Heiß umkämpft: Programme zum High-Frequency-Trading

Die Festnahme eines ehemaligen Programmierers von Goldman Sachs, der Teile eines Programms für den Millisekunden-Handel gestohlen haben soll, illustriert erneut die Bedeutung der Software für Börsenhandel - auch in und nach der Krise.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 287 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Florian Rötzer

Nicht nur Banker und Trader, auch Computerexperten haben vor der Finanzkrise gut verdienen können. Da der Wertpapierhandel nicht nur im Netz stattfindet, sondern immer stärker auf Programmen basiert, mit denen sich in Millisekunden Wertpapiere kaufen oder verkaufen lassen, werden Autoren solcher Software für das Robotic Stock Trading hoch gehandelt. Gleichzeitig sind die eigens für Banken oder Hedgefonds geschriebenen Programme für dieses High-Frequency-Trading (HFT), mit dem sich riesige Gewinne durch ultraschnelle Entscheidungen über winzige Margen pro Wertpapier erzielen lassen, ein gut gehüteter Schatz, der entsprechend verteidigt wird.

Das musste nun Sergey Aleynikov erfahren, der am 3. Juli vom FBI festgenommen wurde und unter Verdacht steht, ein Programm von Goldman Sachs, seinem früheren Arbeitgeber, gestohlen zu haben, wie die New York Times berichtet. Aleynikov, ein 1991 aus Russland ausgewanderter Programmierer, wurde 2007 von Goldman Sachs als Vizepräsident mit einem jährlichen Gehalt von 400.000 Dollar eingestellt. Am 5. Juni verließ er Goldman und stieg bei dem neuen Trader Teza Technologies mit einem Jahresgehalt von 1,2 Millionen ein. Einige Tage vor dem Wechsel kopierte er Teile eines Programms und speicherte sie bei einem deutschen Anbieter von kostenlosem Webhosting. Mit dem Programm von Goldman werden große Aufträge in viele kleine aufgeteilt. Der Handel wird in Millisekunden vollzogen, um aus winzigen Preisunterschieden auf dem Markt Profite zu erzielen.

Während der Anhörung vor dem Gericht, das Aleynikov für eine Kaution von 750.000 Dollar aus der Haft entlassen hat, erklärte der zuständige Staatsanwalt, dass Goldman den mutmaßlichen Diebstahl Ende Juni entdeckt und daraufhin den Programmierer angezeigt habe. Allein schon durch das Abspeichern des Codes auf einen deutschen Server habe er Goldman schwer geschädigt: "Die Bank riskiert, dass schon ihr ganzes Investment in das Schreiben der Software verloren geht, wobei es sich um viele Millionen Dollar handelt", so der Staatsanwalt.

Aleynikov erklärt, er habe unabsichtlich 32 Megabytes des insgesamt 1.224 Megabytes großen proprietären Programms übertragen, während er versuchte, Open-Source-Programme herunterzuladen. Er habe aber den Goldman-Code weder benutzt noch weitergegeben. Offenbar hat auch das FBI keinen Hinweis darauf, dass der Code benutzt, verbreitet oder verkauft wurde. Experten verwundert, warum das FBI so schnell zugeschlagen hat und warum überhaupt eine Strafverfolgung und nicht ein Zivilverfahren eingeleitet wurde.

Kurz nach der Festnahme von Aleynikov erhob der Hedgefond Citadel Anklage gegen Teza Technologies. Das Unternehmen war von drei ehemaligen Citadel-Mitarbeitern gegründet worden. Ihr früherer Arbeitgeber wirft ihnen vor, versucht zu haben, ein Programm zu stehlen, dessen Entwicklung Hunderte von Millionen Dollar gekostet habe. Zum Schutz des Programms dürfen Mitarbeiter nichts über das Programm aufschreiben und werden die Büros mit Kameras überwacht. Zudem gibt es spezielle Sicherheitsräume mit Zugangscodes. (fr)