Internet-Provider kritisieren neue Urheberrechtsrichtlinie

Zwölf europäische Telekommunikations- und Internetunternehmen haben in einem gemeinsamen Schreiben an die EU-Kommission ihre Hauptkritikpunkte geäußert.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Der Vorschlag der Europäischen Kommission für eine neue Richtlinie "über die Maßnahmen und Verfahren zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum" stößt auf harsche Kritik. Bislang fand keine öffentliche Anhörung statt. Obwohl sich vor allem die Internet-Provider betroffen fühlen, wurden sie bislang nicht zu Rate gezogen. Zwölf europäische Telekommunikations- und Internetunternehmen, darunter die Deutsche Telekom, British Telecom, France Telecom, Telecom Italia und Yahoo haben nun in einem gemeinsamen Schreiben an die Kommission ihre Hauptkritikpunkte geäußert.

Die Unternehmen halten es für "verfrüht", schon jetzt über eine neue Richtlinie nachzudenken, ohne die vollständige Umsetzung der Copyright- und E-Commerce-Richtlinien abzuwarten. Sie beklagen, dass die Richtlinie die Schadensersatzregeln und Beweislasten so regele, dass vor allem Internet-Provider darunter leiden. Der europäische Verband der Telekommunikationsbetreiber ETNO fordert ein gewisses Maß an Rechtssicherheit, damit die Unternehmen ihr Geschäftsrisiko abschätzen können.

Sorge macht den Unternehmen auch, dass die Richtlinie die Schwelle für einstweilige Verfügungen gegenüber den Internet-Providern absenkt. So könnten Rechteinhaber mit einer einstweiligen Verfügung ebenso einen verdächtigen Lastwagen anhalten wie einen Internet-Provider verpflichten, bestimmte Internetadressen zu sperren. Dabei genügt es, wenn "schwerer wirtschaftlicher Schaden" droht.

Die Richtlinie vermische außerdem zivile und strafrechtliche Maßnahmen mit neuen Rechtsregeln, kritisieren die Provider. So soll ein Verstoß gegen das geistige Eigentum strafrechtlich geahndet werden, falls er absichtlich und aus kommerziellen Zwecken erfolgt ist. In einer eigenen Stellungnahme kritisiert Stephen Collien für das Internetportal Yahoo, dass der Vorschlag die "europäische Tradition der Menschenrechte ignoriert und harte und einschneidende Maßnahmen nicht nur gegen kommerzielle Hard-Core-Gesetzesübertreter anwendet, sondern auch gegen einzelne Bürger, die sich in privaten, nicht-kommerziellen Aktivitäten engagieren".

Thorsten Braun, Justiziar des Musikindustrieverbands IFPI, zeigte sich gegenüber heise online hingegen "ein klein wenig enttäuscht", da der Entwurf dem Ausmaß der Piraterie nicht gerecht werde. Er verlangt, dass die Auskunftsansprüche in allen Bereiche auch für das Internet gelten müsse. Positiv wertet er, dass Urheberrechtspiraten nicht nur einfache Lizenzen nachbezahlen müssten, sondern doppelt soviel Lizenzgebühren. Die Autoren der Richtlinie vergleichen Nachahmung und Produktpiraterie mit dem Drogenhandel. Es ließen "sich hohe Gewinne erzielen, ohne dass schwere gesetzliche Sanktionen drohen". Über das Internet sei dieses Geschäft rasch auszuführen und nur schwer zu verfolgen. In gewerblichem Umfang betrieben erscheine die Produktpiraterie "als Instrument und Stützpfeiler des Verbrechens und auch des Terrorismus", heißt es in dem Entwurf. Kritiker vermuten die Musik- und Unterhaltungsindustrie hinter dem Vorschlag.

Der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments berät derzeit über den Entwurf, die Abstimmung ist für den 11. September geplant. Kritische Beobachter weisen darauf hin, dass die zuständige Berichterstatterin Janelly Fourtou von den französischen Konservativen früher für die Patentierung von Software und Geschäftmethoden warb. In ihrem Bericht zum Kommissionsentwurf verlangt sie noch umfassendere und härtere Sanktionen gegen Urheberrechtsverletzungen. Fourtou ist verheiratet mit Jean-René Fourtou, einem ehemaligen Top-Manager des Pharmakonzerns Aventis. Derzeit ist Jean-René Fourtou CEO des Medienkonglomerats Vivendi Universal und Chef der Internationalen Handelskammer (ICC). (Christiane Schulzki-Haddouti) / (anw)