SCO vs. Linux: /* Der Beweis und seine Folgen */

Die Code-Schnipsel, die SCO zum Beweis für angeblich geklauten Code in Linux vorlegte, können Entwickler bislang nicht überzeugen. Auch den juristischen Angriff auf die GPL weisen FSF-Anwälte zurück.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Linux, einst nur zum Spaß von Linus Torvalds programmiert, ist auf dem besten Weg zu einer universalen Ressource zu werden, zu einer Allmende, wie es Wasser, Luft und das Straßennetz sind. Seit Jahrhunderten nutzen Firmen diese Ressourcen aus, um billiger zu produzieren. Für die meisten IT-Firmen ist Linux hochwillkommen, weil es eine öffentliche IT-Infrastuktur zulässt, die auf allseits anerkannte, nicht privatisierbare Softwarekomponenten beruht. Gegen diesen Trend hat sich die Firma SCO das Ziel gesetzt, Linux zu privatisieren und die GPL auszuhebeln, die die Funktion der Allmende festschreibt. Die SCO Group sieht sich als Rechtsnachfolger der Unix-Entwicklung, aus der sich die Linux-Programmierer bedient haben, und geht gegen Firmen wie IBM vor, die Linux unterstützen, ohne Gebühren an SCO zu zahlen.

Dabei ist IBM nur der zahlungskräftigste Gegner von SCO, das grundsätzlich alle Firmen mit einer Unix-Vorgeschichte im Visier hat. So zeigte SCO-Chef Darl McBride auf einer Keynote zur Eröffnung des SCO-Forums in Las Vegas eine Reihe von Beispielen, die die illegale Verwendung von Unix Code unter Linux beweisen sollten. Die von dem c't-Reporter Erich Bonnert gemachten Fotos wurden inzwischen vom Linux-Evangelisten Bruce Perens und anderen Code-Experten wie Greg Lehey untersucht. Danach kommt Perens zu dem Schluss, dass es sich bei dem gezeigten Code um Zeilen handelt, die sich bis auf Unix Version 3 zurückführen lassen. Damit gehören sie zu dem Teil des Unix-Stammbaumes, der vom "Erstbesitzer" AT&T bereits mit einer BSD-Lizenz freigegeben wurde, die das Verändern und Übernehmen von Code gestattet. Diese Lizenz wurde von der Firma Caldera als Rechtsnachfolger von AT&T im Januar 2002 erneuert. Caldera wurde später in SCO umbenannt, nachdem die alteingesessene Unix-Firma SCO aufgekauft wurde. Des weiteren macht der Programmierer Greg Lehey darauf aufmerksam, dass die Linux-Version des inkriminierten Codes-Stückes von einem etwas anderen Zweig des Unix-Stammbaums stammt, nämlich von der Irix-Variante, deren Rechte bei der Firma Silicon Graphics liegen.

Nach der Logik von SCO ist diese Varianz unerheblich und könnte allenfalls Stoff liefern, auch diese Firma zu verklagen, die sich wie IBM der Linux-Entwicklung gegenüber aufgeschlossen verhält. Ob sich die Logik von SCO überhaupt halten lässt, bezweifelt auch der Jura-Professor Eben Moglen in einer Analyse, die er für die Free Software Foundation angefertigt hat. Dabei bezieht sich Moglen auf einen Satz des Rechtsanwalts Mark Heise aus der Kanzlei, die SCO in dem Verfahren mit IBM vertritt. Mark Heise hatte in der letzten Woche die Ansicht geäußert, dass die GPL insgesamt ungültig sei, weil sie mehr als eine Sicherheitskopie einer Software gestatte. Diese Argumentation bezeichnet Eben Moglen nun als frivol, weil kaum eines Rechtsanwaltes würdig, der mit ihr vor Gericht bestehen möchte. Die Argumentation, nach der Mehrfachkopien illegal seien, weil sie gegen das amerikanische Copyright-Gesetz verstoßen würden, würde nach Moglen eine ganze Anzahl kommerzieller Software-Lizenzen treffen. Gerade der vom Juristen Mark Heise in Anspruch genommene Abschnitt 117 des US Copyright Act kann nach Moglen für das genaue Gegenteil herangezogen werden, da er es ausdrücklich gestattet, dass Kopien von Computersoftware ohne Lizenz angefertigt werden dürfen, ohne die Zahl der Kopien zu nennen. Selbst das Verändern von nicht lizenziertem Code sei unter bestimmten Umständen legal, so Moglen. Auf die Frage, ob die von SCO formulierte Zulassung einer einzigen Kopie nicht das weiter reichende Recht eines Urhebers beschneidet, das Kopieren von Code zu erlauben, geht Moglen in seiner Stellungnahme nicht ein.

Siehe dazu auch den Bericht vom SCO-Forum mit den von SCO inkriminierten Code- und Kommentar-Schnipseln:

(Detlef Borchers) / (jk)