Google verkündet Offensive zur "Datenbefreiung"

Der Internetkonzern will künftig im Rahmen seiner "Data Liberation Front" bei allen Produkten neben dem einfachen Import auch einen umfassenden Export eigener Datenbestände erlauben, Vorreiter ist etwa Google Docs.

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Google will künftig im Rahmen einer hausinternen "Data Liberation Front" bei allen eigenen Applikationen neben dem einfachen Import auch einen umfassenden Export eigener Datenbestände erlauben. "Unser Ziel ist es, in jedem unserer Produkte einen großen Export/Import-Knopf zu haben", erklärte Brian Fitzpatrick, Leiter der Offensive zur "Datenbefreiung" bei dem Internetkonzern heute in einem Interview mit heise online in Berlin. Gerade auf dem Weg zum viel beschworenen Cloud Computing mit der Verlagerung der Datenverarbeitung ins Netz sei es wichtig, das Vertrauen der Nutzer zu bewahren und ihnen die Hoheit über ihre Daten zu geben.

Die Türen von Google-Anwendungen seien zwar nie wirklich verschlossen gewesen, aber teils "etwas schwergängig", sagte Fitzpatrick. So müsse ein Datenexport schnell gehen und möglichst umfassend mit einem Klick erfolgen. Google wolle den Nutzern einen Umzug leicht machen und setze dabei auf offene Formate, offene Standards und offene Schnittstellen. Natürlich sollten damit die Anwender nicht vertrieben werden, betont Fitzpatrick. Aber im Gegensatz zu früher, als es der Softwareindustrie auf das Einschließen von Nutzern angekommen sei, seien die Wechselhürden im Web generell vergleichsweise niedrig. Daher konzentriere sich Google auf Produktinnovationen, um die Anwender zu halten.

Für Google Docs ist eine Exportfunktion geplant. Aus dem webbasierten Textverarbeitungsprogramm soll sich eine komprimierte ZIP-Datei in einem gewünschten Format abziehen lassen. Auch sollen Nutzer künftig beim Webseiten-Generator Google Sites eine gesamte Website mit sämtlichen Unterpfaden im HTML-Format herunterladen auf einen eigenen Web-Server online stellen können. Ein genaues Datum für die Freischaltung der neuen Funktionen in beiden Applikationen konnte der Entwicklungsleiter noch nicht nennen.

"Revolutionär" war die Einrichtung der "Liberation Front" bei Google nach Ansicht des Teamleiters nicht, da das Unternehmen selbst aufgrund der Offenheit des Internet groß geworden sei. Wenn seine Leute zu Produktentwicklern im Konzern kämen, würden sie mit ihren Vorschlägen meist offene Türen einrennen und könnten an vorhandene Funktionen anknüpfen. Das Team von Blogger.com etwa habe von sich aus schon daran gedacht, eine Funktion auch zum Exportieren von Kommentaren auszuarbeiten. Mit Hilfe der "Datenbefreier" sei ein Open-Source-Produkt mit dem Titel "Google Blog Converters" herausgekommen. Ähnlich sei schrittweise die Offenheit von GMail verbessert worden. Nach der Ergänzung des POP-Zugangs durch IMAP sei ein Werkzeug zum Exportieren der Kontakte dazugekommen. Als andere Beispiele für Google-Applikationen mit Exportfunktionen nannte Fitzpatrick YouTube, iGoogle, Google Calendar oder Google Analytics.

Fitzpatrick hofft, dass andere Unternehmen auf den Zug aufspringen und sich ebenfalls der neuen Datenoffenheit verpflichten. Angestrebt werde ein Punkt, an dem die eigenen Produkte von sich aus auf die "Datenbefreiung" ausgerichtet seien. Nur "befreite" Anwendungen haben ihm zufolge langfristig eine Aussicht auf Erfolg. Interessierte können Vorschläge für weitere Aktionen der "Front" über eine eigene Webseite einreichen und bewerten. Das Team hält die Öffentlichkeit über ein eigenes Twitter-Konto über Neuheiten auf dem Laufenden. (Stefan Krempl) / (jo)