Brüssel signalisiert grünes Licht für Sperrgesetz

Von der EU-Kommission ist nach Angaben des eco-Verbands kein Einspruch gegen die umstrittenen Vorgaben zu Web-Sperren zu erwarten. Die Provider setzen ihre Hoffnung nun auf den Bundespräsidenten.

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Brüssel wird dem umkämpften "Gesetz zur Erschwerung des Zugangs zu kinderpornographischen Inhalten in Kommunikationsnetzen" voraussichtlich keine Steine in den Weg legen. Entsprechende Signale hat der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco erhalten. "Es zeichnet sich kein Einspruch der EU-Kommission ab", erklärte eine Sprecherin der Providervereinigung gegenüber heise online. Am heutigen Donnerstag läuft die sogenannte Notifizierungsfrist aus, in der Mitgliedstaaten Einwände gegen das im Juni vom Bundestag beschlossene Gesetz vorbringen können.

Die Prüfung des Vorhabens durch die Brüsseler Behörde verzögerte das Inkrafttreten des Zugangserschwerungsgesetzes um mehrere Monate. Nach wie vor steht die Unterschrift von Bundespräsident Horst Köhler (CDU) aus, dem das federführende Bundeswirtschaftsministerium den Entwurf noch nicht weitergeleitet hat. Der eco appellierte daher an das Staatsoberhaupt, die Ausfertigung "dieses schon aus formellen Gründen verfassungswidrigen Gesetzes zu verweigern".

Zur Begründung verweist der Verband darauf, dass der Bund keine Zuständigkeit für die Gefahrenabwehr im Bereich der Kinderpornographie habe. Darüber hinaus bestünden "massive Zweifel an der Verhältnismäßigkeit" eines Vorhabens, "das bestenfalls eine symbolische Wirkung hat". Auch "die kopflose und übereilte Verabschiedung des Gesetzes" im Vorwahlkampf sei "mit gravierenden Mängeln behaftet" gewesen.

Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat das Bundeskriminalamt (BKA) mittlerweile aufgefordert (PDF-Datei), unverzüglich "eindeutige eidesstattliche Versicherungen" abzugeben, dass der zwischen dem BKA und dem Zugangsanbieter Arcor/Vodafone geschlossene Sperrvertrag bislang nicht umgesetzt worden sei und eine Übermittlung der geplanten Filterliste nur nach Inkrafttreten des Gesetzes erfolge. Andernfalls müsse ein Eilverfahren gegen das BKA fortgeführt und die Frage der Nichtigkeit des Vertrags geklärt werden. Angegriffen hatte die Vereinbarung ein Arcor-Kunde, der auch als Webhoster tätig ist.

Die Anwältin des Klägers, Eva Dworschak aus Bremen, kündigte ferner an, gegen Bescheide des Oberlandgerichts Frankfurt in einem zivilrechtlichen Parallelverfahren gegen Arcor direkt Verfassungsbeschwerde einzulegen. Die Berufungsinstanz hatte die Ablehnung eines Antrags auf einstweilige Verfügung gegen Arcor durch das Frankfurter Landgericht bestätigt. Demnach gibt es keinen Grund für ein Einschreiten gegen den Sperrvertrag. Für die Frankfurter Kammern sind die Blockaden nur gegen kinderpornographische Seiten gerichtet. Sie stellten für den Kläger zudem keine Gefahr da, weil sie nach dessen eigener Darstellung leicht zu umgehen seien.

(vbr)