EU-Kommission plant digitalen Führerschein

Einen EU-weiten digitalen Führerschein, modernisierte Anforderungen für Fahrschüler, ein EU-weites Fahrverbot und mehr schlägt die EU-Kommission vor.

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So könnte der digitale Führerschein auf einem iPhone aussehen.

(Bild: EU-Kommission / heise online)

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Die EU-Kommission will die Führerscheinvorschriften modernisieren und einen unionsweit gültigen digitalen Führerschein einführen. Zudem schlägt sie neue Bestimmungen vor, mit denen Verkehrsvorschriften grenzüberschreitend einfacher durchgesetzt werden sollen. Die Vorschläge werden nun vom EU-Parlament und vom Rat beraten.

Der digitale Führerschein soll EU-weit gelten und auf dem Projekt European Digital Identity Wallets basieren, geht aus dem Vorschlag der Kommission für eine Führerscheinrichtlinie hervor. Der Führerschein soll digital beispielsweise auf dem Smartphone abgelegt werden können, aber auch weiterhin als Karte erhältlich sein.

Es handele sich um eine Weltneuheit, mit der es leichter werden soll, einen verlorenen Führerschein zu ersetzen oder eine Fahrerlaubnis zu verlängern, da alle Verfahren online abgewickelt werden könnten, meint die EU-Kommission. Für Bürgerinnen und Bürger aus Nicht-EU-Ländern mit vergleichbaren Sicherheitsstandards im Straßenverkehr soll es leichter werden, ihre Fahrerlaubnis gegen einen EU-Führerschein zu tauschen.

Mehrere EU-Länder hätten bereits nationale digitale Führerscheine ohne ein dazugehöriges physisches Dokument eingeführt oder planten solches, schreibt die EU-Kommission. Die momentan gültige Richtlinie lasse es aber nur zu, dass ausschließlich physische Führerscheine unter Ländern gegenseitig anerkannt werden können. Das soll sich nun ändern. In Deutschland sollte ein digitaler Führerschein 2021 eingeführt werden, das Vorhaben wurde aber wegen Sicherheitsbedenken gestoppt.

Zusammen mit einem EU-weiten digitalen Führerschein schlägt die Kommission in der Richtlinie vor, Führerscheinvorschriften zu modernisieren und zu vereinheitlichen. Dazu gehört eine mindestens zweijährige Probezeit für Fahranfänger nach Bestehen der Führerscheinprüfung und Null Promille Alkohol am Steuer. Eine Führerscheinprüfung soll bereits im Alter von 17 Jahren möglich sein, im "begleitenden Fahren" sollen die Fahranfänger erste Erfahrungen sammeln. Solches ist in Deutschland bereits seit 2010 möglich.

Darüber hinaus sollen Fahrausbildung und -prüfung künftig die Verkehrsneulinge besser darauf vorbereiten, dass sie den Verkehrsraum mit "vulnerablen Nutzern" wie Fußgängern, Radfahrern, E-Bikes und E-Stehrollern teilen. Die Fahrtauglichkeit soll gezielter bewertet werden, auch indem Fortschritte der medizinischen Behandlung von Krankheiten wie Diabetes einbezogen werden. Die Fahrer sollen ermutigt werden, ihr Fahrkönnen auf dem neuesten Stand zu halten, damit sie mit den technologischen Entwicklungen Schritt halten.

Fahranfänger sollen auch lernen, mit Fahrassistenzsystemen und anderer Automatisierungstechnik umzugehen. Ebenso soll ihnen beigebracht werden, wie sich ihr Fahrstil auf die Fahrzeugemissionen auswirkt – etwa wenn sie rechtzeitig zwischen den Gängen umschalten. Schließlich wird die zulässige Masse eines Fahrzeugs der Klasse "B" an Fahrzeuge angepasst, die mit alternativen Kraftstoffen betrieben werden, da emissionsfreie batteriebetriebene Fahrzeuge ein größeres Gewicht haben können.

Da im Jahr 2019 etwa 40 Prozent der grenzüberschreitenden Verkehrsdelikte ungestraft blieben, will die EU-Kommission auch auf diesem Gebiet nachbessern. Strafverfolgungsbehörden sollen Zugang zu nationalen Führerscheinregistern erhalten. Zudem soll Rolle der bestehenden nationalen Kontaktstellen gestärkt werden, damit diese besser mit den an der Untersuchung von Delikten beteiligten Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten können.

Die bisher geltenden Vorschriften für die Strafverfolgung erstrecken sich auf eklatante Verstöße wie Geschwindigkeitsübertretungen und Trunkenheit am Steuer, die mit am häufigsten auftreten. Künftig sollen sich die Vorschriften auf weitere Delikte erstrecken wie Nichteinhaltung des Sicherheitsabstands zum vorausfahrenden Fahrzeug, gefährliche Überholmanöver, gefährliches Parken oder Nichtbeachtung der Vorschriften über Rettungsgassen.

Bisher kann ein schweres Straßenverkehrsdelikt, das zum Entzug der Fahrerlaubnis führt, nicht EU-weit durchgesetzt werden, wenn der Fahrer das Delikt in einem anderen Mitgliedstaat als dem begangen hat, in dem sein Führerschein ausgestellt wurde. Ein neues System soll dafür sorgen, dass ein EU-weites Fahrverbot ausgesprochen und durchgesetzt werden kann, wenn ein Mitgliedstaat beschließt, einem Fahrer wegen eines Vergehens in seinem Hoheitsgebiet die Fahrerlaubnis zu entziehen. Das betrifft Delikte wie übermäßige Geschwindigkeitsüberschreitungen, Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss sowie Verkehrsdelikte mit Todesfolge oder schwerer Körperverletzung.

(anw)