Microsoft Deutschland bestellt "Behörden-Beauftragten" [Update]

Einen neuen Managerposten wird es demnächst bei Microsoft Deutschland geben: Der "Direktor Public Sector" soll für die öffentlichen Verwaltung zuständig sein. Vier weitere Manager sind ebenfalls neu in Microsofts Führungsetage.

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Von
  • Jürgen Kuri

Einen neuen Managerposten gibt es demnächst bei Microsoft Deutschland. Der Direktor Public Sector wird Kunden aus der öffentlichen Verwaltung direkt betreuen und dem Vorsitzenden von Microsoft Deutschland, Jürgen Gallmann, unterstellt sein.

Um gleich mit den richtigen Kontakten die Arbeit aufnehmen zu können, soll ein ehemaliger Politiker den Job übernehmen: Wolfgang Branoner ist dafür vorgesehen. Branoner war zwischen 1998 und 2001 Wirtschaftssenator von Berlin; er ist Stellvertretender Vorsitzender beim Arbeitskreis E-Government des Branchenverbands Bitkom und betreute bei T-Systems den Bereich Public & Healthcare. Microsoft Deutschland bestätigte mittlerweile sowohl die Etablierung des "Direktor Public Sector" als auch die Bestellung von Branoner, von der die Financial Times Deutschland aus Unternehmenskreisen erfahren hatte. Branoner wird laut Microsoft das "Geschäft der Microsoft Deutschland GmbH mit Kunden aus den Bereichen Government, Healthcare, Non-Profit Organizations und Education" verantworten.

Für Microsoft ergibt die Einrichtung eines solchen Postens, der sich vor allem mit Lobby-Arbeit bei den öffentlichen Verwaltungen, den Behörden und Institutionen der Städte, der Länder und des Bundes beschäftigen dürfte, wohl auch Sinn. Schließlich erzeugt das Geschäft mit der öffentlichen Hand einiges an Umsatz für den Softwarekonzern, der aber in letzter Zeit einige peinliche Schlappen hinnehmen musste. So beschloss ausgerechnet der Stadtrat von München, auf Linux umzustellen -- in Unterschleißheim bei München ist die Hauptverwaltung von Microsoft Deutschland angesiedelt. Gegen den Beschluss in München halfen auch Unterredungen von Microsoft-Chef Steve Ballmer mit Münchens Oberbürgermeister Christian Ude und heftige Rabattierungen der Microsoft-Software nicht. Der Beschluss in München erregte weltweit Aufmerksamkeit -- bis hin zu einer Dokumentation in der US-Zeitung USA Today, die das Vorgehen der deutschen und US-amerikanischen Konzernspitze von Microsoft im Detail aufführte.

Aber nicht nur München, auch die Linux-Umstellung der Desktop-Systeme in Schwäbisch Hall oder der Rahmenvertrag des Bundesinnenministeriums mit IBM über Konditionen für Linux-Installationen und -Support ließen die Microsoft-Manager wohl besorgt über neue Wege nachdenken, den Markt besser abzusichern. Zumal die letzten Versuche, Externe mit politischer Lobby-Arbeit zu beauftragen, in die Hose gingen: Hunzinger PR erhielt zwar einen Millionen-Etat von Microsoft, konnte aber den Einsatz von Linux in der Bundestagsverwaltung nicht vollständig verhindern. Kurz nachdem Hunzinger durch den Skandal um den ehemaligen Verteidigungsminister Rudolf Scharping für negative Schlagzeilen sorgte, trennte sich Microsoft wieder von dem Lobbyisten und beauftragte erst einmal ECC Public Affairs mit der "Kommunikationsstrategie gegenüber politischen Entscheidungsträgern", wie Microsoft Deutschland dies vorsichtig formulierte. Deren Aktivitäten aber scheinen angesichts von Entscheidungen wie in München, Berlin oder Schwäbisch Hall bislang ebenfalls nicht nur von Erfolg gekrönt gewesen zu sein.

Neben der Berufung von Branoner gibt es noch vier weitere Neuzugänge im Management von Microsoft Deutschland. Dorothee Belz wird Direktor Legal & Corporate Affairs (LCA); sie war nach Angaben von Microsoft lange Zeit Leiterin des Bereichs Regulierung/Strategisches Personalmanagement bei der Kirch-Gruppe und zuletzt kaufmännische Geschäftsführerin bei Beta Research, Entwicklerfirma von Kirchs dbox-Betriebssystem Betanova und des Verschlüsselungssystems Betacrypt. Gianpietro Cussigh übernimmt die Verantwortung für das Grosskundengeschäft mit "Financial Services, Communications, Distribution und Manufacturing"; Cussigh war zuvor bei IBM Deutschland für die Betreuung der Deutschen Telekom zuständig. Josef Breitenlechner von der sd&m AG, einer Tochter der Unternehmensberatung Cap Gemini Ernst & Young, wird neuer Direktor Consulting und Services. Said Zahedani wird Direktor Developer Group und zeichnet gleichzeitig in Deutschland für Microsofts .NET verantwortlich. Zahedani kommt -- wie auch Microsoft-Deutschland-Chef Gallmann und Cussigh -- von IBM und gilt laut Microsoft als Experte für Java, IBMs Application-Server WebSphere sowie Middleware allgemein. (jk)