Energiesandwich für Elektroautos

Ein Schweizer Start-up entwickelt verbesserte Zink-Luft-Akkus, die eine deutlich längere Lebensdauer als ältere Prototypen haben.

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Von
  • Kevin Bullis

Für das künftige Energiesystem werden Akkus eine wichtige Rolle spielen. Etliche Firmen arbeiten deshalb an Nachfolgern der gängigen Lithium-Ionen-Technologie. Die Schweizer Firma ReVolt hat einen Zink-Luft-Akku entwickelt, der – bei gleichem Volumen – dreimal so viel Energie wie Lithium-Ionen-Zellen speichern kann – und das für die Hälfte der Herstellungskosten. Sie sollen ab 2010 zuerst als Knopfzellen für Hörgeräte auf den Markt kommen. Größere Modelle für Handys, Elektrofahrräder und Elektroautos sollen dann nach und nach in den kommenden Jahren folgen.

Der Akku basiert auf einer Konstruktion des norwegischen Forschungsinstituts SINTEF in Trondheim, für deren Kommerzialisierung ReVolt gegründet wurde. Die entscheidende Neuerung sei, dass der Akku nicht wie ältere Prototypen schon nach wenigen Ladezyklen versagt, sagt ReVolt-CEO James McDougal.

Im Unterschied zu anderen Technologien arbeiten Zink-Luft-Batterien mit Sauerstoff aus der Umgebungsluft, um Strom zu erzeugen. Aufgrund ihrer theoretisch sehr hohen Speicherkapazität galten sie schon Ende der achtziger Jahre als Batterietechnologie der Zukunft. Zudem sind sie sicherer als andere Energiespeicher: Weil sie keine extrem reaktionsfreudigen Chemikalien enthalten, können sie sich nicht entzünden, was etwa bei Lithium-Ionen-Akkus immer wieder vorkommt.

Während diese Eigenschaften nicht wiederaufladbare Zink-Luft-Batterien bald zum Standardprodukt machten, tat man sich mit Zink-Luft-Akkus lange schwer. Das liegt an ihrem Aufbau, der aus einer porösen „Luft“- und einer Zink-Elektrode besteht. Durch Erstere gelangt Sauerstoff in die Zelle und wird mit Hilfe eines Katalysators an der Elektrodenoberfläche und eines Elektrolyts in Hydroxyl-Ionen (OH-) umgewandelt. Die wandern dann durch den Elektrolyt zur Zink-Elektrode, an der sie das Zink oxidieren. Bei dieser Reaktion werden Elektronen freigesetzt, die den nutzbaren Strom bilden.

Um den Akku wiederaufzuladen, läuft der Prozess umgekehrt ab. Das Zinkoxid wird in Zink und Sauerstoff zerlegt, der dann an der Luft-Elektrode entweicht. Das Problem: Schon nach wenigen Ladezyklen arbeitet die Luft-Elektrode immer ineffizienter. Das könne daran liegen, dass der Elektrolyt allmählich die Poren verstopfe, erläutert Gary Henriksen, Elektrochemiker und Fachmann für Energiespeicherung am Argonne National Laboratory bei Chicago. Manchmal bildeten sich auch verzweigte Zinkstrukturen, die, wenn sie groß genug würden, die Elektroden kurzschließen könnten. Mitunter trockne aber einfach der Elektrolyt aus.

Diese Probleme will ReVolt gelöst haben. Zum einen hat die Firma Verfahren entwickelt, um die Form der Zink-Elektrode stabiler zu machen – mittels Gelen und Bindestoffen – und die Feuchtigkeit in der Zelle aufrecht zu erhalten. Zum anderen wurden neue Luft-Elektroden getestet, in denen die Katalysatormaterialien besser über die Oberfläche verteilt sind. Das soll die Bildung der Hydroxyl-Ionen beim Entladen und die Rückbildung des Sauerstoffs beim Wiederaufladen zuverlässiger machen.

Die Prototypen des neuen Akkus schaffen bereits über Hundert Ladezyklen, ohne dass die Kapazität sinkt. Die ersten kommerziellen Modelle sollen mehrere Hundert Ladezyklen aushalten. James McDougal peilt 300 bis 500 Ladezyklen an. Damit könnten die Energiespeicher auch in Handys oder Elektrofahrrädern eingesetzt werden.

Um die Technologie auch für E-Autos fit zu machen, entwickelt ReVolt eine ganz neue Konstruktion, die an die Struktur von Brennstoffzellen erinnert. Sie besteht aus flachen Elektroden (siehe Bild). Die eine enthält eine Zink-haltige Flüssigkeit, die Luftelektrode hingegen ist eine Anordnung aus Röhren. Zum Entladen wird durch diese dann die Zinkflüssigkeit gepumpt, wobei Zinkoxid und freie Elektronen entstehen. Das Zinkoxid wird anschließend in einer eigenen Kammer gespeichert, bis es zum Wiederaufladen wieder zurück durch die Röhren der Luftelektrode geschickt und in Zink zurückverwandelt wird.

Weil aufgrund der Röhrenstruktur der Luft-Elektrode eine große Menge der Zinkflüssigkeit eingesetzt werden kann, steigt die Energiedichte. Die Flüssigkeit dient gewissermaßen als eine Art Treibstoff – so wie Wasserstoff eine Brennstoffzelle und Benzin einen Verbrennungsmotor durchströmt. „Diese Akkus könnten zwischen 2.000 und 10.000 Ladezyklen aushalten“, schätzt McDougal. Und sollte die Luftelektrode kaputt gehen, könne man sie einfach austauschen, anstatt gleich einen neuen Akku kaufen zu müssen.

Für Leistungsspitzen bei der Beschleunigung des E-Autos könnte man die ReVolt-Akkus aber wohl mit anderen Energiespeichern wie etwa Superkondensatoren kombinieren, gibt Gary Henriksen zu bedenken. Außerdem hätten es auch schon andere Zink-Luft-Konstruktionen auf 200 Ladezyklen gebracht. Um wirklich ein erfolgreiches Produkt zu werden, müsse der neue Akku Energie deutlich schneller abgeben können und länger halten als vergleichbare Ansätze. (nbo)