Herta Müller erhält Nobelpreis für Literatur

Das Nobelpreis-Komitee beweist einmal mehr, dass es für Überraschungen gut ist und zeichnet in diesem Jahr die aus Rumänien stammende deutsche Schriftstellerin Herta Müller mit dem Literaturpreis aus.

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Eines ist sicher: Jedes Jahr, wenn der Nobelpreis für Literatur vergeben wird, kursieren die Namen der großen Amerikaner. Ebenso sicher war bisher, dass sie vom skandinavischen Nobel-Komitee ignoriert wurden. Trotz Ausnahmen wie Saul Bellow (1976), Joseph Brodsky (1987) oder Toni Morrison (1993) ist der Schwedischen Akademie bei ihren Entscheidungen eine gewisse Ignoranz der amerikanischen Gegenwartsliteratur nicht abzusprechen. Insbesondere ein Name steht Jahr für Jahr immer wieder ganz oben auf der Kandidatenliste: Philip Roth. Doch der große alte Mann der US-Literatur ging auch diesmal leer aus, und die Mitglieder des Nobelkomitees sorgten einmal mehr für eine Überraschung.

Die aus Rumänien stammende deutsche Schriftstellerin Herta Müller erhält den Nobelpreis für Literatur.

(Bild: dpa)

Der Nobelpreis für Literatur 2009 geht an die deutsche Schriftstellerin Herta Müller, "die mittels Verdichtung der Poesie und Sachlichkeit der Prosa Landschaften der Heimatlosigkeit zeichnet", wie die Schwedische Akademie am heutigen Donnerstagmittag in Stockholm bekannt gab. Die 1953 im rumänischen Nitzkydorf geborene Schriftstellerin wanderte 1987 in die Bundesrepublik aus und lebt heute in Berlin. Zu ihren Werken zählen Niederungen (1982), Angekommen wie nicht da (1994), In der Falle (1996) und Atemschaukel (2009).

Nach der unzensierten Veröffentlichung ihres Erstlings in Deutschland war Müller in ihrer Heimat der Verfolgung durch den rumänischen Geheimdienst Securitate ausgesetzt. Seit der Übersiedlung nach Deutschland wurde die Schriftstellerin mit zahlreichen Auszeichnungen gewürdigt, darunter der Deutsche Kritikerpreis (1992), der Europäische Literaturpreis Prix Aristeion (1995), die Carl-Zuckmayer-Medaille (2002), der Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung (2004) und der Berliner Literaturpreis (2005).

Der Nobelpreis für Literatur geht nach dem Willen seines Stifters Alfred Nobel an einen Autor, "der in der Literatur das Ausgezeichnetste in idealistischer Richtung hervorgebracht hat". Der Preis ist mit 10 Millionen Schwedischen Kronen dotiert (rund 970.000 Euro) und wird am 10. Dezember offiziell in Stockholm verliehen. Auch im vergangenen Jahr hatte die Akademie mit dem Franzosen Jean-Marie Gustave Le Clézio einen eher unbekannten Autor gekürt. Letzter deutscher Literaturnobelpreisträger war bislang Günter Grass, der im Jahr 1999 ausgezeichnet worden war.

Roth muss also weiter warten. Der 76-Jährige hat auch ohne Nobel-Weihen ein imposantes Lebenswerk geschaffen und veröffentlicht weiterhin mit hoher Taktzahl. Das ist nicht immer das ganz große Kino, doch spiegelt Roth mit seinen Innenansichten der jüdischen Mittelklasse die amerikanische Gegenwartskultur wie kein anderer. Neben Roth wurde in den vergangenen Jahren auch Joyce-Carol Oates immer wieder ins Spiel gebracht. Das Werk der 71-jährigen Princeton-Professorin ist so vielseitig wie umfangreich. Anders als Roth, der seine Handlungen im immer gleichen Mikrokosmos ansiedelt, ist Oates Werk von einer überwältigenden Vielfalt geprägt.

Favoriten bei den Buchmachern waren in diesem Jahr der israelische Autor Amos Oz, auch er ein alter Bekannter im Nobelpreis-Bingo, sowie eben Müller, was erneut Spekulationen über ein mögliches Leck in der verschworenen Nobel-Jury anheizen dürfte. Erst danach kamen Roth, Oates und Thomas Pynchon, der das US-Trio komplettiert. Auch der Japaner Haruki Murakami war bei den Wettfreunden noch ganz gut im Rennen. Bob Dylan, der wohl nominiert war und über dessen mögliche Auszeichnung vorab massiv spekuliert wurde, trauten die Zocker allerdings nicht viel zu.

Zu den Nobelpreisen 2009 siehe auch:

(vbr)