Schweizer Datenschützer fordert Stopp von Google Street View [Update]

Der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte Hanspeter Thür hat Google aufgefordert, den Dienst für Straßenansichten für die Schweiz unverzüglich vom Netz zu nehmen.

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Neuer Streit um Google Street View: Nach der Einigung mit deutschen Datenschützern wird in der Schweiz nun Unmut über die Aufnahme von Straßenaufnahmen für den Kartendienst des Suchmaschinengiganten laut. So hat der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte Hanspeter Thür Google Ende vergangener Woche unmissverständlich aufgefordert, das Google Maps angedockte Angebot für Straßenansichten für die Schweiz "unverzüglich vom Netz zu nehmen". Zahlreiche Hinweise aus der Bevölkerung ebenso wie eigene Nachforschungen hätten ergeben, dass Street View die Auflagen zum Schutz der Privatsphäre nicht erfülle. So seien etwa zahlreiche Gesichter und Kfz-Kennzeichen "gar nicht oder nur unzureichend" verpixelt einsehbar.

Gegenüber Schweizer Medien führte Thür weiter aus, bereits 300 Beschwerden gegen die bunte Bilderwelt in dem Kartendienst erhalten zu haben. Auch eine Gemeinde und Firmen hätten sich schon beschwert. Zu sehen seien etwa unbearbeitete Aufnahmen von Autos mit klar erkennbaren Nummernschildern vor Bordellen. Der Datenschützer erwägt demnach den Gang vors Eidgenössische Bundesverwaltungsgericht, sollten die Kalifornier seinen Forderungen zur Nachbesserung des Produkts und zur Einhaltung der Schweizer Rechtsordnung nicht nachkommen.

In dieser Woche will Thür mit Google das weitere Vorgehen im Detail absprechen. Prinzipielle Bedenken gegen Street View hat der Hüter der Privatsphäre der Eidgenossen nicht. Es müssten aber die bereits ausgehandelten Bedingungen auch tatsächlich erfüllt werden. Meinungsverschiedenheiten gebe es vor allem auch noch über die zeitnahe Löschung generell unverpixelter Rohdaten. Der Datenschützer verweist zudem auf die Möglichkeit, Probleme mit ungepixelten Gesichtern oder Nummernschilder sowie unerwünschte Häuserbilder direkt an Google zu melden und zumindest im Nachhinein auf ein Ausblenden zu drängen.

Der Suchmaschinenkonzern selbst reagierte mittlerweile auf die Schelte der Aufsichtsbehörde mit einer Mitteilung, wonach sich die in der Schweiz erst kürzlich freigeschalteten virtuellen Stadtbesichtigungen großer Beliebtheit erfreuen. Insgesamt hätten sich die Nutzer des Angebots bereits "Millionen" individueller Bilder und Panorama-Ansichten angesehen. Um Datenschutzprobleme zu vermeiden, verwende man eine spezielle automatische Software, die Gesichter und Autokennzeichen unkenntlich machen solle. [Update:Bislang käme auf 20.000 Street-View-Aufnahmen eine Aufnahme, bei denen manuelle Anonymisierungen verlangt wurden.]

In Deutschland verständigte sich Google mit hiesigen Datenschützern im Juni darauf, künftig bei allen Aufnahmen von Personen, Grundstücken oder Autos, für die ein Widerspruch eingelegt wird, in einer bestimmten Frist auch die Rohdaten unkenntlich machen. Betroffene sollen zudem schon vor der Veröffentlichung der Bilder Einspruch erheben können. Der Konzern gelobte auch, in Europa öffentlich die Routen der Kamera-Autos anzukündigen, bevor sie in einer Gegend ihren Einsatz starten. Nach Verzögerungen stellt Google eine entsprechende Informationsseite für Deutschland inzwischen zur Verfügung. (Stefan Krempl) / (jk)