GPT im iPhone-Sprachassistenten: Siri in der Sackgasse?

Immer häufiger ist die Frage zu hören, wann Siri zu ChatGPT aufschließt. Doch das könnte schwierig werden, behauptet ein früherer Siri-Entwickler.

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Siri bei der Erstvorstellung im Jahr 2011

Humorvoll – aber nur mit vorgegebenen Scherzen: Der damalige Apple-Softwarechef Scott Forstall bei der Vorstellung von Siri im Oktober 2011.

(Bild: Apple)

Lesezeit: 4 Min.

In den letzten Wochen ist sie in Nutzerforen immer häufiger zu lesen: Die verständnislose Frage, warum Apple, Google und Amazon nicht einfach die Fähigkeiten der generativen Text-KI GPT in ihre Sprachassistenten integrieren. Während OpenAI und Microsoft am Beispiel von ChatGPT vormachen, wie gut ein Computer den Menschen verstehen und dabei in den meisten Fällen sogar brauchbare Antworten geben kann, stehen die etablierten Systeme nach dem Empfinden vieler Nutzer auf der Stelle. Sie sind nur so smart wie ihre Datenbanken und reagieren unbeholfen, wenn eine Anfrage nicht genau der Logik entspricht, die von den Entwicklern erdacht wurde. Laut eines früheren Apple-Mitarbeiters, der an der Entwicklung von Siri beteiligt war, soll jedoch eine Verbesserung im Stile von GPT mit der bestehenden Software so gut wie unmöglich sein.

Die New York Times berichtet, dass Apple angesichts des Hypes um generative KI insgeheim auch mit Text-KIs experimentiere. Vom internen KI-Gipfel für Apple-Mitarbeiter, der vor einigen Wochen im Apple Park in Cupertino stattfand, war zunächst nichts nach außen gedrungen, was auf eine baldige Reaktion des iPhone-Herstellers auf ChatGPT schließen ließ. Doch der neue Bericht besagt, dass dort sehr wohl auch über Fortschritte in diesem Bereich gesprochen wurde und dass auch das Siri-Team involviert sei. Anders als Google, das umgehend auf ChatGPT mit einem eigenen System namens Bard reagierte, schweigt Apple in bekannter Weise bislang zu den Entwicklungen. Frühestens zur Entwicklerkonferenz WWDC im Juni wird mit einer ersten Reaktion gerechnet – wenn überhaupt.

Zumindest der Hoffnung, dass Siri einfach leicht angepasst werden muss, erteilt der frühere Apple-Ingenieur John Burkey eine Absage. Der heutige Geschäftsführer von Brighten.ai, Hersteller einer KI-basierten Sprachassistenten-Software, arbeitete knapp zwei Jahre – zwischen 2014 und 2016 – in der Siri Advanced Development Group bei Apple. Er zeichnet in dem Bericht ein ernüchterndes Bild von der Programmierung Siris. Er spricht von klobigem Code, einem Schneeball an Phrasen in diversen Sprachen und einem umständlichen Design.

So erforderten schon einfache Ergänzungen wie das Hinzufügen neuer Sätze ein Neuerstellen der gesamten Datenbank, was ein ziemlich zeitaufwendiger Prozess sei. Je nach Umfang könnte es vier bis sechs Wochen, bei größeren Veränderungen wie neuen Suchwerkzeugen, sogar bis zu einem Jahr dauern, um zum gewünschten Ergebnis zu kommen. Er schätze, dass es auf Grundlage des vorhandenen Systems keinen Weg gibt, dass Siri sich in ähnlicher kreativer Weise präsentiert wie ChatGPT. Aktuell ist GPT-4 vorgestellt worden, was die Fähigkeiten von ChatGPT noch einmal deutlich erweitert.

Siri wurde von Apple 2011 eingeführt und in das Betriebssystem iOS integriert. Zuvor gab es die Software bereits als eine eigene App. Apple kaufte diese und das Know-How des herstellenden Unternehmens seinerzeit auf. Laut New York Times hätten die virtuellen Assistenten Siri, Alexa und Google Assistant das KI-Rennen verloren – mehr als ein Jahrzehnt sei verstrichen, ohne dass die Software unverzichtbar geworden sei. Schon im Jahr 2018 wurde Kritik vom damaligen Mitbegründer von Siri, Norman Winarsky, laut, der Apple vorwarf, am eigenen Anspruch gescheitert zu sein. Zumindest seine Aussage, Apple habe sich verkalkuliert, als es Siri zum Assistenten für alle Lebensbereiche machen wollte, wurde durch die Realität überholt. Genau diesen Anspruch verfolgt auch ChatGPT – und kann dies nach dem Empfinden vieler deutlich besser als die etablierten Systeme.

(mki)