auf die angeführte Quelle (rome2rio.com) wird ersichtlich, dass es vier Züge pro Tag sind, die im Abstand von ungefähr vier Stunden abfahren. Aber nur wenn man schon gut informiert ist und genau die URL "www.rome2rio.com/train/Vancouver-WA-USA/Seattle" inspiziert, kommt man vielleicht darauf, dass sich die Antwort gar nicht auf die bekannte kanadische Stadt Vancouver, sondern auf einen gleichnamigen Vorort Portlands bezieht.

Bing KI vs. Google (3 Bilder)

Bing nimmt das unwahrscheinliche Vancouver

Fragt ein User in Kanada nach Zügen zwischen Vancouver und Seattle, antwortet Bing mit Zügen zwischen einem anderen Vancouver und Seattle.
(Bild: Screenshot/Daniel AJ Sokolov)

Dabei wäre es doch wahrscheinlicher, dass ein User aus Kanada nach Verbindungen von Vancouver, Kanada, fragt, als nach Zügen innerhalb des US-Bundesstaates Washington. Marktführer Google hat die selbe Frage korrekt beantwortet: Zwei Züge pro Tag ("2 daily trains" samt Link zu wanderu.com) verkehren zwischen Vancouver, BC, Kanada, und Seattle, Washington, USA. Dafür schiebt Google gleich sechs Zeilen Werbung zwischen Frage und Antwort.

Siehe auch:

(ds)