Gericht: Betriebsrat hat Anspruch auf Internetzugang

Unternehmen, die das Internet nutzen, müssen auch dem Betriebsrat einen Webzugang zur Verfügung stellen, entschied das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein.

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  • Dr. Noogie C. Kaufmann

Unternehmen, die das Internet nutzen, müssen auch dem Betriebsrat einen Webzugang zur Verfügung stellen. Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein in einem jetzt bekannt gewordenen Verfahren entschieden (Az 1 TaBV 16/02). Nach Auffassung der Richter stellt das Internet ein notwendiges Sachmittel dar, das vom Arbeitgeber gemäß Paragraf 40 Absatz 2 Betriebsverfassungsgesetz bereit gestellt werden muss.

Im entschiedenen Fall verweigerte ein Unternehmen mit rund 650 Mitarbeitern einem Betriebsrat den Internetzugang, obwohl 90 Arbeitnehmer und auch die anderen zum Konzern gehörenden Betriebsräte über eigene Anschlüsse verfügten. Nachdem eine interne Einigung scheiterte, zog der ausgeschlossene Betriebsrat vor das Arbeitsgericht und gewann in beiden Instanzen. Die Gerichte kamen zu dem Ergebnis, dass sich der Betriebsrat über Gesetze und Gesetzgebungsverfahren informieren muss. Diese Informationen könne er gleichfalls im Internet recherchieren. Dem Argument, dass eine Recherche nicht zwingend über das World Wide Web erfolgen müsse, erteilten die Richter eine Absage.

In einem weiteren Verfahren hatte gleichfalls das LAG Schleswig-Holstein über das Mitspracherecht des Arbeitgebers in Bezug auf Veröffentlichungen im firmeneigenen Intranet zu entscheiden (Az 5 TaBV 25/02). Den Stein ins Rollen brachte eine Mitarbeiterbefragung. Anstelle die Kollegen durch eine Mitteilung am Schwarzen Brett oder per E-Mail zu informieren, stellte der Betriebsrat das Ergebnis ins Intranet -- sehr zum Ärger des Arbeitgebers, der den gesamten Beitrag kurzerhand entfernte. Zudem untersagte das Unternehmen dem Betriebsrat die Nutzung des Intranets ohne vorherige Absprache. Zu Unrecht, wie die Richter aus Kiel befanden. Die Arbeitnehmervertretung könne auch ohne Einverständnis des Arbeitgebers Informationen im Intranet veröffentlichen und sei nicht auf den Versand von E-Mails oder sonstige Mitteilungsformen beschränkt.

Das letzte Wort über Intranet und Internet ist noch nicht gesprochen. Gegen beide Entscheidungen des LAG Schleswig-Holstein wurde Revision beim Bundesarbeitsgericht eingelegt. Das höchste deutsche Arbeitsgericht entscheidet am 3. September dieses Jahres endgültig über die Fragen, ob der Betriebsrat einen Anspruch auf einen Webzugang hat und ob er Beiträge im Intranet ohne Zustimmung des Arbeitgebers veröffentlichen darf.

Mit Unstimmigkeiten von Betriebsrat und Arbeitgeber hinsichtlich der Nutzung des Intranets beschäftigte sich bereits 1998 das Arbeitsgericht Paderborn (Az 1 BV 35/97). Die westfälischen Richter legten einerseits fest, dass dem Betriebsrat zur Unterrichtung der Belegschaft eine eigene Seite im Intranet zusteht. Andererseits verbot das Gericht der Arbeitnehmervertretung eine Homepage im Internet, auf der Firmeninterna veröffentlicht werden. (Noogie C. Kaufmann) / (wst)