Der Smartphone-Krieg: Sendo zerrt auch Orange vor den Kadi
Der britische Smartphone-Hersteller Sendo hat nach Microsoft nun auch Orange verklagt, den im Smartphone-Markt wohl stärksten verbliebenen Mitstreiter Microsofts.
Der britische Smartphone-Hersteller Sendo hat nach Microsoft nun auch den Mobilnetzbetreiber Orange verklagt, den im Smartphone-Markt wohl stärksten verbliebenen Mitstreiter Microsofts. Orange, so der Vorwurf der Smartphone-Schmiede, vermarkte das SPV genannte Mobiltelefon mit einer Platine, an der Sendo Patentrechte hält. Nun will der Patentinhaber in London vor Gericht eine einstweilige Verfügung gegen den Netzbetreiber erwirken und ihm so verbieten lassen, das SPV-Smartphone zu vertreiben. Auch kämen im Erfolgsfall Schadenersatzforderungen auf Orange zu.
Sendo war ursprünglich einer der Mobilfunk-Partner Microsofts. Gemeinsam wollten die beiden Unternehmen den Mobilfunkmarkt aufrollen, den bisher typische Mobilfunkfirmen dominieren, allen voran Nokia mit den eigenen Serie-60-Smartphones. Der Redmonder Software-Riese steuerte das Smartphone 2002 genannte Betriebssystem bei, Sendo entwickelte im wesentlichen die Hardware für das Z100-Smartphone. Doch kurz vor dem geplanten Marktstart im Herbst 2002 zog Sendo sein Z100 zurück. Da gab es bereits vielversprechende Prototypen des Geräts. Danach blieben Microsoft nur die beiden anderen Partner, der Netzbetreiber Orange und der taiwanische Noname-Hersteller HTC, der das nun einzig verbliebene Smartphone-2002-Handy fertigt, das SPV.
Genau besehen hat das SPV-Smartphone aber mehrere Väter. Von Microsoft stammt das Betriebssystem, gefertigt wird es von HTC -- allerdings nach Vorgaben von Orange. Nach offizieller Darstellung von Sendo ist fraglich, wie HTC das Know-how für den Bau der Platine erlangt hat. Doch Sendo, an denen Microsoft Minderheitsanteile hält, hat bereits Microsoft in Texas "wegen Diebstahls von geistigem Eigentum" verklagt und dem Software-Weltmarktführer vorgeworfen, "interne Informationen und Expertenwissen" abgezogen zu haben -- ohne allerdings Details zu nennen. Die nun in London eröffnete Front könnte Hinweise auf diese offene Frage liefern.
Aus Unternehmenskreisen von Sendo verlautete, dass die Firma zunächst eine einvernehmliche Lösung mit Orange gesucht habe. Warum sie nicht zustande kam, ist bisher offen. Mirko Lange, Sprecher von Sendo, meinte auf Nachfrage von heise online, dass Sendo zu diesem Schritt letztlich gezwungen gewesen sei. "Wenn Patente nicht eingeklagt werden, dann kann deren Wert abnehmen." Künftige Patentrechtsverletzungen wären schwerer zu ahnden, wenn man nicht schon beim ersten Mal dagegen vorgegangen sei. Die fragliche Platine trage zu einer deutlichen Miniaturisierung und auch zur Senkung der Produktionskosten des Geräts bei, heißt es. Das Patent habe Sendo angeblich in "etlichen Regionen der Welt beantragt". In England hat Sendo das Patent bereits erhalten; es ist unter der Nummer gb2377080 verzeichnet.
Wann über die Verfügung entschieden wird, ist noch unklar; es hängt davon ab, wie dringlich der Richter den Fall einstuft. Wenn Sendo mit seinem Antrag Erfolg haben sollte, dürfte das aber nicht nur für Orange und HTC ein schwerer Schlag sein, sondern auch für Microsoft, denn damit müsste das SPV-Handy in England vom Markt genommen werden und zusätzlich wäre der Vertrieb in anderen Ländern wohl sehr fraglich.
Bisher hatten die Väter des SPV wohl wenig Freude an ihrem Zögling. Nachdem britische Kunden mit dem Gerät unzufrieden waren, musste Microsoft eine Schlappe beim Versuch hinnehmen, das SPV in Deutschland zu vermarkten: T-Mobile wollte es nach mehrmonatigen Prüfungen schließlich doch nicht in seinen Produktpalette aufnehmen. (dz)