Denic kritisiert Nummerierungsverordnung für Telekommunikation

Die Registrierstelle für de-Domains muß ihren Laden dichtmachen, wenn die Novelle des Telekommunikationsgesetzes in der jetzt vorgeschlagenen Form durchgesetzt wird.

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Von
  • Monika Ermert

Die Denic, Registrierstelle für de-Domains, muß ihren Laden dichtmachen, wenn die Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) in der jetzt vorgeschlagenen Form realisiert wird. Laut der neu geplanten "Nummerierungsverordnung" (TKNV) würden "Internet Domain Namen mit dt. Landeskennung, wie ENUM Domain Namen des Teilbereiches 9.4." unter das neue Gesetz fallen. "Das wären zwangsläufig auch de-Domains", fürchtet Denic-Justitiar Stephan Welzel. Im Extremfall müsste nach dem Wortlaut die Regulierungsbehörde die Aufgaben der Denic übernehmen. Dagegen setzte sich die Denic heute in einer Stellungnahme an das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) zur Wehr.

Auf besonderes Unverständnis bei den Domainverwaltern stößt, dass das BMWA die Domainfrage aus dem aktuellen TKG-Entwurf eigentlich schon wieder gestrichen hat, jetzt aber in der Nummerierungsverordnung wieder auftaucht. Damit nicht genug der Widersprüche. Während die Verordnung die Domains in Paragraph 1 Abs. 2 Nr. 10 klar erfasst, heißt es in der Begründung der Verordnung: "Im Hinblick auf den bislang privatwirtschaftlich geregelten Bereich der country code Top Level Domains der Länderkennung de besteht derzeit keine Veranlassung, diesen einer Regulierung zu unterziehen." Justitiar Welzel vermutet, dass sich der Gesetzgeber hier einfach alle Türen offen halten will.

Für ihn steht fest, wenn de und ENUM-Domains erfasst sind, hätte die RegTP auch das Sagen über die Strukturierung und Ausgestaltung des entsprechenden Adressraumes. "Man darf allerdings nicht vergessen, dass Denic nicht nur Adressen vergibt, sondern auch für eine technische Infrastruktur sorgt", sagt Denic-Chefin Sabine Dolderer. Wenn die Denic weiterarbeiten soll, müsste die Aufgabe in irgendeiner Form an die Genossen delegiert werden. Während man derartige Pläne im BMWA dementiert, sprechen Insider davon, dass sehr wohl über einen "öffentlich-rechtlichen Vertrag" mit der Denic nachgedacht wird. Eine Zuteilung des "Nummernraumes DNS" nach dem Buchstaben der TKNV würde allerdings bedeuten, dass man der RegTP eine Gebühr von 3,25 Millionen Euro zu bezahlen hätte, warnt die Denic in ihrer Stellungnahme.

Das BMWA erklärte in seiner schriftlichen Stellungnahme gegenüber heise online zwar noch einmal, dass keineswegs vorgesehen sei, dass die Namenszuteilungen künftig nicht mehr durch Denic erfolgen sollen. Allerdings wolle man Vorsorge für mögliche Änderungen im Einklang mit EU-Recht vorsorgen. "Gewünscht", so schreibt die Vertreterin des BMWA, sei "eine Klarstellung, dass es möglich werden kann, die Richtlinienvorgaben beispielsweise aus Art. 10 Abs. 1 und 4 RRL (Rahmenrichtlinie, Anm. d. Red.) konkret so umzusetzen, dass Zuweisungen oder Rahmenvorgaben für Nummerierungsressourcen erforderlich werden, die über die Rufnummernvergabe hinausgehen und sich insbesondere durch Interoperabilität begründen."

Dass EU-Recht eine Regulierung von Internetadressen fordert, bestreitet die Denic vehement und bekommt dabei Schützenhilfe von TKG-Experten. Das Zentrum für Europäische Integrationsforschung der Uni Bonn (ZEI) warnt in einer ausführlichen Stellungnahme zur TKG-Novelle entschieden vor der Domainregulierung, die EU-rechtlich nicht geboten sei. Vor den Domains seien eher noch IP-Adressen als "Nummern" zu regulieren, denn anders als Domains dienten sie auf Netzebene (TPC/IP) tatsächlich der Adressierung. Auch hier seien prinzipiell länderspezifische Adressbereiche denkbar. Die Regulierung von ENUM-Adressen, die Telefonnummern ins DNS übertragen, letztlich aber auch nichts anderes als Domains sind, halten die TK-Experten des ZEI ebenfalls für inkonsequent. Sie befürchten eine "Ausweitung der Regulierung in einem bislang wettbewerblich strukturierten Bereich".

Genau davor warnt auch die DenicC und fährt in ihrer offiziellen Stellungnahme schwere Geschütze auf. Eine automatisierte Registrierung wäre nach ihrer Ansicht nicht mehr möglich und aus der Verordnung könnten sich sogar Prüfpflichten für Inhalte ergeben. Auch Domaininhaber und die de-Registrare, allen voran die Denic-Mitglieder müssten mit erheblichen Einschränkungen rechnen. Beispielsweise könnten Domains nicht mehr wie bislang problemlos übertragen werden, sondern müssten erst wieder an die Registry zurückgehen. Domains wie Nummern im Sinne des TKG zu behandeln, würde eine Menge Probleme schaffen, sagt Dolderer.

Abgesehen von allen Menetekeln hat die Denic sicher damit Recht: reibungsloser oder schneller würde eine staatliche regulierte Domainvergabe eher nicht. Solche Konsequenzen dürften vom Gesetzgeber kaum gewollt sein. Sollte eine Änderung des Charakters der Domainvergabe in Deutschland allerdings beabsichtigt sein, wäre eine offene Diskussion dringend notwendig. (Monika Ermert) / (anw)