50 Millionen Grad für acht Minuten: Wendelstein-Versuchsreaktor erzeugt Plasma

Über 480 Sekunden hat der Wendelstein-Versuchsreaktor für Kernfusion ein dünnes Wasserstoffplasma auf über 50 Millionen Grad gehalten.

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Anlagen der Kernfusion sollen die Energiequelle der Sonne direkt anzapfen. Wer die Kernfusion beherrschen will, der muss mit sehr großen Energien umgehen können. In der Plasmakammer des Fusionsreaktors Wendelstein 7-X haben Forscher des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik in Greifswald ein leichtes Wasserstoffplasma erzeugt und über acht Minuten gehalten. Die Plasmatemperatur betrug in dieser Zeit über 50 Millionen Grad – selbst im Inneren der Sonne herrschen vergleichsweise kühle 15 Millionen Grad.

Das heiße Plasma kann auf der Erde nur im Magnetfeld bestehen, bei Kontakt zu den Innenwänden der Plasmakammer würde es schlagartig abkühlen. Im Reaktor spannen 50 supraleitende Magnetspulen einen Magnetkäfig auf, der in der sogenannten Stellarator-Anlage die Form eines verdrillten Ringes hat. Die Innenwände dieser Plasmakammer hat man in den vergangenen drei Jahren mit einem neuen Hitzeschutz verkleidet. 657 Wasserkühlkreise sind in der Lage, aus der Kammer bis zu zehn Megawatt pro Quadratmeter abzuführen.

Der Testlauf mit dem Plasma bedeutete auch einen Funktionstest für die beteiligten Heizsysteme, denn um später einmal Energie mit Kernfusion gewinnen zu können, muss man zunächst das benötigte Wasserstoffplasma erzeugen und sogar auf über 100 Millionen Grad erhitzen. Dazu dienen die starken Magnetfelder, eine Mikrowellenheizung und eine Ionenheizung, die mit hoher Energie Neutralteilchen in das Plasma schießt.

Beim jüngsten Rekordlauf gelang es mit diesen Systemen, dem Plasma kontinuierlich 2,7 Megawatt zuzuführen, das 50-Millionen-Grad-Plasma in der Schwebe zu halten und die abstrahlende Energie auch wieder abzuführen, ohne die Anlage zu beschädigen. Das nächste Ziel der Wissenschaftler ist es, die Versuchsdauer auf 30 Minuten und die Plasmatemperatur auf bis zu 100 Millionen Grad zu steigern. Damit könnten sie beweisen, dass mit ihrer Technik wirtschaftliche Kernfusion im Dauerbetrieb möglich ist, wenn auch erst in einer noch zu bauenden Großanlage.

In der Fusionsanlage Wendelstein 7-X haben Wissenschaftler ein Wasserstoffplasma mit über 50 Millionen Grad erzeugt und acht Minuten aufrechterhalten.

(Bild: Max-Planck-Institut für Plasmaphysik/Jan Hosan)

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(agr)