Experte kritisiert Forderungen nach Leistungsschutzrecht für Verlage

Der Hamburger Jurist Till Kreutzer wirft den Verlegern vor, sich den "Mangel an Phantasie" bei der Vermarktung digitaler Inhalte durch den Gesetzgeber kompensieren lassen zu wollen.

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Der Hamburger Jurist Till Kreutzer wirft Zeitungs- und Zeitschriftenverlegern vor, sich mit ihrer Forderung nach einem gesonderten Leistungsschutzrecht fürs Internet den "Mangel an Phantasie" bei der Vermarktung digitaler Inhalte durch den Gesetzgeber kompensieren lassen zu wollen. Das angestrebte Recht würde ihnen den Erhalt ihrer Marktposition und des traditionellen Geschäftsmodells garantieren und neue Einnahmequellen verschaffen, schreibt der Rechtsanwalt in einem Beitrag für die aktuelle Printausgabe von epd-Medien, der inzwischen auch beim Urheberrechtsportal iRights.info erschienen ist. Es sei aber fraglich, ob dieser "Zaubertrick" gelingen könne. Aus Appellen wie etwa der "Hamburger Erklärung" lasse sich herauslesen, dass die Verlage ihr Heil zukünftig weniger in der Bezahlung durch den Leser als in der Bezahlung durch Unternehmen wie Google suchten, also solchen, die herausgefunden hätten, wie man im Internet Geld verdienen könne.

Das Leistungsschutzrecht schütze nicht die kreativen oder künstlerischen Leistungen von Personen, sondern desjenigen, der in die öffentliche Verbreitung geistiger, im Entstehungsprozess teurer Schöpfungen investiere, erläutert Kreutzer. Es gebe aber keinen allgemeinen Anspruch auf derartige Monopolrechte. Dabei profitierten die Verlage bereits von sehr weitgehenden Nutzungsrechten, die sie sich von Journalisten oder Fotografen einräumen ließen. Nun wollten sie ihre Rechtsposition erheblich ausweiten. Der Gesetzgeber müsse aber die Belange der Urheber, der Werkmittler und der Allgemeinheit angemessen ausgleichen, meint Kreutzer.

Kreutzer befürchtet, dass weniger gebloggt, diskutiert und veröffentlicht würde, "wenn von allen Blogs, Nachrichtenseiten, Enzyklopädien oder Foren und sonstigen Angeboten, in denen auf fremde Inhalte hingewiesen oder über die gleichen Ereignisse berichtet wird", Geld eingesammelt werde. Auch sei der bürokratische Aufwand für Abrechnung und Protokollierung hoch, die flächendeckende Überwachung aller Online-Publikationen könne nicht funktionieren. Auch müsse wohl das Bundesverfassungsgericht prüfen, ob ein solches Gesetz einen "unverhältnismäßigen Eingriff in die Freiheitsgrundrechte" darstelle.

Unterdessen hat sich mittlerweile die Medienkommission beim SPD-Parteivorstand unter ihrem Vorsitzenden Marc Jan Eumann für die Einführung eines Leistungsschutzrechts ausgesprochen. Sie will erreichen, dass "kostspielig erstellte Inhalte nicht beliebig kostenlos kommerziell verwertet werden können". Über den Antrag soll der SPD-Bundesparteitag im November entscheiden. Im Wahlprogramm von CDU/CSU heißt es: "Falls erforderlich werden wir ein eigenes Leistungsschutzrecht für Verlage zum Schutz der Presseprodukte im Internet schaffen". Die FDP erklärte in Antworten auf Wahlprüfsteine, dass viel für das Anliegen der Verleger spreche. (Stefan Krempl) / (anw)