Karl Lauterbach: "Berechtigte Datenschutzbedenken sind wie Gold, aber... "

Die E-Patientenakte für alle, die Opt-out-ePA, soll auch diejenigen mitnehmen, die "das Risiko einer plötzlichen schweren Erkrankung unterschätzen".

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Karl Lauterbach stellt sich Fragen im Ausschuss für Digitales

Karl Lauterbach im Ausschuss für Digitales

(Bild: Bundestag)

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2024 soll es nicht nur das elektronische Rezept, sondern auch die elektronische Patientenakte (ePA) für alle geben, die Opt-out-ePA. Wer sie nicht will, muss widersprechen. Für etwaige Datenschutzfehler "könne man sehr büßen müssen", räumt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach im Digitalausschuss ein – "berechtigte Datenschutzbedenken [seien] wie Gold". An den notwendigen Sicherheitsvorkehrungen würden die Zuständigen daher arbeiten. Er sei überzeugt, dass es eine Lösung geben werde, die die Sicherheitsexperten überzeugen werde. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) nehme die Bedenken sehr ernst, allerdings soll die ePA auch zum Einsatz kommen.

Viele Menschen würden das Risiko von "plötzlicher schwerer Krankheit" unterschätzen. Mit der geplanten ePA für alle wolle man auch diejenigen mitnehmen, die sich für gesünder halten, als sie tatsächlich sind. Die ePA als Kernelement der Digitalisierungsstrategie soll die Versorgung der Patienten verbessern – sie sollen erstmalig "Herr der Daten" sein. Er selbst könne ein Lied von fehlenden Vorbefunden und Doppeluntersuchungen singen. Das werde sich ändern.

Bei besonders sensiblen Diagnosen wie HIV-Erkrankungen oder Suizidalität sollen Ärzte die Patienten künftig fragen, ob sie solche Informationen wirklich in ihrer Patientenakte speichern wollen. Durch ein feingranulares Berechtigungsmanagement ist es zudem möglich, dass Ärzte von Patienten teilweise nur Leserechte erhalten, wenn Patienten eine entsprechende Erlaubnis erteilen. Eine befürchtete, mögliche Weitergabe der ePA-Daten an Strafverfolgungsbehörden sei ausgeschlossen. Ebenfalls werde das Widerspruchsrecht bei der ePA für Versicherte in Zukunft beibehalten – dies sei auch aus Gründen des Datenschutzes nicht anders möglich. Mit dem im Herbst 2022 gestarteten partizipativen Prozess wolle man zudem erarbeiten, welche Daten zuerst in die elektronische Patientenakte sollen und wer sie befüllt.

Das kommende Gesundheitsdatennutzungsgesetz soll es laut Lauterbach ermöglichen, vorhandene Krankenkassendaten, Registerdaten, Genomdaten oder Daten aus Studien wie Deutschlands größter medizinischer Kohortenstudie NAKO zusammenzuführen. Dank der Gesetzesänderungen können Pharmafirmen Lauterbach zufolge "endlich" auch in Deutschland Längsschnittstudien durchführen. Um an die Daten zu kommen, müssen die Unternehmen Forschungsanträge ausfüllen. Bei den Vergaberechten für die Daten soll der Zweck der Forschung im Vordergrund stehen, nicht, von wem der Forschungsantrag ausgefüllt wurde.

Wie bereits bei der Vorstellung der Digitalstrategie erwähnt, soll jeder unbefugte Zugriff auf die Gesundheitsdaten protokolliert werden. Die Zugriffe ließen sich damit jedoch nicht ausschließen. Bisher sind Forschungspseudonyme im Gespräch, die jedoch von Datenschützern stark kritisiert werden, da die Daten Rückschlüsse auf die Patienten zulassen. Sicherheitsforscher wollen deshalb ein Widerspruchsrecht gegen die pseudonymisierte Weitergabe aller Abrechnungsdaten gesetzlich Versicherter an das Forschungsdatenzentrum erwirken. Wie genau die Daten geschützt werden sollen, will Lauterbach künftig mit Experten erarbeiten. Details, wie Datenschutz und Forschung in Einklang gebracht werden können, wurden nicht genannt.

Der Umbau der für die Digitalisierung des Gesundheitswesens zuständigen Gematik GmbH sei Lauterbach zufolge einvernehmlich geschehen. Nur so könne die Digitalisierung des Gesundheitswesens beschleunigt werden. Zwar ist die Gematik dem BMG – dem zuvor 51 Prozent der Anteile gehörten – künftig unterstellt, dennoch würden die gesetzlichen Krankenkassen weiterhin einen erheblichen Teil der Finanzierung übernehmen. Der Anteil lag nach Aussagen von Lauterbach bei 93 Prozent.

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Die Aussagen des Bundesgesundheitsministers überraschen, da beispielsweise Doris Pfeiffer, die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, sich erst kürzlich anders geäußert hatte: "Wir glauben nicht, dass es sinnvoll ist, zentrale Akteure wie die Ärzteschaft, die Krankenhäuser, Apotheken und die Krankenkassen im Rahmen der Verstaatlichung der Gematik von der Trägerschaft dieser zentralen Institution für die Weiterentwicklung der Digitalisierung des Gesundheitswesens auszuschließen". Weiter geht sie davon aus, dass eine Gematik als staatliche Institution auch vom Staat finanziert werde.

(mack)