Gaspreisdeckel der EU tritt am Mittwoch in Kraft

Vom 15. Februar an kann der europäische Gaspreisdeckel genutzt werden. Er soll vor einem drastischen Preisanstieg schützen.

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(Bild: Vova Shevchuk / Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Ansgar Haase
  • dpa
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Nach der Invasion Russlands in die Ukraine kam es in Europa im vergangenen Jahr zu einem drastischen Anstieg der Großhandelspreise für Erdgas mit noch heute spürbaren Folgen für Verbraucher und Wirtschaft. Ein im Dezember 2022 beschlosssener dynamischer Preisdeckel soll in der EU von Mittwoch an verhindern, dass sich eine solche Situation wiederholt.

Dabei soll ein Marktkorrekturmechanismus Bürger und Wirtschaft vor überhöhten Preisen schützen. Es soll verhindern, dass die Großhandelspreise für Gas in der EU über längere Zeit deutlich über den Weltmarktpreisen liegen.

Dazu will die EU künftig bestimmte Gashandelsgeschäfte verbieten, wenn ihr Preis ein vorab festgelegtes Niveau erreicht und der Preisanstieg nicht einem ähnlichen Preisanstieg auf regionaler Ebene oder auf dem Weltmarkt entspricht. Ausgelöst wird der Korrekturmechanismus, wenn der Preis der Produkte drei Arbeitstage lang 180 Euro pro Megawattstunde übersteigt und gleichzeitig 35 Euro über einem internationalen Durchschnittspreis für flüssiges Erdgas (LNG) liegt.

Der Mechanismus wird an diesem Mittwoch nicht sofort greifen. Der relevante europäische Gaspreis lag zuletzt zwischen 50 und 60 Euro und damit sehr deutlich unter dem Grenzwert von 180 Euro pro Megawattstunde. Damit ist er weit von den Höchstständen im vergangenen August entfernt, die den Anstoß zu einer Debatte über einen Preisdeckel gegeben hatten.

Damals erreichten die europäischen Erdgaspreise nach Angaben der EU-Kommission ein Niveau, das 1000 Prozent über den bis dato in der Union verzeichneten Durchschnittspreisen lag. Bewegten sich die Preise in den vergangenen zehn Jahren zwischen 5 und 35 Euro pro Megawattstunde, kletterten sie im vergangenen Sommer auf Rekordstände von deutlich über 300 Euro pro Megawattstunde.

Nach Analyse der EU-Kommission stiegen die Preise vor allem, weil Russland seine Gaslieferungen als Waffe einsetzte und durch vorsätzliche Unterbrechungen den Markt manipulierte. Im August war dann das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage besonders angespannt, weil zu einer Verringerung der Pipelineflüsse das Bestreben der EU-Staaten kam, vor dem Winter die Speicher zu füllen.

Zudem spielte der Analyse zufolge die Angst vor weiteren Lieferunterbrechungen und Marktmanipulationen durch Russland eine Rolle – und auch der Preisbildungsmechanismus, der nicht auf solche extremen Nachfrage- und Angebotsveränderungen ausgerichtet war.

Nach Einschätzung von Gasmarktexperten dürfte die Preisentwicklung in erster Linie vom Wetter im Rest der Heizsaison abhängen. Wenn es die Temperaturen zulassen, dass größere Gasreserven in den Speichern übrig bleiben, könnte es ein Sommerloch bei den Preisen geben.

Die Bundesregierung war lange strikt gegen den Preisdeckel, weil sie Versorgungsprobleme befürchtete. Sie sah das Risiko, dass Lieferanten den Preisdeckel nicht akzeptieren und einfach kein Gas mehr nach Europa liefern. Im Dezember stimmte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dann aber doch zu.

Hintergrund waren vor allem strenge Sicherheitsregeln. Sie sehen vor, dass der Marktkorrekturmechanismus nur in Situationen ausgelöst wird, in denen die europäischen Preise erheblich und über einen längeren Zeitraum höher sind als die Preise auf den Weltmärkten. Zudem wird der Mechanismus deaktiviert, wenn sich der Unterschied zu den europäischen Preisen verringert oder wegfällt.

Energieunternehmen sehen die europäische Preisbremse kritisch. "Auf europäischer Ebene gibt es die Illusion: Wir deckeln den Gaspreis. Und wenn der Preis zu hoch ist, darf kein Geschäft mehr abgeschlossen werden. Das wird nicht funktionieren", sagte jüngst der Chef des Energiekonzerns RWE, Markus Krebber, im Podcast "Die Wirtschaftsreporter" der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" (WAZ).

Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hatte bereits vor Weihnachten den Beschluss für einen EU-Gaspreisdeckel als Risiko für die Versorgungssicherheit kritisiert. "Gaspreisdeckel lösen keine Versorgungskrise, sondern riskieren grundsätzlich die Versorgungssicherheit in Europa", sagte Vize-Hauptgeschäftsführer Holger Lösch damals. Gas gehe in die Regionen, die bereit seien, die durch die Gasknappheit hervorgerufenen Preise zu bezahlen.

(anw)