Hacking at Random: Fabben fĂĽr eine bessere Welt

Die digitale Fabrikation mit Hilfe von 3D-Scannern und-Druckern, das Fabben, war Thema einer eigenständigen Vortragsreihe beim Festival "Hacking at Random".

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Von
  • Detlef Borchers

Geld ist nicht dreckig. Diese Abwandlung eines alten lateinischen Sprichworts "prägte" das Sommercamp Hacking at Random. Denn Geld in Form von Euro und Dollar musste erst einmal in Plastikchips umgetauscht werden. Für 20 Euro gab es einen blauen, für 10 einen weißen Jeton. Diesen beförderten findige Hacker in der Holzhütte der "Fabber" umstandslos in einen 3D-Scanner und ließen sich Kopien von einem 3D-Drucker anfertigen. Doch einmal in den Staub gefallen, blieben die Kopien dreckig, während das "echte" Geld blitzblank weiß geputzt werden konnte.

Um Geld dreht sich alles bei der digitalen Fabrikation. Die Geräte sind teuer und werden daher beim "Rapid Prototyping" eingesetzt. Dass sie dennoch in einem ganz anderen Kontext sinnvoll einsetzbar sind, demonstrierte im Rahmen des Unlimited Design Contest der Schweizer Peter Troxler mit einer Video-Konferenzschaltung nach Indonesien. Dort, am Yakkau Rehabilitation Center in Yogyakarta werden mit technischer Hilfe des House of Natural Fiber Beinprothesen gefertigt, die nur 150-200 statt 10.000 Euro kosten: Man nehme die 3D-CAD-Vorlage eines Fahrradsattels, drehe das ganze um und modifiziere den "Fuß" passend zum Gewicht des Prothesenträgers, fertig ist ein Prothesen-Prototyp, dem Ärzte beste Eigenschaften attestieren.

Noch enthusiastischer als Troxler zeigte sich Neil Gershenfeld vom Center for Bits and Atoms am MIT. In einem Einspiel-Video prognostizierte er, dass die digitale Fabrikation die Rolle einer zweiten industriellen Revolution spielen wird, die die Produktionsprozesse radikal verändern wird - wenn die Prinzipien der Open Source eingehalten werden und das Fabben nicht das Geschäft großer Konzerne wird. Ähnlich radikal formulierte Adrian Bowyer von der britischen Bath University den Grundgedanken eines Open Source Fabbing: "Wenn etwas sich selbst kopiert, muss man es weitergeben." Bowyer ist Experte für RepRaps, selbstreproduzierende Maschinen, die schon als "China on your desktop" bezeichnet werden. Die Zukunft der Industriegesellschaft liegt für ihn nicht länger in der Massenproduktion, sondern im "Brüten" von Dingen. Als Beispiel zeigte er Plastik-Badeschlappen, die er für seine Kinder gefabbt hat. Wenn die Kinder wachsen, sollen die Schlappen eingeschmolzen und in neuer Größe wieder fabriziert werden. Das "Dingiversum" in dem der Mensch der Zukunft leben soll, produziert kaum Müll.

Einen etwas anderen Aspekt beleuchtete der israelische Designer Ronen Kadushin, der seine Entwürfe als "Open Design" vertreibt. Wer die Schablonen für Blumenvasen, Obstkörbe oder Kerzenständer übernimmt und für sich modifiziert, kann dies tun. Nur wenn es in die Massenproduktion geht, verlangt Kadushin Lizenzgebühren: "Es ist besser, kopiert zu werden, als unbekannt zu bleiben."

Einen übervollen Saal produzierte schließlich der Auftritt des Eyeborgproject. Hier geht es weniger um das Fabben als um das Miniaturisieren. Für den einäugigen kanadischen Filmemacher Robert Spence konstruierte der Grieche Kosta Grammatis ein "filmendes Auge", in dem eine Nanokamera von Omnivision (NTSC, Auflösung von 328x250 Pixel) arbeitet. Während der Ingenieur in erster Linie von den Konstruktionsdetails erzählte, betonte der künftige "Eye Spy", dass er keinesfalls als "Borg" gelten möchte. "Ich würde niemals ein Auge für solch ein Projekt hergeben", so Spence, der im Alter von 9 Jahren sein rechtes Auge beim Hantieren mit dem Jagdgewehr verlor. Neben den Möglichkeiten, andere Filme zu drehen, interessiert den Kanadier auch der journalistische Einsatz - er ist ein begehrter Vortragsredner auf Konferenzen zur "Zukunft des Journalismus".

Während am Eye Spy noch gearbeitet wird, haben die Besucher des Hackerfestivals einen Spy Hunter-Wettbewerb gestartet. Hier wird versucht, mit unauffälligen Fotos die Polizei zu enttarnen, die sich unauffällig unter die Besucher gemischt hat und eifrig fotografiert - mit handelsüblichen Kameras. (hps)