Leck wegen Produktionsfehler? – Sojus-Raumschiff könnte früher zurückkehren

Offiziell sollen Mikrometeoriten für die Lecks in russischen Raumschiffen verantwortlich sein. Intern kann man Produktionsfehler aber wohl nicht ausschließen.

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Die Sojus MS-22 an der ISS

(Bild: NASA)

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Der Hersteller der russischen Sojus-Raumschiffe kann intern offenbar noch immer nicht ausschließen, dass die beiden Kühlmittellecks der vergangenen Wochen auf einen Produktionsfehler zurückgehen. Er will den nächsten Crew-Wechsel eventuell vorziehen, berichtet die russische Tageszeitung Iswestija (Известия) unter Berufung auf anonyme Quellen aus dem Unternehmen. Offiziell wird aktuell noch an dem Plan festgehalten, die nächste Sojus-Raumkapsel Mitte September zur Internationalen Raumstation ISS zu schicken. Danach sollen zwei Kosmonauten und ein Astronaut mit dem Ersatzraumschiff MS-23 zur Erde zurückkehren. Vorgezogen werden könnte diese Rotation, weil befürchtet wird, dass bis dahin auch an MS-23 ein Kühlmittelleck auftreten könnte.

Wie die russische Nachrichtenagentur Tass zusammenfasst, wollen einige Spezialisten bei RKK Energija nicht ausschließen, dass die beiden Kühlmittellecks an Sojus-Kapseln auf Produktionsfehler zurückgehen. Das könnte erklären, warum beide Defekte jeweils ungefähr drei Monate nach dem Start der Raumkapseln aufgetreten sind. Mit einer früheren Ablösung der drei Raumfahrer könnte man versuchen, eine erneute Wiederholung zu verhindern. Das Raumschiff Sojus MS-23 war Mitte Februar ohne Besatzung zur ISS geflogen und soll Sergej Prokopjew, Dmitri Petelin und Frank Rubio zur Erde bringen. Sollte das auf den Juni vorgezogen werden, dann um das Risiko zu verringern, dass erneut ein Leck die Rückkehr gefährdet.

Der Bericht der russischen Tageszeitung gibt den Vorgängen rund um die Lecks erneut eine neue Wendung. Zuerst war im Dezember das an die ISS angedockte Raumschiff MS-22 irreparabel beschädigt worden, mit dem die drei Raumfahrer zur ISS geflogen waren. Das Kühlsystem des russischen Raumschiffs funktioniert nach einem "signifikanten Leck" nicht mehr richtig und bei einem Rückflug zur Erde würde es zu warm werden. Zur Sicherheit der drei wurde entschieden, mit MS-23 ein Ersatzraumschiff unbemannt zur ISS zu schicken, damit sollen sie eigentlich Ende September zur Erde zurückkehren. Dann ist plötzlich Mitte Februar auch ein Leck an dem Frachtraumschiff Progress MS-21 aufgetaucht und hatte die Zweifel an der Zuverlässigkeit der russischen Technik verstärkt.

Für beide Lecks waren aus Russland bislang Einschläge von Mikrometeoriten als mögliche Ursache ins Spiel gebracht worden, solch eine Wiederholung in so einem kurzen Zeitraum wäre aber extrem unwahrscheinlich. Beim Hersteller RKK Energija schließen zumindest einige Experten einen Herstellungsfehler nicht aus und plädieren deshalb dafür, die Rückholung der drei Raumfahrer vorzuziehen, schreibt Iswestija. Denn dann wäre es theoretisch möglich, dass auch die Raumkapsel MS-23 diesen Fehler aufweist, drei bis vier Monate nach dem Start könnte daran ein ähnliches Leck auftreten. Die NASA weiß laut SpacePolicyOnline bislang nichts von einer möglichen Planänderung. Gegenüber Iswestija hat die russische Raumfahrtagentur Roskosmos darauf verwiesen, dass eine offizielle Entscheidung noch aussteht.

(mho)