US-Abgeordnete fordern dauerhafte US-Kontrolle über Internet-Verwaltung

Die Demokraten im US-Kongress wollen die ICANN nicht nur dauerhaft unter Kuratel stellen, sondern u.a. auch ein System für die Einführung neuer Top Level Domains vorschreiben.

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Von
  • Monika Ermert

Demokratische Abgeordnete des US-Kongresses fordern in einem Brief an Handelsminister Gary Locke, die Internet-Verwaltung Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) fest an die US-Regierung zu binden. Im September läuft der seit 1998 mehrfach verlängerte Vertrag (Joint Project Agreement, JPA) zwischen der privaten Netzverwaltung und dem US-Handelsministerium aus, der der US-Regierung die Oberaufsicht über ICANN und DNS gibt. Dann sei die Zeit für eine dauerhafte Regelung des Verhältnisses gekommen, schreiben zehn Demokraten unter Führung der Chefs des Energie- und Handelsausschusses, Henry Waxmann, und des Unterausschusses für Kommunikationstechnologie und Internet, Rick Boucher, in dem auf den 4. August datierten Brief. Ein solcher Kurs würde die endgültige Abkehr von der bei der Gründung der Netzverwaltung in Aussicht gestellten vollständigen Privatisierung bedeuten.

Dabei sind die Abgeordneten alles andere als zimperlich mit ihren Forderungen. Das US-Handelsministerium soll nicht nur regelmäßig ICANNs Leistungen in Bezug auf Transparenz, auf die Wahrung der Stabilität und Sicherheit im Netz und auf die Erfüllung seiner Koordinationsaufgaben für das Domain Name System überprüfen. Vielmehr soll die neue Regelung gleich auch ein System vorschreiben, nach dem neue Top Level Domains eingeführt werden sollen.

Eine weitere Forderung betrifft offene und korrekte Informationen in der Inhaberdatenbank für Domains, dem so genannten Whois. Wie ein solcher offener Zugriff etwa mit Datenschutzregelungen in anderen Ländern zu vereinbaren ist, gehört zu einer Dauerstreitfrage innerhalb der Netzverwaltung. Schließlich wollen die Abgeordneten auch, dass die USA als permanenter Sitz der ICANN festgeschrieben wird. Die Abgeordneten verstehen all ihre Forderungen als Anerkennung des ICANN-Modells und als Absicherung eines stabilen und sicheren DNS.

Im Ausland, das mehr oder weniger deutlich weitere Schritte zur längst überfälligen Privatisierung eingefordert hat (weit vor gewagt hatte sich etwa EU Kommissarin Viviane Reding), dürfte der Brief den Verdacht bestätigen, dass in den USA kein ernsthaftes Interesse an einer unabhängigen, rein privat organisierten Selbstverwaltung im Netz besteht. Wenn schon die Aufsicht über die ICANN noch weiter verstärkt werden soll, dürfte der 2011 auslaufende Vertrag über die Funktionen der Internet Assigned Numbers Authority (IANA), den ICANN aktuell innehat, noch viel weniger zur Diskussion stehen.

Der IANA-Vertrag sichert der US-Regierung die Aufsicht über die Rootzone, das Herzstück des DNS, aber auch über die Vergabe der IPv4- und IPv6-Nummernblöcke an die Regional Internet Registries (RIRs). Es sei nur verständlich, dass kein US-Abgeordneter als derjenige, "der das Internet verloren hat", in die Geschichte eingehen wolle, sagen langjährige ICANN-Beobachter. Reaktionen aus dem US-Ausland, das sich im Winter trifft, um über die Zukunft des bislang nur debattierenden Internet Governance Forum (IGF) zu diskutieren, stehen noch aus.

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(Monika Ermert) / (jk)