Schweizer Polizei schnüffelt Verdächtige mit Trojanern aus

Schweizer Strafverfolger besorgen sich durch verdeckte elektronische Ermittlungen Beweismaterial. Dies stößt bei Juristen auf Kritik.

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Mit "Software-Wanzen" und Trojanern schnüffeln Schweizer Ermittler die Computer von Tatverdächtigen aus. Die Neue Zürcher Zeitung berichtet, die Eidgenossen folgten damit neuerdings dem Vorbild des FBI, die schon seit einiger Zeit Überwachungssoftware beispielsweise per E-Mail einschleusen. Dazu hätten Schweizer Ermittler vor zwei Jahren erste Versuche gestartet. Inzwischen sei die Methode auch in einigen Strafverfahren angewandt worden, zitiert die NZZ am Sonntag einen Spezialisten für Internetkriminalität. Dabei werde der Mailverkehr eines Verdächtigen überwacht oder eine Datei von dessen Computer kopiert.

Auch wenn bisher schon Beweise für eine Straftat erbracht wurden oder Tatverdächtige entlastet werden konnten, gebe es noch keinen Nachweis, dass die Überwachungsmethoden vor Gericht anerkannt würden. Es sei unklar, auf welche gesetzliche Grundlage sich die Ermittler berufen. Doch dazu wollten sich alle von der NZZ am Sonntag angefragten Strafverfolgungsstellen nicht äußern.

Das sei auch nicht verwunderlich. In dem Bericht heißt es, Rechtsexperten finden die elektronische Überwachung zumindest sehr problematisch. Wenn sich Ermittler etwa verdeckt eine Datei verschafften, sei im Unterschied zu einer normalen Beschlagnahmung der Verdächtige nicht informiert. Der Verdächtige könne also nicht die Versiegelung des Beweismaterials verlangen oder versuchen, die Beschlagnahmung per Antrag für ungültig erklären zu lassen. Andere Juristen meinen, E-Mails dürften abgefangen werden, wenn der Präsident der Anklagekammer dies bewillige.

Eine Diskussion um entsprechende Gesetzesänderungen findet in der Schweiz nicht statt, heißt es. Einige Juristen vermuten, dies sei so, weil manche Strafverfolger befürchten, das Schweizer Parlament könne die verdeckte Beschaffung elektronischer Beweise ganz verbieten. Christian Schwarzenegger, Strafrechtsprofessor der Universität Zürich, meinte gegenüber der Zeitung, die Strafverfolger würden das Recht für ihre Zwecke zurechtbiegen. In Deutschland würde so etwas Proteste hervorrufen. (anw)