Insolvenz: Tiefpunkt auch fĂĽr den Unternehmer
Die Insolvenzen bei IT-Handels- und Systemhäusern häufen sich. Viel zu oft folgt auf die Krise des Unternehmens auch die finanzielle Krise des selbständigen Unternehmers. Das gilt es zu verhindern.
Lieber RZNnet-Chef Lothar Papenberg,
was halten Sie eigentlich von dem Fall Karl-Gerhard Eick? Der Arcandor-Chef war ja erst vor einem halben Jahr angetreten, um das Unternehmen (Karstadt/Quelle) zu retten, musste aber jetzt sein Scheitern eingestehen und Insolvenz anmelden. Für seine Bemühungen erhält er den Informationen nach eine Abfindung von 15 Millionen Euro. Viele Menschen sind darüber entrüstet, vor allem natürlich die Arbeitnehmervertreter des Handels- und Touristikkonzerns, aber aus Sicht von Eick selbst geht die Sache in Ordnung. Schließlich ist er aus einem langjährigen Arbeitsvertrag als Vorstandsmitglied bei der Telekom herausgekauft worden. Was komisch ist: Ich kann alle diejenigen verstehen, die sich zu dieser Sache geäußert haben: Ich kann die Empörung der Arcandor-Angestellten verstehen, die sich um ihre Zukunft Sorgen machen und die Millionen-Abfindung für Eick als ungerecht und unmoralisch betrachten, aber ich kann auch Eick verstehen: Oder hätten Sie vielleicht aus einem sicheren Telekom-Arbeitsverhältnis mit einem Jahresgehalt von rund 2,4 Millionen Euro heraus ohne Absicherung dieses Himmelfahrtskommando bei Arcandor übernommen?
Trotzdem mischt sich in die Bewertung der Causa Eick/Arcandor natürlich auch eine gehörige Portion Neid. Nein, Missgunst nicht, nur Neid. Mann, der Eick, denkt man, der hat´s gut! Hätt´ich doch was Richtiges gelernt! Das denkt sich vielleicht auch manch Unternehmer, der seinerzeit die Selbstständigkeit einer Konzernkarriere vorgezogen hat. Eick und die Arcandor-Insolvenz ist das Kontrastprogramm zu den "echten" Unternehmern, die "ihre" Firma aufgebaut haben und jetzt in diesen Tagen den schweren Gang zum Amtsgericht antreten müssen, um für "ihr" Unternehmen den Insolvenzantrag anzutreten. So wie Sie es jetzt gerade tun mussten, lieber Herr Papenberg. Die RZNet AG, im Jahr 1993 von Ihnen gegründet, ist am Tiefpunkt ihrer Geschichte angelangt. Die Geschäftsentwicklung im ersten Halbjahr war katastrophal, sämtliche Versuche, an frisches Kapital zu kommen, endeten in der Sackgasse. Seit Mittwoch vergangener Woche hat der vorläufige Insolvenzverwalter Norbert Weber das Sagen bei RZNet.
Im Gegensatz zu Arcandor-Vorstandschef Eick zahlt Ihnen, lieber Herr Papenberg, niemand ein paar Millionen Abfindung. Damit ergeht es Ihnen so wie den anderen IT-Händlern und Systemhaus-Unternehmern, denen in diesen Tagen unternehmerisch die Lauft ausgeht und die für ihre Firmen Insolvenz anmelden müssen. Sie können sogar noch von Glück reden, wenn zu der wirtschaftlichen Krise der Firma nicht auch noch die ganz persönliche private Finanzkrise kommt. In der Großindurtrie kann man durchaus den Eindruck gewinnen, dass eine Firma zwar vor die Hunde geht, die verantwortlichen Manager aber durch opulente Abfindungszahlungen saniert werden. Aber im von Unternehmern geprägten Mittelstand sieht die Sache völlig anders aus. Die Schicksale von Unternehmen und Unternehmern sind hier eng miteinander verkettet. Gerät die Firma in Not, gerät allzu häufig auch der Unternehmer in Not. Eine Insolvenz ist schlimm, sie ist, wie ich an dieser Stelle bereits vor ein paar Wochen geschrieben habe, wie ein Herzinfarkt. Noch schlimmer ist es, wenn der Herzinfarkt der Firma auch dem Unternehmer selbst die Luft abschnürt.
Gut ist, wenn man sich bei Zeiten gegen die schlimmsten Gefahren wappnet. Gerade jetzt erreichte mich eine Information der Anwaltskanzlei Aulinger aus Bochum und Essen, die sich mit dem Thema private Folgen einer Insolvenz für den Unternehmer befasst. Ich zitiere mal kurz aus dem Vorspann des Textes: "Bei einer Insolvenz stehen viele Unternehmer vor dem finanziellen Ruin. Und stellen dann oft auch noch fest: Anders als bei Arbeitnehmer-Betriebsrenten ist ihre Altersvorsorge in der Regel nicht durch den Pensionssicherungsverein (PSV) garantiert. Doch so weit muss es gar nicht erst kommen, denn Firmenchefs können vorbeugen." Es folgen detaillierte Beschreibungen des Bedrohungspotenzials, aber auch Strategien und Maßnahmen, wie man sich gegen diese Risiken absichern kann. Ich muss gestehen, dass ich nicht alles hundertprozentig verstanden habe, was die Juristen hier geschrieben habe, aber dass es für Unternehmer von Bedeutung ist oder sein kann, das habe ich kapiert. Und daher wollte ich Sie und alle Unternehmer auf diesen Text der Anwälte aus dem Ruhrgebiet aufmerksam machen (hier der direkte Link dazu).
Lieber Herr Papenberg, in einem Presseartikel äußerten Sie die Hoffnung, dass es bei der RZNet gar nicht zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens kommen wird, da bereits vier potenzielle Investoren Interesse an einer Beteiligung bzw. Übernahme signalisiert haben. Das wäre eine Perspektive für Sie und die knapp 60 RZNet-Mitarbeiter.
Alles Gute und beste GrĂĽĂźe
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