Blogger-Abmahnung als PR-Gau

Ein launischer Blogger, ein beleidigtes Unternehmen, eine übermotivierte Anwaltskanzlei und die empörte Blogosphäre sind die Akteure eines Lehrstücks über missglückte PR im Blogger-Zeitalter.

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Der Fall des Sportartikelherstellers Jako gegen den Blogger "Trainer" Frank Baade hat alle Zutaten für ein Lehrstück über missglückte PR im Blogger-Zeitalter. Die Akteure: Ein launischer Blogger, ein beleidigtes Unternehmen, eine übermotivierte Anwaltskanzlei und die empörte Blogosphäre.

Es begann mit einem derben Blogbeitrag im April. Jako, Ausstatter unter anderem der Frankfurter Eintracht, hatte sein Logo renoviert: Anlass für Baade, einmal herzlich über das Unternehmen und dessen Logo herzuziehen – eigentlich nichts Besonderes, die Glosse ist die vorherrschende Stilform in Baades Blog. Man kann sich hinsichtlich des heise online vorliegenden Eintrags dem Sportblogger Jens Weinreich anschließen, der kommentiert: "Besonders originell fand ich den Beitrag nicht, der Trainer hatte nicht seinen besten Tag, wer hat den schon täglich." Ähnliche Blog-Postings dürften aber jeden Tag zu Hunderten irgendwo im Netz online gehen.

Jako störte sich allerdings offenbar an dem Beitrag und beauftragte eine Anwaltskanzlei damit, gegen Baade vorzugehen. Diese schickte eine Abmahnung, die sich gegen vier Formulierungen aus dem Beitrag richtete. Baade nahm den Beitrag vom Blog und unterschrieb auch die zur Abmahnung gehörende Unterlassungserklärung. Die Kosten beliefen sich, es war mittlerweile Ende Juni, auf knapp 2000 Euro.

Zwei Monate später erhielt er wieder Post von der Anwaltskanzlei. Dort hieß es "Ihr Mandat veröffentlicht nach wie vor genau diese Behauptungen im Internet." Die mit dem Fall Baade beauftragte Juristin hatte offenbar bei dem News-Aggregator Newstin Teile des Beitrags gefunden. Jetzt sollte Baade 5100 Euro Vertragsstrafe plus die neu entstandenen Kosten der Anwaltskanzlei zahlen. Außerdem soll er eine neue Unterlassungserklärung abgeben, die eine Vertragsstrafe von 10.000 Euro vorsieht.

Am gestrigen Dienstag veröffentlichte das Blog allesaussersport eine Zusammenfassung des Falles – die eine Lawine der Empörung auslöste. Mittlerweile sind mehr als 100 kritische Blog-Beiträge online; wer derzeit bei Google nach "Jako" sucht, findet einige der kritischen Beiträge auf der ersten Trefferseite – ein PR-Gau.

Mittlerweile gibt es erste Anzeichen, dass der Sportartikelhersteller auf den Blogger zugehen will. Dem Blog ruhrbarone hat eine Sprecherin des Unternehmens gesagt, dass man auf Baade zugehen will, um mit einer gemeinsamen Erklärung die "Sache richtig zu stellen." heise online gegenüber wollte sich Jako nicht zum Fall äußern. Das Unternehmen will aber noch im Laufe des Tages eine Stellungnahme auf der Homepage veröffentlichen. (jo)