Gesellschaft für Informatik widerspricht Amazon-Patent

Die Organisation fordert allerdings als schnelle Abhilfe die Verabschiedung der von Softwarepatent-Gegnern heftig kritisierten neuen EU-Richtlinie zu Patenten.

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Von
  • Jürgen Kuri

Einzelne Patente, die der Online-Händler Amazon für sich beansprucht, stehen schon länger unter Beschuss von Kritikern, die sie als bestes Beispiel für die Absurdität von Trivial-Patenten bei Software betrachten. Nun hat auch die Gesellschaft für Informatik sich eingeschaltet: Nachdem das Europäische Patentamt Amazon ein Patent auf die Bestellung von Geschenken zuteilte, beauftragte die GI ihre Anwaltskanzlei, Einspruch dagegen einzulegen. Nach Auffassung der Organisation wurde das Patent "System und Verfahren zum Bestellen über ein elektronisches Nachrichtennetzwerk" (EP 0 927 945) "entgegen geltendem europäischen Patentrecht von der Prüfungsabteilung 2221 des Europäischen Patentamts zu Unrecht erteilt".

GI-Präsident Heinrich Mayr sagte, die Erfindungshöhe reiche nicht aus, um einen Patentanspruch zu begründen. Damit widerspreche die Entscheidung dem europäischen Patentrecht. Was Gegner von Softwarepatenten auf den ersten Blick freuen dürfte, kann sie aber beim näheren Hinsehen auch in Verwirrung stürzen: Denn die Erteilung des Patents an Amazon dient der GI als Begründung, die schnelle Verabschiedung der heftig umstrittenen EU-Richtlinie über die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen zu fordern: "Dies macht nach Auffassung der GI noch einmal deutlich, wie wichtig die Verabschiedung dieser lange erwarteten EU-Richtlinie für die Rechtssicherheit und Rechtsvereinheitlichung in Europa ist, damit derartige gravierende Fehlentscheidungen in Zukunft vermieden werden können."

Genau gegen diese EU-Richtlinie jedoch hatten am gestrigen Mittwoch Gegner von Softwarepatenten mit Online-Aktionen und einer Protestkundgebung in Brüssel protestiert. "Der Kommissionsentwurf bedeutet die Einführung von Logik-Patenten nach US-Vorbild", betonte etwa Daniel Riek, Sprecher des Linux-Verbands. Die Softwarepatent-Gegner sind auch gänzlich anderer Ansicht als die GI, was Patente wie das inkrimierte von Amazon angeht. Der zur Verabschiedung im EU-Parlament anstehende Richtlinienvorschlag würde die grenzenlose Patentierbarkeit von Algorithmen und Geschäftsmethoden wie Amazons One Click Shopping in Europa durchsetzen, meinen etwa die Organisatoren der Proteste.

Nach dem bislang vorliegenden Entwurf über die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen sollen zwar Algorithmen und Geschäftsmodelle allein nicht patentierbar sein. Doch eingebunden in eine Methode zur Lösung eines technischen Problems könnten juristische Kniffe nach Ansicht von Kritikern dafür sorgen, dass in Zukunft auch Patente auf Software erteilt werden müssen. Die Patentierbarkeitsregeln im Rahmen des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) sehen bislang vor, dass mathematische Methoden und Programme zur Datenverarbeitung generell keine patentfähigen Erfindungen sind. (jk)