Besser im Griff: Chinas große Netzbetreiber starten Internet-Cafés

Als Erster der großen chinesischen Backbone-Provider steigt China Unicom ins Geschäft mit den Internet-Cafés ein.

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Von
  • Monika Ermert

Als Erster der großen chinesischen Backbone-Provider steigt China Unicom ins Geschäft mit den Internet-Cafés ein. 700 Cafés will man in ganz China eröffnen, das bestätigte ein Mitarbeiter der Hongkonger Tochterfirma gegenüber heise online. "Ich würde nicht sagen, dass es schwierig war, die Lizenz zu bekommen", so der Mitarbeiter. "China wird in dieser Beziehung immer offener und auch andere Netzbetreiber, China Telecom zum Beispiel, werden sicherlich eine Lizenz erhalten."

Die in Hongkong erscheinende Tageszeitung South China Morning Post hatte berichtet, dass sich neben China Telecom auch der dritte große Konkurrent China Netcom um eine Lizenz bewirbt. Die Ketten der großen, staatlichen TK-Betreiber dürften den Behörden im Einparteienstaat gut ins Konzept passen, da sie leichter zu kontrollieren sind als die kleinen, unauffälligen Kellerbars und der Regulierung traditionell "aufgeschlossener" gegenüberstehen dürften. Auf die Frage, inwieweit Inhalte in den Cafés zu sperren sind, reagiert man bei China Unicom mit dem achselzuckenden Verweis auf die "geltenden Bestimmungen".

Die im Herbst vergangenen Jahres in Kraft getretenen "Internet Service Site Business Management Regulations" (Hulianwang shangwang fuwu yingye changsuo guanli tiaoli) sehen vor, dass die Internet-Café-Betreiber es zur Anzeige bringen, wenn die Kunden "Staatsfeindliches" oder "die Gesellschaft Zersetzendes" auf die Rechner holen, es selbst verbreiten oder sonstwie nutzen. Strenge Regeln gelten mit Blick auf Minderjährige, die nicht ohne Erwachsene zum Surfen kommen dürfen. Die Bars müssen daher auch wenigstens 200 Metern von Grund- und Mittelschulen entfernt sein und über Nacht schließen.

Um mit den von den Behörden ungeliebten fensterlosen Kelleretablissements aufzuräumen, heben die Bestimmungen vor allem aber auch darauf ab, dass Internet-Cafés Unternehmen mit nachgewiesenem Mindestkapital und entsprechenden Sicherheitsstandards sein müssen. Die Cafés müssen mindestens zwei Feuerausgänge haben, zwischen zwei Rechnern muss mindestens ein Meter Platz sein. Fenster und Türen dürfen nicht blockiert sein. Die Bestimmungen, die in Städten wie Peking oder Shanghai auf Grund lokaler Bestimmungen schon früher galten, wurden nach einem Brand in einem Pekinger Internet-Café im vergangenen Juni strenger kontrolliert. Bei dem Brand waren 24 Menschen ums Leben gekommen.

Die South China Morning Post berichtete in einer großen Reportage kürzlich, dass riesige, helle Mega-Cafés mit schnellen Breitbandanschlüssen und an die Wand plakatierten Cybercafé-Regeln die kleinen fensterlosen "schmuddeligen" Kellerbars abgelöst hätten. In Peking hätten inzwischen rund 500 neue Cafés eröffnet, vor dem Brand sollen es rund fünfmal so viele gewesen sein. Der Einstieg der Netzbetreiber dürfte den unabhängigen Betreibern künftig das Leben allerdings schwer machen, auch weil diese auf der Basis eigener Netzressourcen anders kalkulieren können.

Unicom will stark auf Franchise-Nehmer setzen. Das Unternehmen könnte durch den Vorsprung bei der Lizenznahme den großen Mitbewerbern, allen voran China Telecom, gute Stücke wegschnappen. Wie viele Cafés in welchen Regionen des Riesenreiches geplant sind, wollte man bei Unicom derzeit noch nicht preisgeben; auch für genaue Angabe zu Preisen sei es noch zu früh. An den Start soll es aber in wenigen Monaten in Shanghai geben, wo man übrigens bis vor kurzem noch Bars fand, in denen man, in dicke Rauchwolken eingehüllt, noch die halbe Nacht ungestört surfen konnte. (Monika Ermert) / (jk)