Google will digitale Bibliothek für Wettbewerber öffnen

Bei einer Anhörung zu Google Books vor dem Justizausschuss des US-amerikanischen Abgeordnetenhauses wurden einmal mehr die konträren Standpunkte deutlich. Der Suchmaschinenriese will Wettbewerbern nun Zugang zur digitalen Bibliothek einräumen.

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Der Internetdienstleister Google bietet Konkurrenten Zugang zu seiner digitalen Bibliothek an. Das geht aus einer Stellungnahme (PDF-Datei) des Unternehmens für eine Anhörung des Justizausschuss des US-amerikanischen Abgeordnetenhauses hervor. Darin schreibt Googles Chefjurist David Drummond, Wettbewerber sollen auf Bücher, die nicht mehr gedruckt werden, zugreifen können. Laut einem Bericht der Financial Times sollen Unternehmen wie Amazon die Bücher wiederverkaufen können und – nach Abzug der Urheberrechtsabgabe – "mehr als die Hälfte" der daraus erzielten Einnahmen behalten.

Während Google in seiner Stellungnahme darauf insistiert, im Gegensatz zu dem proprietären E-Book-Vertrieb von Amazon betreibe es eine offene Plattform, beharrt Amazon-Vizepräsident Paul Misener auf dem Standpunkt seines Unternehmens, Googles Einigung mit US-amerikanischen Autoren und Verlegern gefährde den freien Wettbewerb. Die Einigung, durch die Googles Buchdigitalisierungen erlaubt werden sollen und die im Oktober noch vom Gericht in New York abgesegnet werden muss, sieht eine "Book Rights Registry" vor. Diese sei unter normalen Marktgegebenheiten so nie möglich, meint Amazon in seiner Stellungnahme (PDF-Datei). Es würde ein Kartell ehemals konkurrierender Rechteinhaber installiert, die untereinander die Preise absprechen könnten. Außerdem würde Google für künftige Rechtsstreitigkeiten ein außerhalb der Gesetze stehender Freibrief ausgestellt, wenn der Richter die Einigung genehmige.

Zur Anhörung gestern, eine Woche vor dem Fristende für die Eingabe des US-Justizministeriums beim New Yorker Gericht, wurde auch deutlich, dass die für Rechteregistrierung zuständige US-Behörde Copyright Office ebenfalls das Google Book Settlement kritisiert. Behördenchefin Marybeth Peters erklärte (PDF-Datei), durch die Vereinbarung würde eine Angelegenheit geregelt, die normalerweise Sache des Gesetzgebers sei. Außerdem geht sie kurz auf Bedenken aus dem Ausland wie beispielsweise der deutschen Bundesregierung ein, die nach ihrer Ansicht ein "Anlass zur Besorgnis" seien. Im Gegensatz zu Peters sieht die Verbraucherschutzorganisation Consumer Watchdog, die ebenfalls angehört (PDF-Datei) wurde, in dem Settlement neben kartellrechtlichen Verstößen einen Konflikt mit internationalen Vereinbarungen in Form der Revidierten Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst.

Paul Aiken, Direktor der Autorenorganisation Authors Guild, die 2005 gegen Google geklagt und sich Ende 2008 zusammen mit dem Verlegerverband Association of American Publishers mit dem Internetdienstleister geeinigt hatte, weist in seinem Anhörungsbeitrag (PDF-Datei) Kritik an dem vereinbarten Opt-out-Prinzip für Rechteinhaber zurück. Das bestehende Copyright-System legitimiere sehr wohl, dass Autoren und Verleger eine Digitalisierung ausdrücklich ablehnen sollen. Dabei verwies Aiken als Beispiel auf das deutsche System, bei dem Werke sogar ohne Genehmigung der Rechteinhaber kopiert werden dürfen. Das Prinzip der Kopiererabgabe vertrage sich mit den internationalen Copyright-Vereinbarungen.

Marc Maurer, Präsident der Organisation National Federation of the Blind, betont (PDF-Datei) ebenfalls auf das Recht der Urheber, aus dem Vollzug der Vereinbarung aussteigen zu können. Einige Kritiker des Vergleichs hätten gar gemeint, Google geriere sich als "Robin Hood", indem das Unternehmen Sehbehinderten einen besonderen Zugang zu digitalisierten Werken gewähre. Dem sei nicht so, sagte Maurer, vielmehr müssten die Blinden auch weiterhin ebenso für Bücher zahlen wie die Sehenden. Nur werde künftig der Bestand an verfügbaren Büchern durch Googles Projekt auch für Blinde wesentlich größer.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries sieht in Googles Buchdigitalisierungen ein "rechtswidriges Verhalten". Auch die französische Regierung hat sich so wie die deutsche mit einem Schriftsatz in das Verfahren um das Google Book Settlement als Kontrahent eingeschaltet. Zu einer Expertenanhörung der EU-Kommission hatte Google diese Woche angeboten, ausländische Vertreter an der Aufsicht über die Buchdigitalisierungen beteiligen. (anw)