IANA: Die automatisierte Zeitumstellung – das Ergebnis einer Gruppe Freiwilliger

Viele vernetzte Geräte wie Handys, Fernseher und Laptop stellen sich in der Nacht zum Sonntag dank einer Datenbank wie von Zauberhand selbst eine Stunde vor.

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(Bild: by-studio/Shutterstock.com)

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Die nun in vielen Ländern wieder dräuende Umstellung auf die Sommerzeit ist für Dreiviertel der Bundesbürger zwar ein Ärgernis. Zumindest müssen sie bei zahlreichen vernetzten Geräten aber nicht selbst an der Uhr drehen. Millionen elektronischer Apparate wie Smartphones, Fernseher, PCs und Laptops werden sich am Sonntagmorgen um 2 Uhr automatisch eine Stunde vorstellen. Auch Flugpläne werden aus der Ferne umgestellt und Kalender neu synchronisiert, etwa für das nächste Meeting, ohne dass die Nutzer einen Finger rühren müssen. Dahinter steckt aber nicht ein Hauch von Magie, sondern meistens die Zeitzonen-Datenbank der Internet Assigned Numbers Authority (IANA).

Die Time Zone Database – oft abgekürzt als tz und auch bekannt als "zoneinfo" – umfasst Informationen zu allen Zeitzonen der Erde. In erster Linie ist sie für den Einsatz in Anwendungsprogrammen und Betriebssystemen gedacht. Die frei verfügbare tz-Datenbank wird etwa einmal pro Monat aktualisiert. Sie wird unter anderem von Unix und Linux – und damit auch unter MacOS – sowie diversen Webseiten und Java-Anwendungen verwendet. Auf Windows kann sie per Mapping-Verfahren abgebildet werden.

Die automatisierte Zeitumstellung ist das Ergebnis intensiver und sorgfältiger Vorarbeit einer Gruppe Freiwilliger, die in einem von der IANA betriebenen Forum die Zeitzonen koordinieren, die tz-Datenbank füttern, prüfen und regelmäßig updaten. Bei dem IT-Herzstück des Systems handelt es sich um eine maschinell lesbare Beschreibung der Zeitzonen inklusive aller Zeitumstellungen, definiert durch einen umfangreichen Satz mathematischer Regeln und Formeln. Mit dem Internet verbundene Geräte fragen hier für ihren Standort regelmäßig die richtige Uhrzeit ab und stellen sich so selbst entsprechend ein. Für Deutschland gilt etwa die Zeitzone "Europe/Berlin". Der tatsächliche Zeitpunkt bestimmt, ob die Sommerzeit berücksichtigt wird oder nicht.

Die Macher der Datenbank versuchen, sämtliche historischen Zeitzonen und alle Änderungen ziviler Zeit seit 1970 – der Unixzeit-Epoche – aufzuzeichnen. Dies reicht bis zum Eintrag und der Berücksichtigung von Schaltsekunden, also minimale Korrekturen, um Unregelmäßigkeiten in der Erdrotation auszugleichen. Die dahinterstehenden Experten verfolgt dabei kontinuierlich Berichte über Veränderungen von Zeitzonen und pflegen diese in die Datenbank ein. Manchmal wird es dabei kritisch, wenn etwa ein autoritärer Herrscher kurzzeitig festlegt, dass die Sommerzeit in einem Land nicht mehr befolgt wird. Das Projekt geht auf Arthur David Olson zurück, der es jahrelang in Eigenregie aufrechterhielt. Heute leiten es der Computerwissenschaftler Paul Eggert von der University of California Los Angeles und der Software-Ingenieur Tim Parenti von der Carnegie Mellon University.

Der IANA wurde die Datenbank nach einem Copyright-Streit unterstellt, um Rechtssicherheit zu schaffen. Diese Institution gehört zur Netzverwaltung ICANN (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers). Ihre Kernaufgabe ist es, alle Domain-Namen und Nummernsysteme wie IP-Adressen eindeutig zuzuordnen und so schnelle Webseitenaufrufe zu ermöglichen. 2021 gab es auf den für die tz-Database zuständigen Mailinglisten eine heftige Auseinandersetzung zwischen Eggert und dem Java-Entwickler Stephen Colebourne über Änderungen der Titel für die Zeitzonen bis hin zu einer angedrohten Abspaltung des Projekts ("Fork"). Mittlerweile haben sich die Gemüter beruhigt. Alexander Rabe, Geschäftsführer des eco-Verbands der Internetwirtschaft, sieht in der Datenbank ein Beispiel dafür, welcher Mehrwert aus der Kooperation vieler Akteure aus der Online-Branche, dem Nonprofit-Bereich und der Politik sowie Privatpersonen entstehen könne.

(bme)