Gamescom

Mario trifft Lara Croft

Ein Rekord fürs Guinness-Buch sollte es werden: Mindestens 400 Cos-Player, also kostümierte Darsteller(innen) fiktiver Helden, wollte die Kölner Gamescom am Samstag versammeln, wobei das Spektrum auf Charaktere aus Spielen eingeschränkt war.

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Von
  • Jörg Pitschmann

Die Kölner Macher der Gamescom haben sehr vieles unternommen, um zu zeigen, dass am Rhein alles noch größer, noch gewaltiger und noch überzeugender gelingen würde als auf der Leipziger Games Convention in den vergangenen Jahren. Unübersehbar war das Bemühen, möglichst alle Zielgruppen, die in irgendeiner Weise etwas mit Computer- und Videospielen sowie benachbarten Phänomenen zu tun hatten, mit einzubinden. Dabei durften natürlich die Cos-Player, die mit ihren regelmäßigen Treffen bereits in Leipzig für attraktive Farbtupfer gesorgt hatten, natürlich nicht fehlen. Doch wie schafft man es, auch hierbei eine besondere Duftmarke für die koelnmesse zu setzen? Indem man einen Weltrekordversuch ankündigt, die Rekordwächter des Guinness-Buchs mobilisiert und den Ehrgeiz der Cos-Player weckt, durch zahlreiches Erscheinen zu einem gelungenen Rekord beizutragen.

Cos-Player-Treffen (32 Bilder)

Cos-Player-Treffen

Geduldig harrten die erfassten Cos-Player in der sengenden Mittagshitze auf dem Freigelände zwischen den Hallen 6 und 7 aus.

Das Cos-Play (aus "Costume" und "Play", japanisch "kosupure"), das seit über zehn Jahren von Japan ausgehend Anhänger in aller Welt gefunden hat, weist keine spezifischen Spielinhalte auf, sondern dreht sich ums Verkleiden an sich und um die Freude an der möglichst gelungenen Nachbildung der dargestellten Figuren. Dabei handelt es sich bevorzugt um Charaktere aus japanischen Mangas (Comics) und Animés (Zeichentrickfilmen). Das Vordringen von Konsolenspielen japanischer Prägung hat allerdings dafürgesorgt, dass auch immer häufiger Spielehelden vertreten sind.

Die Cos-Player, unter denen Mädchen und junge Frauen die Mehrheit bilden, gestalten ihre Outfits oft sehr liebevoll und detailliert – und nicht selten auch reichlich freizügig, was gerade bei dem überwiegend männlichen Publikum einer Spielemesse für viel Aufmerksamkeit zu sorgen pflegt. Viele investieren monatelange Arbeit in die Gestaltung der Kostüme und studieren außerdem Gestik und Mimik ihrer grafischen Vorbilder, um sie möglichst genau zu kopieren.

Die Treffen in den vergangenen Jahren dienten meist bevorzugt dem Zweck, sich einem breiten Publikum in originellen Verkleidungen zu präsentieren. Regelmäßig traf man sich etwa in großen Zahlen bei Buchmessen, wo auch die neuesten Abenteuer vieler dargestellter Charaktere in Heftform zu finden waren. Bei verschiedenen Gelegenheiten konnten da durchaus schon deutlich über tausend Cos-Player zusammenkommen.

Die Gamescom aber wollte auch in dieser Hinsicht etwas Besonderes auf die Beine stellen. Eine höhere Spielerzahl als bei jedem anderen Event zuvor wäre kaum zu erreichen gewesen. Ein Rekordversuch musste somit ein besonderes Ausschlusskriterium betreffen, um Sinn zu ergeben. Und so riefen die Gamescom-Veranstalter in Zusammenarbeit mit dem großen Manga- und Animé-Forum Animexx dazu auf, die bislang größte Versammlung von dargesltellten Charakteren aus Computer- und Videospielen zu bilden.

Dazu sollten sich am Messesamstag um 14 Uhr mindestens 400 als Spielehelden kostümierte Teilnehmer auf dem sonnendurchglühten Hof zwischen den Messehallen 6 und 7 einfinden, um mit dieser Zahl ins Guiness-Buch der Rekorde aufgenommen zu werden. Das hätte locker genügt, denn die Mehrheit der Cos-Player konzentriert sich normalerweise nicht auf Spielcharaktere, sodass der bisherige Weltrekord "Largest Gathering of Cosplayers from Videogames" bei 376 Teilnehmern lag. Er wurde auf der Medien- und Comic-Messe MCM Expo in London aufgestellt.

Die vielen bunten Gestalten, die mitwirken wollten, den Rekord zu brechen, hatten keinen leichten Weg durch die überfüllten Hallen und Gänge. Als sie schließlich das Areal erreichten, wo sie gezählt wurden, leitete man sie in einen durch Flatterband abgesperrten Pferch. Über den Namen des jeweils dargestellten Charakters sowie über das Spiel, aus dem er stammt, gaben Papierblätter, die die Teilnehmer vor sich halten sollten, mehr oder weniger deutlich Auskunft. Die Zählprozedur dauerte insgesamt rund eine Stunde.

Anschließend war klar: Die Veranstalter sind mit ihrem Vorhaben gescheitert. Es wurden nur 311 Teilnehmer mobilisiert. Wie aus Spielerkreisen verlautete, waren einige Cos-Player nicht am vereinbarten Treffpunkt erschienen, sondern in den Hallen geblieben – möglicherweise hatten sie die drückende Hitze auf dem Hof gescheut. Dafür nahmen ganz offensichtlich einige der Promotion-Kräfte in Spielcharakterkostümen teil, die bereits an den vorherigen Messetagen im Auftrag von Spielepublishern durch die Hallen gezogen waren. Eigentlich konnten diese nicht als echte Cos-Player im Sinne der Community zählen.

Nichtsdestotrotz kann die Aktion im Hinblick auf ihre Publikumswirksamkeit als gelungen gelten. Die Teilnehmer nahmen das Scheitern des Rekordversuchs überwiegend gelassen, freuten sich aneinander und an den vielen originellen Outfits und posierten für die zahllosen Bilderjäger, die sich um sie drängten. Nur der fürs offizielle Foto auf Kommando absolvierte Jubler wirkte ein wenig krampfhaft. (Jörg Pitschmann) / (psz)