Vor 25 Jahren: Das erste Mobiltelefon war ein "Knochen"

Das "Dynamic Adaptive Total Area Coverage Telephone", kurz DynaTAC 8000X genannt, wog knapp 800 Gramm und kostete 3995 US-Dollar. Es konnte 30 Rufnummern speichern und besaß genau einen, nicht konfigurierbaren Klingelton.

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Von
  • Detlef Borchers

Heute vor 25 Jahren, am 13. Juni 1983, brachte Motorola das erste Mobiltelefon auf den Markt. Das "Dynamic Adaptive Total Area Coverage Telephone", kurz DynaTAC 8000X genannt, wog knapp 800 Gramm und kostete 3995 US-Dollar. Es konnte 30 Rufnummern speichern und besaß genau einen, nicht konfigurierbaren Klingelton. Mit dem teuren "Knochen" konnte man gerade eine Stunde lang telefonieren, dennoch wollten tausende das Telefon haben und ließen sich auf die Warteliste setzen.

Das grundlegende Konzept des Telefonierens in "Funkzellen" hatten Techniker der Bell Labs schon 1946 entwickelt und bis 1983 als Advanced Mobile Phone System (AMPS) standardisiert. Zwischen 1950 und 1960 gab es mehrere Versuche, die Mobiltelefonie zu starten, doch scheiterten sie sämtlich an der fehlenden Frequenzfreigabe durch die US-amerikanische Federal Communication Commission (FCC). Erst Anfang der 70er durften die Frequenztests beginnen, die in Chicago und Washington durchgeführt wurden. Eines der wichtigsten Testzentren war dabei der Watergate-Komplex in Washington, in dem während der Testläufe der berühmte Einbruch in das Hauptquartier der Demokraten stattfand.

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Die ersten Mobiltelefone

Das Handie-Talkie des US-Militärs (Bild: Motorola-Archiv)

Frühzeitig hatte Motorola begonnen, auf der Basis seines Militärfunkgerätes namens "Handie Talkie" Mobiltelefone und Pager zu entwickeln. Zudem gehörte die Firma damals bald zu den wichtigsten Anbietern von Autotelefonen. Der für das DynaTAC verantwortliche Designer Rudy Krolopp erinnerte sich: "Es war schon eine komische Aufgabe. Die Leute sahen Star Trek und andere Sachen im Fernsehen, und wir sollten ein Gerät bauen, das wenigstens ansatzweise so futuristisch aussehen sollte, wie diese Dinger, mit denen sie in Star Trek sprachen." Sein erster Entwurf war eine Banane, die das Management rundweg ablehnte. Danach kam er mit dem Entwurf eines Schiebe- und eines Klapptelefons, der ebenfalls abgelehnt wurden. Kantig und solide musste das Gerät für die Geschäftswelt sein.

Nach den Motorola-Annalen führte der Bereichsmanager Marty Cooper das erste Mobilfunkgespräch mit Joel Engel, seinem Gegenpart in den rivalisierenden Bell Labs, wo ebenfalls an der Entwicklung eines Gerätes gearbeitet wurde. Der genaue Inhalt des Gespräches ist nicht überliefert. Don Linder, der technische Leiter des Mobiltelefon-Projektes bei Motorola, sieht es anders. "Ich kann meine Geschichte zwar nicht belegen, aber als der Prototyp fertig und durchgemessen war, habe ich einfach meine Frau angerufen." Seinen Erinnerungen nach war der Ingenieur der erste, der das Potenzial der Technik realisierte: "Ich stand später auf dem Empire State Building und rief mit dem Telefon meine Schwiegereltern in Elmhurst, Illinois, an. Danach schaute ich herunter und stellte mir vor, wie ganz News York mobil telefoniert."

Motorola konnte den Erfolg des DynaTAC mit dem International 3200 fortsetzen, das zum Start des GSM-Mobilfunks in Deutschland 1992 für schlappe 3000 DM verkauft wurde. Mit "federleichten" 500 Gramm und einer Gesprächszeit von 150 Minuten stellte das erste GSM-Telefon von Motorola seinen Vorgänger in den Schatten. Das Gerät kündete nebenbei davon, dass auch Mobiltelefone auf ihre Weise dem Mooreschen Gesetz unterliegen – und dass sie ein Massenprodukt werden, das den PC bald in den Schatten stellen sollte. Ausweislich des Zählers auf der Website der GSM Association sind derzeit 3,139 Milliarden Mobiltelefone in GSM-Netzen in Betrieb.

Während die Mobilfunksparte von Motorola heutzutage nicht gerade für [ticker:106986 gute Nachrichten] zuständig ist, könnte sie zur Feier des Jubiläums auf ihre Weise beschäftigt sein: Die vielfach kolportierte Behauptung der Erfinder, die sich als Mobiltelefon der Zukunft einen "Chip hinterm Ohr" wünschen, stimmt so nicht. Die Pioniere waren bescheidener. Rudy Krolopp wünschte sich jedenfalls ein Telefon in den Maßen, das in einem Schlips in einem hinten angenähten Säckchen unauffällig getragen werden kann. (Detlef Borchers) / (jk)