Anti-Terror-Datenbank des FBI soll über 1,5 Milliarden Einträge umfassen

Die US-Polizeibehörde arbeitet mit einem National Security Branch Analysis Center (NSAC) laut einem Bericht weiter an Data-Mining-Projekten im Stil des "Total Information Awareness"-Systems, dem der Kongress den Hahn abgedreht hatte.

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Das FBI arbeitet im Anti-Terror-Kampf weiter an umfassenden Data-Mining-Projekten im Stil des "Total Information Awareness"-Systems (TIA) des Pentagons, dem der US-Kongress eigentlich 2003 den Geldhahn abdrehte. Dies geht aus Akten der US-Regierung hervor, die das Online-Magazin Wired nach eigenen Angaben auf Basis des US-Informationsfreiheitsgesetzes, dem Freedom of Information Act (FOIA), erhalten hat. In Crystal City, einem Vorort von Washington, unterhält das National Security Branch Analysis Center (NSAC) demnach eine Anti-Terror-Datenbank mit über 1,5 Milliarden Einträgen über US-Bürger und Ausländer aus Regierungs- und Unternehmensquellen. Das System soll wie eine Meta-Suchmaschine funktionieren, aber auch Muster- und Linkanalysen unterstützen. Die Rede ist von einem "Schweizer Messer" für das Schürfen in Datenbergen.

Neben Passagierdaten und Überweisungsinformationen, die US-Sicherheitsbehörden unter anderem aus der EU zur Terrorismusbekämpfung übermittelt werden, soll das NSAC-Register unter anderem 55.000 Datensätze der Motelkette Wyndham Worldwide enthalten, der Häuser wie Ramada Inn, Days Inn, Super 8 oder Howard Johnson angehören. Eingeflossen sind dem Bericht zufolge ferner Kundeninformationen der Autovermietung Avis und Kreditkartenauszüge der Kaufhauskette Sears. Integriert sein sollen weiter 500.000 Namen der allgemeinen US-Terrorliste, Verzeichnisse über aktive Piloten und fast drei Millionen Einträge von Personen, die Gefahrengüter auf Straßen transportieren dürfen.

Auch Inhalte abgehörter Telefonate oder aufgezeichneter E-Mail-Kommunikation seien eingeflossen. Einen Großteil des Bestands mit rund 200 Millionen Datensätzen sollen nicht zuletzt Informationen kommerzieller Datenhändler wie Acxiom oder Choicepoint ausmachen. Offen lassen die Dokumente, ob die beteiligten Firmen die Daten dem FBI freiwillig ausgehändigt haben oder ob die Ermittler sie auf Basis ihrer umstrittenen Befugnis zur Auskunftseinholung über die sogenannten National Security Letters (NSL) ohne richterliche Genehmigung abgefragt haben.

Das NSAC vereint laut Wired die Datenbank der Foreign Terrorist Tracking Task Force, mit der beispielsweise Flugschüler gesondert überwacht werden sollten, mit dem umfassenden System des Investigative Data Warehouse (IDW). Über letzteres hatte die Electronic Frontier Foundation (EFF) bereits im Mai Details bekannt gemacht. Damals war von rund einer Milliarde mit einer Art "Über-Google" beschriebenen Suchfunktionen analysierbaren Dokumenten die Rede.

Ein Sprecher der US-Bürgerrechtsorganisation beklagte, dass die Regierung weiterhin große Geldsummen für eine Technologie verpulvere, deren Effektivität nicht erwiesen sei. Vielmehr sei die Möglichkeit groß, dass falsche Korrelationen erzeugt und unschuldige Amerikaner unnötig durchleuchtet oder in ihrer Freiheit eingeschränkt würden. Er forderte, dass das NSAC und die restlichen Data-Mining-Bemühungen von US-Sicherheitsbehörden vor einer Fortsetzung unter die strikte Kontrolle des Parlaments und der Öffentlichkeit gestellt werden müsse. Das Analysezentrum des FBI verfolge derzeit zwar offenbar noch nicht den Allwissenheitsanspruch des TIA-Projekts. Dies könne sich aber ändern, wenn die Polizeibehörde mehr Daten akquirieren und ihre diesbezügliche Wunschliste abarbeiten würde. (Stefan Krempl) / (jk)