Wie politisch ist die Elektronische Gesundheitskarte?

Das Rheinische Ärzteblatt hat eine Anzeige als "zu politisch" abgelehnt, die Gegner der elektronischen Gesundheitskarte schalten wollten.

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Von
  • Detlef Borchers

Das Rheinische Ärzteblatt hat laut einem Bericht der Rheinischen Post eine Anzeige abgelehnt, die Gegner der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) schalten wollten. Als Grund wird angeführt, sie sei zu politisch gewesen. In der Anzeige, die die Ärzteorganisationen IPPNW und Freie Ärzteschaft schalten wollten, sollten die Ärzte dazu aufgefordert werden, keine Lesegeräte für die eGK zu bestellen.

Das Rheinische Ärzteblatt ist das Verbandsblatt von Ärztekammer und Kassenärztlicher Vereinigung für die Region Nordrhein, in der der bundesweite Rollout der Gesundheitskarte starten soll. Die Gegner der Gesundheitskarte sehen in der Ablehnung der Anzeige einen Eingriff in das Recht auf freie Meinungsäußerung, zumal das Verbandsblatt nach Angaben von Martin Grauduszus, dem Präsidenten der Freien Ärzteschaft, zuvor eine fast identische Anzeige unbeanstandet veröffentlicht hatte.

Die alten Krankenversicherungskarten (KVK) dürfen erst dann gegen die neuen eGK ausgetauscht werden, wenn jeweils 85 Prozent der Ärzte und Zahnärzte Lesegeräte besitzen, die beide Kartentypen auslesen können. Zum 23. Juli hatten 25,5 Prozent der 18.000 Ärzte in der Region neue Geräte, während die Kaufaktion bei den Zahnärzten überhaupt noch nicht angelaufen ist. Ein Kaufboykott würde also dazu führen, dass der für den 1. Oktober geplante allgemeine Start der Ausgabe neuer Karten verschoben werden müsste.

Vieles spricht dafür, dass die Gesundheitstelematik im Zuge der Bundestagswahl politisch neu bewertet wird. In ihrem Wahlprogramm hat die FDP eindeutig festgeschrieben, dass die Gesundheitskarte nicht eingeführt werden darf, solange nicht hohe Datenschutzstandards gewährleistet sind. Gegenüber dem Krankenkassenratgeber erklärte Daniel Bahr, der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, dass die eGK Thema bei den möglichen Koalitionsverhandlungen mit der CDU/CSU sein wird. Besonders "zentrale Serverlösungen" sind der FDP ein Dorn im Auge. Eigens gegen die Vorstellung von "zentralen Servern" hat darum die für die Einführung der Gesundheitskarte verantwortliche Projektgesellschaft Gematik ein Whitepaper Architektur (PDF-Datei) angekündigt, das Missverständnisse über die Technik ausräumen soll.

Unterdessen trifft das Gesundheitsministerium Vorkehrungen für die Zeit nach dem 27. September, damit die Dienstfahrt der Gesundheitskarte weitergehen kann. Im Bundesgesetzblatt von (Nr. 54 vom 19. August) ist die Zweite Verordnung über Textmaßnahmen für die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte PDF-Datei erschienen. Sie enthält die Einführung eines "Schlichtungsgremiums" für alle Entscheidungen, die im Projektausschuss der Gematik gescheitert sind. Können sich Ausschuss und Schlichter nicht einigen, "trifft das Bundesministerium für Gesundheit anstelle der Projektgremien die Entscheidungen". Die Gematik wird dabei zum weisungsgebundenen Organ. (anw)