500 Kanäle und 5 Konzerne: Medienriesen dürfen Einfluss vergrößern

Eine ungewöhnliche Koalitition kritisiert die US-Regulierungsbehörde wegen der Lockerung ihrer Regeln.

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Von
  • Thomas Müller
  • dpa

Es ist eine ungewöhnliche Koalition: Linke Bürgerrechtsorganisationen, der erzkonservative Verband der Waffenbesitzer und CNN-Gründer Ted Turner kämpften gegen die US-Regulierungsbehörde Federal Communications Commission (FCC) und die großen Medienkonzerne. Doch auch 750.000 E-Mails und die Intervention von 150 Kongressabgeordneten nützten nichts. Am Montag lockerte die FCC die seit Jahrzehnten bestehenden Regeln und erleichterte damit die Medienkonzentration.

Während FCC-Chef Michael Powell, ein Sohn des US-Außenministers, von einer nötigen Anpassung der Jahrzehnte alten Regeln an die veränderten Bedingungen im Zeitalter von 500 Fernsehsendern und Internet sprach, sahen Kritiker vor allem ein Geschenk für die fünf großen Medienkonzerne. "Das ist ein schwarzer Tag für die Demokratie. Die FCC (...) hat einer Handvoll Medienmogulen grünes Licht dafür gegeben, zu kontrollieren, was die amerikanische Öffentlichkeit sieht, hört und liest", erklärte Chellie Pingree von der Bürgerrechtsbewegung Common Cause.

Nach den neuen Regeln dürfen AOL Time Warner, Viacom (CBS), General Electric (NBC), Disney (ABC) und Rupert Murdochs News Corp. (Fox) künftig mehr Fernsehstationen dazukaufen und in den großen Städten bis zu drei Regionalsender besitzen, die ihr Mantelprogramm und die örtlichen Nachrichten ausstrahlen. Außerdem darf ein Konzern nun in einer Stadt Zeitungen und Fernsehsender betreiben.

Die im Internet agierende Basisorganisation Moveon hatte zusammen mit anderen linksgerichteten Gruppen vor allem gegen den australischen Medienzaren Murdoch mobil gemacht. Sie fürchten, dass Murdoch nun sein Imperium in den USA rasant ausweiten wird. "Unter den neuen Regeln kann Murdoch hunderte neue Stationen erwerben, und mit seiner parteiischen und einseitigen Berichterstattung riesigen Einfluss nehmen."

In einer ganzseitigen Anzeige der Gruppen in der New York Times sind vier Fernsehschirme zu sehen, auf denen jedes Mal das selbe Bild zu sehen ist: ein grimmig blickender Murdoch, der neben der Zeitung "New York Post" bereits den erfolgreichen Nachrichtenkanal Fox News, den Fernsehsender Fox und das Hollywood-Studio Twentieth Century Fox besitzt. Darunter stand: "Dieser Mann möchte die Nachrichten in Amerika kontrollieren."

Aber auch Konservative wandten sich gegen die Lockerung. Der Kolumnist der New York Times, William Safire, kritisierte den "Griff nach der Macht" durch die Reichen und Mächtigen. Es gebe immer mehr Sender und immer weniger Meinungen. Und ganz am rechten Rand machte auch die Waffenlobby NRA gegen die Lockerung der Regeln mobil. Die NRA fürchtet vor allem, dass die "Waffen-hassenden Mediengiganten wie AOL Time Warner, Viacom/CBS und Disney/ABC" mehr Einfluss erhalten. Gegen Rupert Murdochs rechts gerichteten Nachrichtensender Fox News hat die NRA dagegen nichts.

Mit besonderem Interesse wurde in den USA die öffentliche Schelte des Medienmoguls Ted Turner an der FCC-Entscheidung registriert. Der CNN-Gründer, der seinen Sender später dem Medienriesen Time Warner zuführte, schimpfte in einem Beitrag für die "Washington Post", unter den neuen Regeln wäre es ihm nie möglich gewesen, einen eigenen Nachrichtenkanal zu starten.

Michael Copps, eines der fünf Mitglieder der FCC-Kommission, stimmt Turner zu. Der Demokrat, der gegen die Entscheidung stimmte, warnte, dass nur die großen Konzerne von der Lockerung der Regeln profitierten. Auch im Internet mit seinen tausenden Nachrichten-Seiten gehörten die 20 größten Webseiten, auf denen sich die Amerikaner informierten, praktisch alle den großen Konzernen, sagte Copps dem Nachrichtensender CNN.

Siehe dazu in Telepolis:

(Thomas Müller, dpa) / (anw)